Birgittinnen-Orden:Posse um das Erbe des jahrhundertealten Klosters von Altomünster

Birgittinnen-Orden: Das Ordinariat wünscht sich eine angemessene Nachnutzung - doch welche?

Das Ordinariat wünscht sich eine angemessene Nachnutzung - doch welche?

(Foto: DAH)
  • Der Niedergang des einstmals glanzvollen Klosters in Altomünster war seit langem absehbar.
  • Eine Gruppe von Honoratioren hat versucht, das Kloster zu retten - und setzte einen mindestens fragwürdigen Chef ein.
  • Nun hat sich der Vatikan eingeschaltet.

Von Wolfgang Eitler, Altomünster

Die Theatergemeinde in Altomünster inszeniert gern spannende Themen mit Lokalkolorit und altbairischem Ambiente. Die Geschichte, die sich in den vergangenen Wochen in der Marktgemeinde zwischen Aichach und Dachau in Wirklichkeit abgespielt hat, würde sich ebenfalls hervorragend fürs Theater eignen, als tragikomische Posse. Allerdings dürften in Altomünster nur wenige darüber lachen.

Denn es geht um den verzweifelten Versuch einer Gruppe von Honoratioren, das örtliche Kloster zu retten, das seit dem 15. Jahrhundert den kontemplativen Orden der Heiligen Birgitta aus Schweden beherbergt. In ihrem Bemühen sind die Altomünsterer aber offenbar arg gutgläubig den Verheißungen eines Mannes aufgesessen, von dem bis jetzt nicht klar ist, ob er ein Mann Gottes und Visionär oder einfach ein Sprücheklopfer war. Der Vatikan glaubt eher Letzteres - und löste das Kloster kurzerhand und vorsichtshalber auf.

Der Niedergang war lange absehbar

Der Niedergang des einstmals glanzvollen Klosters war seit langem absehbar. Der Birgittinnen-Orden hatte keine neuen Eintritte mehr, in den Altomünsterer Mauern lebt nur noch eine einzige Nonne. Doch gleichzeitig ist schwer vorstellbar, dass das Klosterareal, dessen Kern ein barockes, sauber renoviertes Ensemble bildet, mit wunderbarem Innenhof mitten in der Marktgemeinde verwaist. Deswegen taten der örtliche Apotheker, ein Geschichtsprofessor, der Pfarrer oder der ehemalige Oberstudiendirektor, verbunden in der "Fratres et Sorores ab extra" (der Brüder und Schwestern von außerhalb), alles dafür, um den Mauern neues Leben zu geben.

Jörg Johannes Fehlner kam da gerade recht. Der Mann passte nicht nur wegen seiner schwergewichtigen Statur ins barocke Altomünster. Wer ihm begegnete, traf auf einen Mann mit aufdringlich seelsorgerischem Habitus. Jörg Johannes Fehlner schilderte wortgewandt vor den Honoratioren die Zukunft des Klosters mit neuen Nonnen, einem Gästehaus für besinnliche Tage und therapeutischen-theologischen Sitzungen oder Vorträgen. Als Klosterdirektor wache er persönlich über den Betrieb und die lukrativen Projekte. Ganz tatkräftiger Macher, begann Fehlner, im denkmalgeschützten Kloster umzubauen.

Niemand hat offenbar nachgefragt

Dumm nur, dass er dies nachweislich ohne Genehmigungen und ohne Rücksprache mit den Behörden tat. Der oberbayerische Bezirkstagspräsident Josef Mederer (CSU), selbst einer der "Fratres ab extra" von Altomünster, bezichtigte Fehlner offen des Schwarzbaus. Als Vertreter des Bezirks, der für Zuschüsse im Bereich des Denkmalschutzes in Oberbayern zuständig ist, musste Mederer Einhalt gebieten. Die Untere Denkmalschutzbehörde des Landratsamts Dachau verordnete den Baustopp im Kloster und drohte ein Bußgeld an.

Und auch das Erzbischöfliche Ordinariat in München verfolgte mit Argusaugen das Treiben in Altomünster und befasste sich mit der Person des Jörg Johannes Fehlner. Das Dossier, das sie über den Klosterdirektor erstellte, hält es bis jetzt unter Verschluss. Bekannt ist aber, dass dem Klosterdirektor zumindest offizielle priesterliche Weihen fehlten. Dafür präsentierte er sich als Privatsekretär des früheren Augsburger Bischof Walter Mixa.

Bekanntlich hatte der in seiner Zeit als Stadtpfarrer von Schrobenhausen Kinder geschlagen. Der juristische Berater des Altomünsterer Ordens, Rechtsanwalt Helmut Eikam, lebt 20 Kilometer entfernt in Schrobenhausen. Er erzählt, wie er mit Fehlner Mixa privat besuchte, und wirbt dafür, dem Bischof im christlichen Sinne zu verzeihen.

Der Vatikan setzt eine Apostolischen Kommissarin ein

Kloster Altomünster

Nach dem Auszug der letzten Nonne sind die Gästezimmer verwaist.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Altomünster als Pro-Mixa-Enklave, in der es schon mal heißt, dass der Bischof ja nur ab und an eine Ohrfeige verteilt habe? Auch das konnte dem Erzbischöflichen Ordinariat in München nicht gefallen. Gleichwohl konnte es nicht selbst eingreifen, da das Kloster direkt Rom unterstellt ist. Also wurde der Vatikan tätig, schloss kurzerhand das Kloster per Dekret, um es dem "Zugriff Dritter" zu entziehen, und bestellte Gabriele Konrad, Generalvikarin der Franziskanerinnen in Schönbrunn, zur Apostolischen Kommissarin. Als solche zeigte sie den Honoratioren des Ortes auch gleich, wer künftig das Sagen hat. Sie übte ihr Hausrecht aus und stoppte eine Versammlung der selbst ernannten Ordensfreunde im Klostergebäude.

Die empfanden das zunächst als Eklat. Doch der kurzfristigen Empörung folgte schließlich langfristiges Nachdenken. Inzwischen sagt auch der ehemalige Altomünsterer Bürgermeister Konrad Wagner: "Wir hatten alle die Hoffnung, da bewegt sich was. Sie war trügerisch." Nichts von dem, was Fehlner dargelegt und verheißen habe, habe sich als richtig und realistisch erwiesen.

Fehlner schweigt zu allem

Und bis jetzt kann in Altomünster niemand erklären, warum Jörg Johannes Fehlner den Posten als Klosterdirektor bekam, woher er plötzlich auftauchte, und was er nun wirklich von Beruf ist. In zehn Jahre alten Zeitungsberichten aus der Oberpfalz taucht er als Chauffeur kirchlicher Würdenträger des Bistums Regensburgs auf, der Theologie studiert habe. In Altomünster hatte keiner nachgefragt.

Fehlner selbst schweigt zu allen Vorwürfen. Er hat sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen und ist nicht mehr erreichbar. Sein Freund, Pfarrer Johannes Kiefmann aus Vilseck in der Oberpfalz, der enge Kontakte nach Altomünster pflegt, schirmt ihn ab. Er reagiert ungehalten auf Anfragen.

Im Münchner Ordinariat möchte man sich zur Causa Fehlner nicht mehr äußern. Denn wegen des Dekrets des Vatikans befinde man sich nach eigener Einschätzung nicht mehr in der Position des Warners, sondern des Vermittlers, der die Zukunft des Kloster nach dessen Auflösung regeln muss. Man fühle sich zur Neutralität verpflichtet, bezeichnet allerdings die Vorgehensweise des Klosterdirektors pauschal als "höchst fragwürdig".

Ein anderer Orden hat einen guten Weg aufgezeigt

Kardinal Reinhard Marx kündigt aber an, dem ehemaligen Kloster bei der Umwandlung "im Sinne eines geistigen Orts der Begegnung" zu helfen. Dazu müsse erst die Bestandsaufnahme der Apostolischen Kommissarin Gabriele Konrad vorliegen. Der Bericht wird für das Frühjahr 2016 erwartet.

Wie es gehen könnte, zeigen die Franziskanerinnen von Schönbrunn, ebenfalls im Landkreis Dachau. Sie gründeten eine Stiftung, die auch die Geschicke der größten Behinderteneinrichtung in Oberbayern lenken soll, wenn es keine Nonnen mehr gibt. So viel Realitätssinn ist Altomünster nun per Dekret des Vatikans aufgezwungen worden.

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