Bienen:Eine Sauna für das Bienenvolk

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  • Die Varroa-Milbe ist ein Parasit, der gezielt Bienen schädigt und tötet. Eine Studie sagt, sie ist hauptverantwortlich für das Bienensterben im Winter.
  • Ein neues Gerät erhöht die Temperatur im Bienenstock: Die Milben sterben dann, die Bienen kommen zurecht.
  • Experten sagen jedoch, die Methode habe auch Nebenwirkungen.

Von Theresa Krinninger

Es summt und brummt im Schrebergarten der Kieroks. Wer nicht gestochen werden will, sollte sich vorsichtig durchs Gras bewegen. Die Hobby-Imker sehen das locker. Hier und da nehmen sie eine Biene auf die Hand und geben Entwarnung: "Die stechen nicht, die sind satt und entspannt." Auf dem 300 Quadratmeter großen Grundstück in Augsburg bringen sie ihre sieben Völker unter - da bleibt nicht mehr viel Platz zum Federballspielen. Ein Bienenvölkchen ist ihnen am Tag zuvor ausgebüchst, in die Krone des Zwetschgenbaums nebenan. Mit einem Kescher mussten sie die Ausreißer wieder einfangen.

Bienen zu halten bringt viel Arbeit. Zu den Einfangaktionen kommen so einige Aufgaben hinzu, wie etwa die Honigernte einfahren, Bienenvolkableger bilden, Krankheiten vorbeugen sowie den Parasitenbefall in Schach halten. Dabei geht es vor allem um einen tödlichen Schädling: Die Varroa-Milbe. Sie beißt sich an der Biene fest, ernährt sich von ihrem Blut und überträgt gefährliche Keime. Der Parasit wurde vermutlich in den Siebzigerjahren aus dem asiatischen Raum mit importierten Bienen nach Europa eingeschleppt.

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Seitdem kommt hierzulande kein Imker mehr um die Schädlingsbekämpfung herum. Laut der Langzeitstudie "Deutsches-Bienen-Monitoring" der Bieneninstitute ist die Varroa-Milbe hauptverantwortlich dafür, dass viele Bienenvölker den Winter nicht überleben. Ein Imker verliert über den Winter im Schnitt zehn Prozent seiner Völker. Aber auch größere Verluste von bis zu 50 Prozent sind nicht ungewöhnlich. Bislang kommt die Chemiekeule zum Einsatz. Zu bestimmten Jahreszeiten, wenn die Bienen etwa keinen Honig produzieren, besprühen Imker ihre Völker mit Ameisen-, Milch- oder Oxalsäure. Die Säure tötet aber nicht nur die Milben, sondern schädigt auch die Bienen. Die Verätzungen am Bienenkörper sind Eintrittsstellen für weitere Bienenkrankheiten.

Das wollen die Erfinder der Bienensauna in Augsburg ändern. Sie setzen auf Wärme zur Bekämpfung der Parasiten. Die Idee ist nicht neu. Bereits in den Achtzigerjahren experimentierten Bienenforscher mit der sogenannten Hyperthermie, der Erhitzung des Bienenstocks. Das wird für die Milben unangenehm, bleibt aber für die Bienen noch erträglich. Von einer Temperatur zwischen 39 und 42 Grad an sterben die Milben innerhalb kurzer Zeit ab. Einige Hyperthermie-Verfahren behandeln nur die befallene Brut.

In der Bienensauna schwitzt dagegen das gesamte Volk. Das ist das Erfolgsrezept von Bienensauna-Erfinder Richard Rossa. Die Bienen bekommen ihr Wellnessprogramm in Form eines Kastens mit eingebauten Heizelementen verabreicht, der einfach unter den Bienenstock geschoben werden kann. Die Wärme gebe den Bienen einen regelrechten Schub und mache sie stärker für den Winter, sagt der Ingenieur und ehemalige Berufsimker Rossa. Oft reichten bereits drei Behandlungen pro Jahr aus. Nach langer Experimentierphase entstand 2015 die erste Serie, die Rossa mithilfe eines Crowdfunding-Projekts auf den Markt gebracht hat. Seitdem benutzen etwa 600 Imker sein Gerät. Etwas mehr als ein Drittel der Abnehmer wohnt in Bayern.

Die Bienensauna spricht vor allem jüngere Hobby-Imker an, die keine Säure oder Biozide einsetzen wollen - wie etwa das Ehepaar Kierok. Sie waren von Anfang an dabei. Für das Wohl ihrer Tiere haben sie keine Kosten gescheut und sich für knappe 2000 Euro eine Bienensauna zugelegt. "Wir fanden die Idee, ohne Säure auszukommen, sofort sehr verlockend", sagt Susanne Kierok. Seitdem sie 2015 auf die Bienensauna umgestiegen sind, haben sich ihre Völker sogar vermehrt, ganz ohne Säure.

Bei Hobbyimker Martin Kierok scheint das Wärmeverfahren zu funktionieren. Seine Bienen haben sich vermehrt. (Foto: Theresa Krinninger)

Die Erfolgsgeschichte der Kieroks ist kein Einzelfall. Bienenexperten sehen die Methode jedoch kritisch. Stefan Berg ist Leiter am Fachzentrum Bienen an der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau bei Würzburg. Er hat mehrere Hyperthermie-Verfahren getestet und warnt vor Nebenwirkungen. Seine Studien haben gezeigt, dass die Königin nach der Wärmebehandlung weniger Eier legte und die Drohnen - die männlichen Bienen - danach steriler waren. Auch der Bienenwissenschaftler Gerhard Liebig untersuchte speziell die Bienensauna. Sein Fazit: Die behandelten Völker entwickelten sich danach nicht besser als die Kontrollvölker. Offensichtlich wirkte sich die Behandlung auch nicht positiv auf die Entwicklung des Varroabefalls aus.

In den 50ern gilt man immer noch als Jungimker

Das Bienensauna-Team kennt die Argumente, teilt die Meinung aber ganz und gar nicht. Die Studien seien zu kurzfristig angelegt und gingen nicht auf die Vielzahl der Faktoren ein, die bei der Wärmebehandlung wichtig seien. "Wir behandeln die Bienen seit zwei Jahren mit der Sauna und haben die Erfahrung gemacht, dass sich die Völker durchweg besser entwickeln", sagt Cornelia Rossa-Comes, Ehefrau und Geschäftspartnerin von Richard Rossa. Ihr Verfahren erfordert viel Geduld und ist zeitaufwendiger als die Säurebehandlung. Obwohl die Rossas zur Generation 50 plus gehören, gelten sie in der Szene als Jungimker. "Die Zeichen der Zeit sind an der älteren Imkergeneration vorbei gegangen", sagt Rossa-Comes. Neue, umweltverträgliche Verfahren müssten her.

Die beiden stoßen vor allem wegen der hohen Kosten der Bienensauna auf den Widerstand der Imkereiverbände und der bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau. "Es geht uns um eine nachhaltige und ethische Bienenhaltung", betont Cornelia Rossa-Comes. Ziel müsse die langfristige Gesundheit der Tiere sein.

Immerhin, da dürften sich Saunagegner und -befürworter einig sein, gehören Bienen zu den wichtigsten Nutztieren für die Menschheit. 70 Prozent der wichtigsten Nutzpflanzen weltweit sind auf die Bestäubung durch Insekten angewiesen, in Europa sind es sogar mehr als 80 Prozent

© SZ vom 08.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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