Ludwig von Bayern:"Ich bin immer froh, wenn ich nicht erkannt werde"

Ludwig Heinrich Prinz von Bayern in Schloss Nymphenburg

Ein Mann mit Stil und Manieren: Ludwig Heinrich Prinz von Bayern ausnahmsweise mal in Schloss Nymphenburg. Die meiste Zeit verbringt er in Afrika.

(Foto: Johannes Simon)

Ludwig von Bayern ist das künftige Oberhaupt des Hauses Wittelsbach. Doch damit eilt es dem 33-Jährigen nicht. Vorher will er ein verwegenes IT-Projekt in Afrika aus dem Boden stampfen.

Von Stefan Mayr

Ludwig Heinrich Prinz von Bayern betritt den Raum und löst Staunen aus: Er ist zwar nur ein sehr entfernter Verwandter Ludwig II., aber er sieht aus, als wäre er dessen Sohn. Oder soll man sagen: Wie der legendäre König selbst? Ludwig von Bayern, 33, ist der Ururenkel des letzten bayerischen Königs Ludwig III. und das künftige Oberhaupt des Hauses Wittelsbach.

Wenn Bayern noch eine Monarchie wäre, würde er irgendwann als König Ludwig IV. den Thron besteigen. Jetzt nimmt er Platz auf einem Holzstuhl, vor den üppigen Gemälden seiner Vorfahren. Eines davon ist ein echter Lenbach. Andererseits ist der Teppich im Besprechungsraum der Herzöglichen Verwaltung brutal ausgelatscht, was für ein Kontrastprogramm.

Kein weltfremder Schnösel

Ludwig Bayern - mit diesem Namen stellt er sich im Alltag selbst vor - ist groß gewachsen, trägt gewelltes, halblanges Haar, akkurat gestutzten Vollbart. Dunkler Nadelstreifenanzug, blaues Hemd mit weißem Kragen, Seidenkrawatte mit Elefantenmotiv. Er lässt Kaffee servieren und klärt mit seiner Assistentin noch schnell, wer in den nächsten zwei Stunden auf Lilli aufpasst. Lilli ist eine Langhaar-Weimaraner-Dame und "Teil der Familie", wie er schmunzelnd sagt.

Er spricht ohne Ähs und Öhs, druckreif, durchdacht. Mit einem klaren Blick auf die Welt, das ist kein weltfremder Schnösel, sondern ein geerdeter, gescheiter junger Mann. Er spricht sehr offen über seine Pflichten als künftiger Clan-Chef, über sein erstes selbst verdientes Geld und seine Jugendsünden, über die Schattenseiten seines Namens und über sein abenteuerliches Entwicklungshilfe-Projekt in Afrika. Wird er auch über die Liebe sprechen? Es gibt da Medienberichte über eine Liaison mit der Tochter einer bekannten Schauspielerin, die ebenfalls ein "von" im Namen trägt.

Er hat einen beschwerlichen Weg gewählt

Man könnte ihn jetzt platt als einen der begehrtesten Junggesellen Münchens oder gar Bayerns bezeichnen. Aber das würde seiner Person und seinem Leben nicht gerecht. Eigentlich könnte er es sich gut gehen lassen. Ein bisschen Schirmherr und Redner hier, ein bisschen Dinner-Party und Staatsempfang dort. Er könnte in einem Schloss wohnen und das sorglose und stressfreie Leben des Sprosses einer Großgrundbesitzer- und Unternehmerfamilie genießen.

Ludwig Bayern hat einen ganz anderen Weg gewählt. Einen Weg, der manchem Bürgerlichen viel zu beschwerlich wäre. Etwa zehn Monate im Jahr lebt er in Nordkenia, an der Grenze zum Südsudan. Die Hauptstadt Nairobi ist 20 Autostunden entfernt, die nächste Teerstraße 300 Kilometer. 70 Prozent der Einwohner sind Nomaden, nur jede 60. Hütte hat Strom. Hier gibt es auch mal Schießereien zwischen verfeindeten Stämmen. Die vergangenen zwei Monate schlief er in einem ausrangierten Zelt der UN-Flüchtlingshilfe. So ähnlich er Ludwig II. auch sieht, so komplett anders ist sein Charakter: Ludwig Bayern ist extrem bescheiden. Dass er keinen Wert auf Luxus oder Geld legt, lässt er mit feinem Humor durchklingen: "Meine Familie subventioniert mich und ich vertraue darauf, dass mich niemand verhungern lässt."

Ein Hang zu verwegenen Projekten

Aber eine Gemeinsamkeit verbindet ihn dann doch mit dem berühmten Ahnen: Den Hang zu verwegenen Projekten. Derzeit werkelt er an einer Unternehmung, die genauso abenteuerlich ist wie im 19. Jahrhundert auf den Berg über Schwangau ein Märchenschloss hinzuklatschen. Mitten im Nichts will er eine Software-Firma aus dem Boden stampfen, die für westliche Firmen Webseiten programmiert. "Wir suchen talentierte Einheimische und schulen sie in IT-Software-Skills", erzählt er, dabei leuchten seine großen grünen Augen noch mehr als sonst.

Ein Container voller Computer und eine Solaranlage sind bereits da, 20 Mann hätten schon ihr eigenes Geld verdient. "Wir stellen allerdings nicht einfach billige Arbeitskräfte an, sondern schaffen kleine Start-up-Unternehmen, an denen die Mitarbeiter direkt beteiligt sind." Das soll den Menschen "echte Perspektiven" geben. "Damit sie nicht nach Nairobi ziehen oder sogar als Wirtschaftsflüchtling nach Europa wollen, brauchen sie ein vernünftiges Einkommen."

Ein IT-Zentrum mitten im Nirgendwo

In der Siedlung Lokitaung (Region Turkana) baut er ein IT-Zentrum auf. Er sucht Programmierer und Grafiker, die ehrenamtlich mithelfen. Eines Tages will er zeigen, "dass es auch in der tiefsten Wüste möglich ist, eine wirkliche Karriere im IT-Sektor zu machen." Was Ludwig II. sein Neuschwanstein war, ist Ludwig 4.0 sein IT-Hub in Lokitaung. "Wir gehen bewusst nicht in eine Stadt, sondern mitten ins Nirgendwo", sagt er. "Man muss sich seine eigenen Herausforderungen suchen."

Es ist nicht sein erstes Unternehmen, das er aufbaut. Als 16-Jähriger gründete er eine Software-Firma. "Ich habe Internetseiten programmiert und ganz gut Geld verdient." Später war er Mitveranstalter von After-Wiesn-Partys. "Ich würde das als Jugendsünde bezeichnen", sagt er lächelnd, "aber es hat Spaß gemacht, mal hinter der Bar zu stehen, und es war eine wertvolle Erfahrung, angeheiterte und manchmal auch unangenehme Gäste bedienen zu müssen." Der Prinz von Bayern wischte für Besoffene den Tresen sauber - und erinnert sich gerne zurück.

Es war nicht die einzige Phase, in der er die harten Seiten des Lebens kennenlernte. Seine Eltern Luitpold und Beatrix bereiteten ihn früh auf seine Aufgabe vor. Die Kindheit war vorbei, als er vom Schloss Kaltenberg (Kreis Landsberg) ins Internat nach England geschickt wurde. In ein Benediktinerkloster. Nach dem Jura-Studium holte ihn der aktuelle Clan-Chef Franz Herzog von Bayern nach Nymphenburg, "um die Aufgaben des Chefs des Hauses Wittelsbach kennenzulernen", wie Ludwig es ausdrückt. Die Einarbeitung dauerte einige Jahre.

Die Nummer 3 in der Erbfolge

Danach wollte Ludwig etwas anderes machen. "Ich habe mir die Freiheit ausbedungen, ins Ausland zu gehen." Seitdem ist der Prinz Entwicklungshelfer. "Derzeit setze ich meine Arbeitskraft ganz für soziale Projekte ein", sagt er. "Dort beziehe ich kein Gehalt. Das Geld soll den Bedürftigen zu Gute kommen, nicht mir." Die Frage nach seinem Wohnort beantwortet er so: "On the move". Wie lange dieser Zustand noch andauern wird? "Wenn mich die Verantwortung für das Haus Wittelsbach eines Tages treffen sollte, werde ich mich ihr mit Freude und all meiner Kraft stellen", sagt Ludwig, "allerdings hoffe ich, dass der Tag möglichst spät auf mich zukommt." Deutlicher (und gleichzeitig diplomatischer) kann man kaum klarstellen, dass ihn momentan gar nichts von Afrika nach München zieht.

In der Erbfolge ist er die Nummer drei nach Herzog Max und nach seinem Vater Prinz Luitpold, dem Chef der Kaltenberger Brauerei. Der eine managt die Familie mit all den repräsentativen Aufgaben, der andere die Unternehmen. Eine ähnliche Arbeitsteilung zeichnet sich für die Zukunft ab: Ludwig Bayern wird den Clan zusammenhalten, und seine jüngeren Brüder Heinrich und Karl die Firmen. Beide arbeiten in den Unternehmen bereits mit.

Er legt keinen Wert auf Titel und Geld

Es gibt Menschen, die Ludwig Bayern mit "Ihre Königliche Hoheit" ansprechen. Er selbst legt darauf keinen großen Wert. Bei der Vorstellung im Alltag lässt er sogar das "von" weg. "Und dann hoffe ich, dass niemand nachfragt." Warum? "Das ist mühsam. Man hat dann eine längere Konversation, die man aus Höflichkeit führen muss, aber einen selbst weniger fasziniert, weil man das vielfach gehört hat. Ich bin immer froh, wenn ich nicht erkannt werde."

Man könnte das jetzt mit dem menschenscheuen Ludwig II. in Verbindung bringen. Oder als total nachvollziehbar bezeichnen. Wenn er in Bayern ist, verkehrt Ludwig mitunter auch in Kreisen, die abfällig als Schickimicki-Szene bezeichnet werden. "Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich damit nichts zu tun habe", sagt er. München habe ein "unglaubliches kulturelles Angebot", von der Kunst bis zum Kulinarischen. Diesem wolle er sich "nicht vollkommen verschließen". Dabei treffe man auch Menschen, "auf die der Begriff Schickeria vielleicht ganz gut passt." Aber er betont: "Ich definiere mich beispielsweise nicht über einen Skiort, in dem ich absteige." Und wie sieht es nun mit der Liebe aus, stimmen die Berichte über eine Beziehung? An dieser Stelle hat Ludwig Bayerns Offenheit ihre Grenze. "Ich rede normalerweise nicht über Privates. Meine Familie ist sehr dankbar für die Rücksichtnahme der deutschen Medien."

Eines darf jetzt schon festgestellt werden: Um das Erbe derer von Bayern muss sich keiner Sorgen machen.

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