Besuch bei Putin:"Ein fünftklassiger Außenpolitiker"

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Opposition übt massive Kritik an Seehofers Russland-Reise

Die Russland-Reise von Ministerpräsident Horst Seehofer hat die derzeit ohnehin tiefen Gräben zwischen Staatsregierung und Opposition weiter vergrößert. Mit markigen Worten übten SPD und Grüne am Donnerstag harsche Kritik am Auftritt Seehofers bei Präsident Wladimir Putin. Der CSU-Chef habe sich "vom russischen Machthaber benutzen und instrumentalisieren lassen", sagte SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher. Seehofer hat in Moskau für ein Ende der Sanktionen "in überschaubarer Zeit" geworben, gleichzeitig aber betont, Russland habe im Ukraine-Konflikt "Hausaufgaben" zu machen. Die Reise erfolge in enger Abstimmung mit der Bundesregierung und Kanzlerin Angela Merkel - und nicht gegen sie.

Die Opposition im Landtag sieht das anders: Der CSU-Chef sei der Bundesregierung in den Rücken gefallen, sagte Rinderspacher. Wer wie Seehofer Sanktionen infrage stelle, der stelle auch geltendes Recht infrage. "Putin lacht sich ins Fäustchen, und die Nomenklatura des KGB klatscht begeistert Applaus." Franz Josef Strauß habe bei seiner Landung 1987 in Moskau einen Absturz gerade noch verhindern können - Seehofer habe "einen außenpolitischen Crash hingelegt", sagte Rinderspacher. Die Reise habe niemandem genutzt, außer Putin, der Merkel als Bundeskanzlerin weg haben wolle. Und das innenpolitische Signal laute: "Es ging um Mammon." Die bayerische Wirtschaft wirbt seit Monaten massiv für eine Aufhebung der Sanktionen gegen Russland, das als wichtiger Markt gilt.

Auch die Grünen griffen den Ministerpräsidenten an: Bislang wisse man von der Reise lediglich, dass sowohl Seehofer als auch Putin gegen Sanktionen und gegen Merkels Flüchtlingspolitik seien. "Dafür hätte auch ein Telefonat gereicht", sagte Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann. Zum Glück sei der CSU-Chef in der deutschen Außenpolitik ohne Mandat unterwegs. In Anspielung auf Seehofer, der Kritiker vor seiner Reise mit ähnlichen Worten abgekanzelt hatte, sagte Hartmann: Seehofer sei "ein fünftklassiger Außenpolitiker". Zwar sei es in Ordnung, dass ein Ministerpräsident auch autoritäre Staaten wie Saudi-Arabien, Russland, China und Katar besuche, aber die Balance müsse gewahrt bleiben. Das treffe bei Seehofer nicht zu. Es falle ihm offenbar leichter, Diktatoren aufzuwerten, als Demokraten von seinen Positionen zu überzeugen. An diesem Freitag wird Seehofer, der in Begleitung des CSU-Ehrenvorsitzenden Edmund Stoiber reist, wieder zurückkehren.

© SZ vom 05.02.2016 / wiw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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