Bericht des Rechnungshof:Verluste der Bayerischen Landesstiftung erheblich höher als bekannt

Die Finanzprobleme der Bayerischen Landesstiftung sind offenbar gravierender als gedacht: Einem Bericht des Rechnungshofs zufolge beträgt das Minus im Stiftungsvermögen sogar 152 Millionen Euro. Ex-Finanzminister Kurt Faltlhauser sieht sich neuen Vorwürfen ausgesetzt.

Frank Müller und Mike Szymanski

Der Wertverlust im Vermögen der Bayerischen Landesstiftung ist nach Erkenntnissen des Obersten Rechnungshofs (ORH) noch erheblich größer als bislang bekannt: In einer Prüfung des Anlageverhaltens der Stiftung kommt der ORH zu dem Ergebnis, dass deren Vermögen um 152 Millionen Euro höher liegen müsste, wenn die Freistaats-Stiftung ihre eigenen Grundsätze und frühere ORH-Empfehlungen umgesetzt hätte.

Die Rechnungsprüfer nehmen die Landesstiftung in ihrem Bericht, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt, scharf unter die Lupe und beschränken sich dabei nicht auf den jüngsten Wertverlust der Unicredit-Aktien, welche die Stiftung in ihrem Depot hat.

Wie berichtet, hatte im Stiftungsrat für Aufsehen gesorgt, dass sich der Wert dieser Aktien allein zwischen Ende 2009 und Ende 2011 um mehr als 50 Millionen Euro verringert hatte. In dem Gremium sitzen Landtagspolitiker unter der Führung von Ministerpräsident Horst Seehofer und Finanzminister Markus Söder als Vize.

Die Aktien stammen aus dem Kernbestand der Stiftung, die im Jahr 1972 aus dem Ertrag gegründet wurde, den der Freistaat aus der Fusion von Staatsbank und Vereinsbank erhielt. Die neue Bank ging später in der italienischen Unicredit auf, die seit Jahren Probleme hat und einen drastischen Wertverlust erlitt.

Die Rechnungsprüfer errechnen den noch höheren Verlust aus ihrer Analyse, die Stiftung hätte sich spätestens 2007 komplett von allen Unicredit-Aktien trennen müssen. Damals lag der Kurs erheblich höher, es kam aber nur zu Teilverkäufen.

Heftige Vorwürfe macht der ORH dabei dem damaligen Finanzminister Kurt Faltlhauser. Der habe eigenmächtig einen Verkaufsstopp angeordnet, schreibt der ORH. Faltlhauser weist dies scharf zurück: Der ORH agiere mit "nicht zu überbietender Rabulistik", heißt es in einer Stellungnahme Faltlhausers. Er habe sich lediglich gegen einen "panischen Abverkauf" der Aktie gewendet, und zwar im Einklang mit dem kompletten Stiftungsrat, schreibt Faltlhauser.

Der Ex-Minister rechnet auch detailliert vor, dass der Kurs bis zu seinem Ausscheiden im Herbst 2007 weitgehend stabil gewesen sei: "Der Kurseinbruch der Aktie erfolgte erst ab dem Jahr 2008."

Das Fazit der Rechnungsprüfer, das auch Ende März in den ORH-Jahresbericht einfließen soll, fällt dennoch herb aus: Die Stiftung habe sich gegen die "gesetzlichen und satzungsgemäßen Bestimmungen" verhalten "und zudem weitere Anlageentscheidungen mit hohem Risiko getroffen".

Der Stiftung wird auch vorgehalten, mit riskanten Finanzprodukten gehandelt zu haben, darunter einem Zertifikat der Pleitebank Lehman Brothers: "Im Rahmen unserer Prüfung entstand der Eindruck, dass sowohl der Stiftungsvorstand als auch der Stiftungsrat die Risiken derartiger Kapitalanlagen unterschätzten."

Die Opposition reagierte mit Vorwürfen auf die Enthüllungen. Grünen-Stiftungsratsmitglied Sepp Dürr sagte: "Wie schon bei der Landesbank, haben sich hier CSU-Größen als Zocker versucht und fatale Verluste aufgehäuft." Der SPD-Vertreter Ludwig Wörner, sprach sich dafür aus, die Unicredit-Aktien auch auf ihrem jetzigen tiefen Stand zu verkaufen.

Zugleich erneuerte er seinen Vorschlag, das Stiftungskapital komplett umzustellen auf die GBW-Wohnungen, die noch im Besitz der Landesbank sind, von dieser aber abgegeben werden müssen. Ministerpräsident Seehofer zeigte sich nicht rundheraus dagegen: Die Idee könne "nochmals aufleben", sagte er. Sein SPD-Gegenkandidat Christian Ude griff Söders Argument an, dafür sei die GBW-Rendite zu gering. Dies zeige, dass die Kommunen, die nach Söders Wunsch die Wohnungen kaufen sollen, damit ein schlechtes Geschäft machen würden, sagte Ude der SZ.

Seehofer sagte, er sehe "keinen Anlass zu größerer Besorgnis" bei der Stiftung. Im Stiftungsrat hatte Seehofer laut Sitzungsprotokollen dagegen vor einer "schleichenden Entwertung" des Vermögens gewarnt. Wer das damals gewusst hätte, "wäre am besten Aktienhändler" geworden, sagte Seehofer am Donnerstag.

Auch Finanzminister Söder wies die Verantwortung weit von sich. "Der Stiftungsvorstand war operativ verantwortlich", sagte Söder der SZ. Allerdings will sich Söder die Aufsichtsstruktur vornehmen. Die Rechnungsprüfer hatten einen Interessenkonflikt Söders bemängelt.

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