Berchtesgaden:Hund schlägt Rentner die Zahnbrücke aus

Angeblich wollte er den Mann nur freudig begrüßen. Weil die Versicherung Betrug wittert und nicht zahlt, zieht der Geschädigte vor Gericht.

Von Andreas Salch, Berchtesgaden

Camillo "ist ein total freundlicher Hund", behauptet seine Halterin. Doch Camillo, ein 33 Kilo schwerer Schäferhund, hat einem Rentner im Berchtesgadener Ortsteil Oberau die Zahnbrücke ausgeschlagen. Angeblich wollte der Hund den Mann nur freudig begrüßen, denn Camillo und der 68-Jährige kannten sich. Am 6. Juni 2013 sollen sie mehr aus Versehen mit ihren Köpfen aneinander gerasselt sein, als sich der Rentner vor seinem Haus bückte, um sich die Schuhbänder zu binden, und Camillo plötzlich die Nase dazwischensteckte.

Während der Vierbeiner von der Kollision keinerlei Blessuren davontrug, blutete der Rentner sofort aus dem Mund und hielt seine Zahnbrücke in der Hand. "Mich hat es etwas gegraust", bekannte Camillos Halterin an diesem Mittwoch vor dem Oberlandesgericht München, wo der auch nach Ansicht des Vorsitzenden Richters "kuriose Fall" vor dem 3. Senat verhandelte wurde.

Der Rentner trägt seit dem Vorfall ein Provisorium. Ein Zahnarzt hatte eine "Schadensbeseitigung" auf rund 5500 Euro taxiert. An den Kosten aber würde sich die Krankenkasse nicht beteiligen. Das Landgericht Traunstein als erste Instanz hatte dem Rentner Recht gegeben und Schadenersatz zugesprochen. Daraufhin schaltete sich jedoch die Haftpflichtversicherung der Hundehalterin ein. Sie witterte einen Versicherungsbetrug.

Der Rentner wolle den Vorfall mit Camillo nutzen, um eine teure Zahnsanierung auf ihre Kosten machen zu lassen, mutmaßte die Assekuranz. Der Verlust der Brücke sei wohl eher damit zu erklären, dass der 68-Jährige kurz zuvor von einer Leiter gefallen war. Außerdem habe er sich einer Chemotherapie unterziehen müssen. Dies habe dazu geführt dass die Zähne "erheblich sanierungsbedürftig" gewesen seien. Man müsse da schon "nachbohren", sagte auch der Vorsitzende Richter Wilhelm Schneider.

Die Zahnbrücke hing nur noch an einem Zahn

Tatsächlich stellte sich heraus, dass die Zahnbrücke des Rentners nicht mehr die neueste war, als Camillo mit ihm zusammenstieß. Vor rund 30 Jahren sei sie ihm eingesetzt worden, räumte der 68-Jährige ein und bekannte, dass er seither nicht mehr so oft beim Zahnarzt gewesen sei.

Gleichwohl, im November 2011 habe seine Zahnärztin am Zustand der Brücke nichts auszusetzen gehabt. Doch das Gebilde hing nurmehr an einem einzigen Zahn im rechten Oberkiefer. Genau gegen diesen Zahn war Camillo mit seinem Schädel gestoßen. Der Hund habe gegen den Kopf seines Mandanten einen "massiven Rammstoß" geführt, erklärte der Anwalt des Rentners vor Gericht.

Nachdem der 68-Jährige und die Hundehalterin noch einmal das unglückselige Aufeinandertreffen von Mensch und Hund in allen Details geschildert hatten, befand Richter Schneider: "Den Vorfall kann sich der Senat so als geschehen glaubhaft vorstellen." Kläger und Beklagte wirkten nicht so, als suchten sie einen Dummen, der die zahnärztliche Versorgung zahlt, sagte Schneider.

Mit einem Betrag von 5000 Euro könne er aber nicht rechnen, warnte der Vorsitzende den Rentner. Denn die veranschlagten Kosten gingen über das Notwendige hinaus. "Wie schaut's aus?", fragte Richter Schneider die Anwälte. Diese schlossen daraufhin einen Vergleich über 3250 Euro.

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