Bayreuth/Nürnberg:Recht gegen Gesetz

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In mehreren Gemeinden von Oberfrankens Regionalbischöfin Dorothea Greiner gab es schon Ermittlungsverfahren. (Foto: ELKB)

Kirchenvertreter kritisieren Ermittlungen gegen Pfarrer wegen Kirchenasyls

Die Bayreuther Regionalbischöfin Dorothea Greiner verfolgt das Vorgehen bayerischer Staatsanwälte gegen Pfarrer und Einrichtungen, die Kirchenasyl gewähren, mit Sorge. Sie bezeichnet das Kirchenasyl als Teil der "christlichen Kultur unseres Landes". Gleichzeitig verteidigt sie die Kirchen gegen den Vorwurf, sie würden sich über das Recht stellen. "Als Kirchen respektieren wir die staatliche Ordnung, aber wir bitten zugleich darum, dieses alte Recht in Ehren zu halten", sagt sie. Auch Bambergs Erzbischof Ludwig Schick tritt für das Kirchenasyl ein. Er sagt, es werde in Grenzsituationen und in einzelnen schwierigen Fällen gewährt. "Dann ist Kirchenasyl möglich, war es immer und soll es auch bleiben."

In der Vergangenheit habe es nur "sehr vereinzelt" Ermittlungsverfahren wegen Kirchenasyls gegeben, sagt Dietlind Jochims, die Vorsitzende der "Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche". "In einer so massiven und gehäuften Art und Weise, wie es momentan in Bayern geschieht, ist das singulär", sagt sie. "Es sieht wie ein Versuch der öffentlichen Einschüchterung aus und nicht wie sinnhaftes, juristisch sinnvolles Vorgehen."

Was der Auslöser für die jüngsten Verfahren ist, kann oder will derzeit niemand erklären. Weder das bayerische Innen- noch das Justizministerium wollen Polizei und Staatsanwaltschaften darum gebeten haben, in Fällen von Kirchenasyl großflächig zu ermitteln. Die Rahmenbedingungen jedenfalls haben sich aus Sicht von Kirche und Bundespolitik nicht gewandelt. "An der Vereinbarung zwischen dem Bundesamt und den Kirchen hat es keine Änderungen gegeben", teilt eine Sprecherin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) mit. Und aus dem Bundesinnenministerium heißt es: "Das Bamf und die Kirchen stehen in einem regelmäßigen Austausch zu Fragen des sogenannten Kirchenasyls. Das gilt auch unverändert fort." Das Bundesamt und die Kirchen hatten im Februar 2015 vereinbart, dass das Kirchenasyl toleriert wird, wenn es in begründeten Ausnahmefällen angewendet wird. Die Kirchen melden diese Fälle sofort und stellen dann ein Dossier über die Betroffenen zusammen, das sie an das Bamf weiterleiten, mit der Bitte um Überprüfung eines individuellen Härtefalles.

In den meisten Fällen könne für diese Menschen eine Lösung gefunden werden, sagt Jochims. Allgemein wollen die Kirchen das Kirchenasyl als Korrektiv des überlasteten Behördenapparats verstanden wissen. Regionalbischöfin Greiner betont, dass Kirchenasyl nur als letzter "Notweg" gewährt werde, wenn alle anderen Mittel ausgeschöpft seien, "um dem Recht zum Recht zu verhelfen". Es tauge nicht als "politisches Protestinstrument".

Laut Bamf wurden dem Amt in der Zeit vom 24. Februar 2015 bis Ende Januar 2017 aus ganz Deutschland 791 Dossiers zu Kirchenasylfällen vorgelegt. In 307 Fällen wurde erreicht, dass Deutschland die Zuständigkeit für ein Verfahren übernahm, obwohl nach der Dublin-Verordnung ein anderer Staat zuständig wäre. 293 Dublin-Fälle erledigten sich aus Sicht des Bamf von selbst, meist, weil die Abschiebefrist auslief und damit die Zuständigkeit automatisch an Deutschland überging. In 191 habe man "der Auffassung der Kirchenvertreter nicht folgen können".

© SZ vom 23.03.2017 / henz, epd - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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