Bayreuther Festspiele:Silvia! Silvia!

Ohne die schwedische Königin würde die Festspiel-Eröffnung wohl als eher langweilig in die Geschichte eingehen. Denn dieses Jahr hat es weder beleidigte Dirigenten noch Intrigen gegeben.

Von Claudia Henzler, Bayreuth

Das angesagteste Kleidungsstück der diesjährigen Eröffnung der Richard-Wagner-Festspiele war ohne Frage der Regenponcho. Zumindest bei den Schaulustigen, von denen sich einige schon mehr als drei Stunden vor Beginn vor dem Festspielhaus in Bayreuth eingefunden hatten, um einen guten Blick, vielleicht auch ein Autogramm zu bekommen.

Die Zaungäste wurden enttäuscht

Nachdem der Empfang auf dem roten Teppich im vergangenen Jahr aus Respekt vor den Opfern des Münchner Amoklaufs ausgefallen war, hofften sie, in diesem Jahr die Hände des schwedischen Königspaars schütteln zu können. Sie wurden enttäuscht, wegen des Regens verzichteten die prominenten Gäste auf Kontakt mit Zaungästen, sie winkten nur kurz ins Publikum und entschwanden ins Trockene.

Die Zuschauer waren schon recht durchgefroren, als es um 15.38 Uhr endlich soweit war. Zwei schwarze BMW, angeführt von einer 15-köpfigen Motorradeskorte der bayerischen Polizei, fuhr die Festspielauffahrt hinauf. Schwedens König Carl Gustaf stieg aus, gefolgt vom Ministerpräsidenten Horst Seehofer. "Ja, das ist er", raunten die Zaungäste, dann: "Silvia! Silvia!" Sie und Karin Seehofer hatten sich die zweite Limousine geteilt.

Der Coup der Katharina Wagner

Schwedens Königin musste ihren Schirm selbstverständlich nicht selbst tragen, das übernahm ein junger Mann in schmucker Uniform, sonst war der Schirm bei den Festgästen in diesem Jahr das wichtigste Accessoire, nur Schauspieler Michael Lerchenberg kam im lässigen Regenmantel. Bei den Damen waren blaue, bodenlange Roben besonders beliebt, da waren sich Bayreuths Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe, Schwedens Königin Silvia und die Grünen-Abgeordnete Claudia Roth sowie Bundesumweltministerin Barbara Hendricks einig. Bundeskanzlerin Angela Merkel allerdings hatte sich für bronzefarben entschieden.

Die Königin sagte drinnen dem Bayerischen Rundfunk, sie freue sich, hier zu sein und habe schon lange nach Bayreuth kommen wollen, bisher habe es nur nie ins Programm gepasst. Seehofer sprach von der "großen Ehre", sie hier zu haben. Ohne das Königspaar würde die diesjährige Festspiel-Eröffnung wohl als eher langweilig in die Geschichte eingehen. Kein Skandal hat die Welt der Wagnerfans in Aufruhr versetzt, keine Familienintrige dominierte die Nachrichtenlage, kein Dirigent ist entnervt abgereist. Im Gegenteil, Philippe Jordan, musikalischer Leiter des Premierenstücks, hat die Zusammenarbeit mit dem Regisseur ausdrücklich gelobt.

Es standen also tatsächlich Richard Wagners Opern im Mittelpunkt, dabei vor allem die Neuinszenierung von "Die Meistersänger von Nürnberg", mit der die Saison eröffnet wurde. Es gilt allgemein als Coup, dass Festspielleiterin Katharina Wagner dafür den Intendanten der Komischen Oper Berlin, Barrie Kosky, gewinnen konnte. Der Australier mit jüdischen Wurzeln hat bekanntlich ein äußerst distanziertes Verhältnis zu Richard Wagner.

Günther Beckstein und seine Frau kamen zu Fuß

Während das Königspaar auf Einladung des Ministerpräsidenten nach Bayreuth kam, hatte die Mehrzahl der Prominenten Karten der Stadt Bayreuth bekommen. Auf der Gästeliste des Rathauses standen Politiker aus Berlin und München ganz oben, schließlich werden die Festspiele von Bund und Freistaat mit jeweils etwa drei Millionen Euro pro Jahr unterstützt. Für ein wenig Glamour hatte die Stadt einige Schauspieler auf den Grünen Hügel gebeten - Michaela May, Udo Wachtveitl oder Harald Krassnitzer.

Einige der etwa 200 Zaungäste schwärmten von den Zeiten, als noch Thomas Gottschalk über den roten Teppich schritt, waren aber auch angesichts des vorhandenen Aufgebots nicht undankbar. Manche kommen jedes Jahr, kennen sich gut aus ("Das ist doch der Lammert, unser Bundestagspräsident!") und empfingen die ebenso sympathischen wie unglamourösen ehemaligen Skistars Rosi Mittermeier und Christian Neureuther mit besonders viel Applaus. Günther Beckstein und seine Frau bekamen Sympathiepunkte, weil sie zu Fuß kamen, und Barbara Stamm, weil sie Barbara Stamm ist ("Die ist sehr nett") Nicht mal Gloria von Thurn und Taxis ("Die ist ja so schlank geworden") brachte einen Hauch von Wahnsinn ins Geschehen.

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