Bayreuth:"Schlag ins Gesicht"

British-American Tobacco (BAT)

Läuft nicht mehr: BAT verlagert einen Großteil der Produktion von Bayreuth nach Osteuropa.

(Foto: David Ebener/dpa)

Der Tabakkonzern BAT streicht in Bayreuth 950 Stellen

Von Uwe Ritzer

Als Ralf Wittenberg gegen 13 Uhr vor die Mitarbeiter trat, erwartete keiner seiner Zuhörer mehr gute Nachrichten. Die Beschäftigten im Bayreuther Zigarettenwerk von British-American Tobacco (BAT) ahnten, dass es massiven Arbeitsplatzabbau geben würde. Was die Mitarbeiter vom Deutschland-Chef des Tabakkonzerns noch hören wollten, war die schiere Zahl derer, die demnächst ihre Arbeitsplätze verlieren werden. Wenige Minuten später war klar: Bis Ende 2017 werden 950 Jobs in dem Werk gestrichen; nur etwa 370 Arbeitsplätze bleiben erhalten.

Das Unternehmen begründet den Abbau mit Überkapazitäten bei der Produktion von Zigaretten. Von 2011 bis 2015 sei der Konsum der BAT-Marken wie Pall Mall, Lucky Strikes, Dunhill oder HB in Westeuropa einem allgemeinen Trend folgend um 17 Prozent zurückgegangen. Nun wird die Produktion vom bislang größten BAT-Werk in Bayreuth in Fabriken nach Polen, Ungarn, Rumänien und Kroatien verlagert, wo die Lohnkosten deutlich niedriger sind. In Bayreuth bleibt nur noch eine kleine Fertigung, in der unter anderem Stopftabak hergestellt wird.

Wittenberg sprach von "schmerzhaften Anpassungen", die sich der Konzern nicht leicht gemacht habe - was Manager in solchen Fällen eben so sagen. Von den Beschäftigten durfte er kein Verständnis erwarten. Denn das Werk ist profitabel und 2015 fuhr der Konzern dank gestiegener Zigarettenpreise einen Gewinn von 5,4 Milliarden Euro ein. "Dreist" nannte ein Mitarbeiter vor dem Bayreuther Werkstor vor diesem Hintergrund die Entscheidung. Ein anderer bezeichnete sie als einen "Schlag ins Gesicht". Michael Grundel von der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten sagte, die Arbeitnehmervertreter hätten mit Einschnitten gerechnet, "aber in diesem Ausmaß sind wir geschockt".

Vielen Verantwortlichen in Bayreuth geht es ähnlich. BAT ist einer der größten Arbeitgeber der Region und mit jährlich 15 Millionen Euro Bayreuths größter Gewerbesteuerzahler. Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe sprach von einem "herben Verlust für den Wirtschaftsstandort". Die Stadt wolle die Betroffenen unterstützen und den Freistaat um Hilfe bitten. Im Übrigen hätten die Vertreter der Kommune alles versucht, um den BAT-Standort zu halten, so Merk-Erbe. Harsche Kritik kam vom SPD-Landtagsabgeordneten Christoph Rabenstein. Er warf BAT vor, "aus purer Gewinnmaximierung" zu handeln und so "ein katastrophales Zeichen für die deutsche Wirtschaft" zu setzen.

Stadt, Universität und regionale Wirtschaftskammern wollen an diesem Freitag ein Maßnahmenpaket vorstellen mit dem gegengesteuert werden soll. Derweil bereiten sich BAT-Management und Arbeitnehmer auf die Aushandlung eines Interessensausgleichs vor. Binnen drei Monaten soll ein Sozialplan stehen.

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