Bayreuth: Kommunale Kungeleien:BT go home

Meist gerät Bayreuth nur während der Wagner-Festspiele in die Schlagzeilen. Doch nun hat Oberbürgermeister Hohl (CSU) Ärger im eigenen Rathaus: Junge Stadträte sollen Klientelpolitik betrieben haben - eine delikate Mail macht die Runde.

Olaf Przybilla

Der 2. März 2008 war ein großer Tag für "BT go!". Mit zwei Mandaten war die junge Wählergruppierung in den Stadtrat von Bayreuth (Kfz-Kennzeichen: BT) gewählt worden - das hatte man so nicht erwarten können. Immerhin hatte es durchaus Gegenwind gegeben vor der Kommunalwahl. Es gab Unkenrufe, bei den jungen Leuten mit dem Jurastudium handele es sich in Wahrheit um eine CSU-Tarntruppe. Aber alle diese Anwürfe konnten die Nachwuchspolitiker erfolgreich parieren.

Bayreuther Festspiele

Oberbürgermeister Michael Hohl (CSU) zusammen mit den Leiterinnen der Bayreuther Festspiele, Katharina Wagner (l.) und Eva Wagner-Pasquier (r.): Im Rathaus der Wagner-Stadt gibt es Ärger.

(Foto: ddp)

Vor zwei Jahren also zog Andreas Küffner, Jurastudent und Chef der Jungen Union Bayreuth, in den Stadtrat ein. Und an seiner Seite Oliver Gerhards, Rechtsanwalt und Mitglied des CSU-Kreisvorstands. Die Gespräche der "unabhängigen Liste" mit der Bayreuther CSU-Fraktion verliefen gleich unverhofft erfolgreich. Schon bald nach der Wahl gründete man eine Fraktionsgemeinschaft.

Momentan jedoch hat sich die Euphorie um die jungen Erfolgreichen von der "Go!"-Gemeinschaft spürbar gelegt. Auch in der CSU. Grund dafür ist der Vorwurf gegen den 31-jährigen Gerhards, er habe einem seiner Mandanten Unterlagen aus dem Bauausschuss zukommen lassen, und das aus nichtöffentlicher Sitzung.

Oberbürgermeister Michael Hohl (CSU) hat deswegen ein Ordnungsverfahren gegen den Anwalt aus der CSU-BT go!-Fraktion einleiten müssen. Und Gerhards gibt sich darüber richtig zerknirscht: "Da habe ich wirklich einen Fehler gemacht", sagt der Anwalt. Dass nun der Eindruck entstehen könne, er verquicke seine beruflichen Interessen ohne jeden Skrupel mit seiner Rolle als Mandatsträger, tue ihm aufrichtig leid.

Die Angelegenheit wird dadurch nicht weniger peinlich, dass im Bayreuther Rathaus momentan eine delikate Mail die Runde macht. Würde man eine Doktorarbeit über Klientelpolitik und kommunale Kungelei planen, der Text wäre als Quelle kaum zu übertreffen. Thema ist das umstrittene Bauprojekt, dessen sich Gerhards im Sinne seines Mandanten annehmen möchte.

Die Mail analysiert die Machtverhältnisse im Bayreuther Stadtrat: "Die CSU verfügt insgesamt (inklusive OB) über sieben Stimmen von 17. Im Ergebnis brauchen wir also noch zwei ,Partner'." Bei der Erörterung des Problems wird der Autor dann sehr konkret: "Sie sollten sich möglichst um Hofmann (BBL) und Tasdelen (SPD) kümmern. Herr Tasdelen ist gebürtiger Türke, ein junger Kerl, der früher sogar mal in der CSU war. Ein junges, aufstrebendes Unternehmen macht auf den immer Eindruck (spenden nützt hier glaube ich nichts, also sparen Sie sich das Geld lieber). Frau Engelbrecht (Grüne) ist ideologisch verblendet, da haben wir keine Chance. Der Rest der SPD hört auf Müller-Feuerstein, die per se jedes CSU-Projekt torpediert. Hier sollte man also nur Tasdelen ansprechen." Die Mail über das Bauprojekt endet optimistisch: "Das kriegen wir schon!"

Dass dieses Strategiepapier, dessen Absender unkenntlich gemacht wurde, im Rathaus nun ebenfalls Gerhards zugeschrieben wird, empfindet dieser nicht als ehrenrührig: "In der Mail steht doch nichts Schlimmes." Er habe diese jedoch nicht geschrieben. Und zurücktreten werde er auch nicht, nicht wegen eines Ordnungsverfahrens.

Auch Andreas Küffner, 23, der zweite Go!-Mann im Stadtrat, kann die Aufregung nicht verstehen. "Wir sind dauernd der Polemik des politischen Gegners ausgesetzt", klagt er. Wenn die Jungen im Rat das Wort ergreifen, tuscheln sie auf den Oppositionsbänken von den "Blockflöten". Auch Küffner glaubt, bereits Opfer unfairer Vorwürfe geworden zu sein. Vor der Wahl hatten seine Eltern - sie betreiben eine Arztpraxis in Bayreuth - für ihren Sohn Werbung verschickt. Der Brief mit der Bitte, man möge den Wahlvorschlag von "BT go!" mit einer Unterschrift unterstützen, hebt an: "Liebe Patientin, lieber Patient, heute treten wir mit einer ungewöhnlichen Bitte an sie heran." Den Vorwurf, damit seien Patientendaten für politische Werbung missbraucht worden, findet Küffner grob falsch: "Die Empfänger waren doch alles Bekannte", sagt er.

Das Landesamt für Datenschutzaufsicht kann sich dieser Bewertung der Go!-Gruppe nicht anschließen. Auf Nachfrage erklärt ein Sprecher, das Schreiben an Patienten sei "eindeutig unzulässig" gewesen.

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