BayernLB-Manager:Liste der Gescheiterten

Einst waren sie unangefochten. Heute drohen vielen von ihnen Gefängnis, Geldstrafen, Schadensersatzzahlungen. Wer hat was zu befürchten?

Klaus Ott und Nicolas Richter

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Edmund Stoiber

Wer war eigentlich Deutschlands Sparminator? Gebührt der Titel des ehrgeizigsten Haushaltssanierers Hans Eichel, Thilo Sarrazin oder doch Edmund Stoiber? In seiner letzten Amtszeit jedenfalls setzte sich Bayerns damaliger Ministerpräsident Stoiber hoch seriöses Haushalten zum Ziel: keine neuen Schulden. Die Einnahmen sollten derweil steigen. Deswegen jubelte Stoiber, als seine Landesbank im Jahr 2007 expandierte und die Kärntner Bank Hypo Alpe Adria kaufte.

Stoibers Maßstab war da nicht mehr Deutschland, sondern Europa. Für lästige Details blieb kein Raum: Als er im Sommer 2007 Hinweise auf Gesetzesverstöße bei der Hypo Alpe Adria bekam, kümmerte er sich nicht weiter darum.

Stoiber sagt heute, er habe seiner BayernLB vertraut. In der CSU herrscht Unmut darüber, wie sich der Ehrenvorsitzende jetzt aus der Affäre zieht. Sein Nachfolger Horst Seehofer muss mit den Milliardenverlusten zurechtkommen, die ihm die BayernLB beschert hat. Ihm bleibt nur: sparen. Diesmal wirklich.

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Kurt Faltlhauser

Kurt Faltlhauser, Erwin Huber und Günther Beckstein, alle CSU, saßen als Finanz-, Wirtschafts- und Innenminister im Verwaltungsrat, dem Kontrollorgan der Landesbank, und billigten den Kauf der Hypo Alpe Adria. Und Faltlhauser war noch mehr: der Antreiber, der den Chefs der BayernLB einschärfte, jetzt mal "Gas zu geben", um erfolgreich nach Südosteuropa zu expandieren. Haben die drei CSU-Minister versagt?

Zwei Anwaltskanzleien prüfen für den Landtag, ob die Ex-Verwaltungsräte ihre Kontrollpflichten verletzt haben und - zumindest symbolisch - Schadenersatz zahlen sollen. Der Verwaltungsrat hatte die Übernahme der Hypo Alpe Adria nicht intensiv geprüft, war aber vom Bankvorstand auch nicht ordentlich über die Risiken informiert worden. Die Gutachten über die Verantwortung der Verwaltungsräte sollen in den nächsten Wochen vorliegen.

Der politische Schaden aber ist schon jetzt enorm: Wer glaubt noch an die Wirtschaftskompetenz der CSU?

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Werner Schmidt

Er war einst Herrscher an der Brienner Straße; kaum jemand traute sich, dem Vorstandschef der Bayerischen Landesbank zu widersprechen. Er, der das Institut so autokratisch führte, aber selbst unter großem Druck der Politik stand, er steht nun im Zentrum der Ermittlungen.

Der ehrgeizige Schmidt muss mit einer Anklage wegen Korruption rechnen. Der frühere Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider hat ihm unter abenteuerlichen Bedingungen Anteile an der Hypo Alpe Adria verkauft: Die Bayern sollten für mehrere Millionen Euro einen Kärntner Fußballclub unterstützen. Schmidt willigte ein, diese "Kröte" zu schlucken. Gegen Schmidt laufen Untreue-Ermittlungen, weil er Risiken ignorierte und einen Kaufvertrag voller Nachteile unterschrieb.

Das Verfahren dürfte noch Jahre dauern. Im für ihn schlimmsten Fall drohen Anklage und Gefängnis.

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Rudolf Hanisch

Er war einst Schmidts wichtigster Mann. Auch für Rudolf Hanisch, den einstigen Vizechef der Landesbank und Vertrauten Edmund Stoibers, könnte die Affäre noch Folgen haben. Er hat den Kaufvertrag für die Hypo Alpe Adria mit unterschrieben, obwohl er schon damals davon ausging, dass die Kärntner Bank "ganz klar Verbesserungsbedarf" hatte.

Hanisch muss damit rechnen, wegen einer zumindest grob fahrlässigen Übernahme der Hypo Alpe Adria auf Schadenersatz verklagt zu werden. Er wird mit dem gesamten damaligen Vorstand ausgerechnet von einem anderen Stoiber-Vertrauten, Ex-Finanzminister Kurt Faltlhauser, schwer belastet.

Faltlhauser hat bei der Staatsanwaltschaft ausgesagt, der Bankvorstand um Schmidt und Hanisch habe dem Kontrollorgan der Bank eine kritische Stellungnahme der Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young verschwiegen.

Diese Experten hatten vor dem Kauf der Hypo Alpe Adria in einem Bericht auf große Risiken hingewiesen. Hätte der Verwaltungsrat diese Einschätzung gekannt, sagt Faltlhauser, hätte er einschreiten können.

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Tilo Berlin

Tilo Berlin ist der Finanzmakler von der Alm. Der Investor, der das Vermögen reicher Familien anlegt, kaufte ein Viertel der Anteile der Hypo Alpe Adria, um sie wenig später der BayernLB weiterzuverkaufen. Dass ihm das gelungen ist, scheint ihn noch heute zu wundern. Schon in den Kaufverhandlungen gab er sich als Underdog, dessen Vorteil nicht so sehr die Finanzkraft war, als vielmehr seine persönlichen Kontakte - sowohl zu den Mächtigen in Klagenfurt, als auch zum Chef der BayernLB, Werner Schmidt.

Wenn es in diesem Skandal Gewinner gibt, dann sind es Berlin und jene Leute, die ihm ihr Geld anvertrauten, denn sie haben in kurzer Zeit mehr als 100 Millionen Euro kassiert. Allerdings hat nun auch Berlin Ärger mit der Staatsanwaltschaft München: Sie verdächtigt ihn der Beihilfe zur Untreue.

Tatsächlich ist noch immer unklar, ob er frühzeitig heimliche Absprachen mit BayernLB-Chef Schmidt getroffen hat. Er bestreitet das. Jedenfalls fanden Geheimgespräche bei Berlin statt, auf seinem Anwesen am Kärntner Ulrichsberg.

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Jörg Haider

Zu Lebzeiten war der Landeshauptmann von Kärnten Verführer und Provokateur. Viele seiner Landsleute verehren Jörg Haider, der im Jahr 2008 bei einem Autounfall starb, bis heute. Dabei hat er ein hoch verschuldetes Land hinterlassen. Kärnten war früher Hauptaktionär der Hypo Alpe Adria, und Haider benutzte die Bank, um seinem Volk teure Geschenke zu machen.

Bevor die faulen Kredite der Hypo öffentlich bekannt wurden, verkaufte Haider große Aktienanteile an die Bayern - zu höchst umstrittenen Konditionen. Als der Kärntner Landtag später das Milliardengeschäft untersuchte, wurde er von Haider belogen.

Haiders Nachfolger Gerhard Dörfler muss sich jetzt auf eine horrende Schadenersatzklage aus Bayern gefasst machen, auch weil die Hypo Alpe Adria vor der Übernahme durch die Landesbank offenbar in kriminelle Geschäfte, vor allem auf dem Balkan, verstrickt war. Die Klagenfurter Staatsanwaltschaft ermittelt gegen etliche Beschuldigte, darunter frühere Vorstandsmitglieder der Hypo Alpe Adria.

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Siegfried Naser

Der langjährige Präsident von Bayerns Sparkassen zählt zu den größten Verlierern im Landesbank-Skandal. Der frühere Kitzinger Landrat und Bergsteiger wollte hoch hinaus und die BayernLB zu einem internationalen Spitzeninstitut formen. Naser war fast ein Jahrzehnt lang Chef oder Vizechef im Verwaltungsrat der BayernLB, auch er betrieb die Expansion nach Österreich und auf den Balkan. Doch die Hypo Alpe Adria und Spekulationen mit US-Ramschanleihen brachten immense Verluste; der ehrgeizige Sparkassenpräsident musste zurücktreten, die Karriere war beendet. Sein Gehalt in Höhe von 600.000 Euro pro Jahr wird noch bis Ende 2012 gezahlt, dann erhält er eine hohe Pension.

Es bleibt der Makel, dass der Freistaat seine Landesbank in Nasers Amtszeit mit zehn Milliarden Euro vor der Pleite retten musste. Wie bei allen anderen damaligen Verwaltungsräten lässt der Freistaat auch bei Naser prüfen, ob er Schadenersatz zahlen muss.

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Georg Schmid

Georg Schmid ist in einer seltsamen Doppelrolle gelandet: Zum einen ist er Fraktionschef der CSU im Landtag, jenem Parlament also, das den Bank-Skandal aufklären soll. Zum anderen gehörte er einst als Innen-Staatssekretär dem Verwaltungsrat der BayernLB an. Im Kontrollorgan der Bank fiel er meist durch Abwesenheit auf, denn wie sein Minister Beckstein schwänzte auch Schmid viele Sitzungen. Auch gegen ihn werden Schadenersatzansprüche geprüft.

Politisch ist Schmid aber jetzt schon beschädigt. In seine Zeit als Verwaltungsrat der BayernLB fallen desaströse Geschäfte mit US-Anleihen und der Kauf der Hypo Alpe Adria mit der bekannten Folge einer Rekordverschuldung des Freistaats. Jede Debatte im Landtag über neue Sparzwänge wird so zu einer Belastung für Schmid selbst und die CSU insgesamt.

Der Fraktionschef hat es abgelehnt, politische Verantwortung für das Landesbank-Desaster zu übernehmen. Logisch. Er war ja auch selten da.

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Georg Fahrenschon

Georg Fahrenschon ist Finanzminister des Freistaates Bayern, was bedeutet, dass er an vorderster Stelle mit den finanziellen Folgen der Katastrophe zu tun hat. Da ist es verständlich, dass Fahrenschon manchmal wünscht, die Bayern hätten die Hypo Alpe Adria nie gekauft. Vielleicht hat er deswegen im Januar mal eine "Rückabwicklung" vorgeschlagen. Wenig später musste sein Sprecher ihn korrigieren: Rückabwickeln gehe gar nicht, Fahrenschon habe eher Schadenersatz gemeint.

Auch sonst wirkt Fahrenschon ziemlich blass, bei der Bewältigung der Skandaljahre ist er wenig überzeugend. Er hat es zugelassen, dass die von ihm eingesetzte Sonderprüferin Corinna Linner im Verwaltungsrat der BayernLB bedrängt wurde und eine kritische Stellungnahme zur Hypo Alpe Adria zurückzog. Linner hatte auch die Verluste der BayernLB mit amerikanischen Ramschanleihen untersucht, da kam ebenfalls nicht viel heraus.

Inzwischen wird immerhin gründlich aufgeklärt - nicht durch den Finanzminister, sondern durch die Staatsanwaltschaft.

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Horst Seehofer

Ende 2008, die CSU hatte gerade ihre absolute Mehrheit in Bayern verloren, da suchte die Partei einen Retter. Fast alle Prominenten - Stoiber, Huber, Beckstein - hatte man entweder verjagt, abgewählt oder sonstwie verbraucht. Es blieb nur Horst Seehofer, von dem viele sagten, er sei zu sprunghaft, um Parteichef zu werden oder gar Ministerpräsident. Im Herbst der CSU aber wurde er dann doch Landes- und Parteichef.

Seehofer hatte, das zeigt sich vielleicht erst jetzt so richtig, einen immensen Vorteil: Als einzige CSU-Größe hat er mit der bayerischen Landesbank nie etwas zu tun gehabt. Sein Interesse galt der Bundespolitik und den sozialen Themen. So war er nachweislich weit weg von jenen in München, die zwischen Ministerien und Landesbank pendelten und sich für Wirtschaftsvisionäre hielten.

Natürlich holt ihn die BayernLB jetzt trotzdem ständig ein: Seehofer muss mit den Schulden zurechtkommen und mit dem Schaden für seine Partei.

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© (sueddeutsche.de)
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