BayernLB:Brisantes Gutachten prangert Landesbank-Gremien an

1000 Seiten Zündstoff: Ein Gutachten zum Milliarden-Desaster der BayernLB bringt die CSU in Bedrängnis. Prominente CSU-Politiker sollen Schadenersatz zahlen. Doch sie wehren sich.

Katja Auer u. Klaus Ott

Es ist ein brisantes Papier, das an diesem Vormittag im bayerischen Landtag vorgestellt wird. Denn das mehr als 1000 Seiten starke Schriftstück könnte die ehemaligen Vorstände und Verwaltungsräte der BayernLB und damit auch die CSU in große Bedrängnis bringen.

Untersuchungsausschuss BayernLB Zeugenvernehmungen

Ein neues Gutachten zu den Milliardenspekulationen der BayernLB auf dem US-Hypothekenmarkt bringt die CSU in starke Bedrängnis.

(Foto: dpa)

Die Anwaltskanzlei Flick Gocke Schaumburg kommt in ihrem für den Landtag angefertigten Gutachten zu dem Ergebnis, dass die damaligen Vorstände und Verwaltungsräte für den Schaden haftbar gemacht werden können, der durch die missglückten Milliardenspekulationen der Landesbank auf dem US-Hypothekenmarkt entstanden ist.

Die Gesamtwürdigung der vorliegenden Informationen lasse den Schluss zu, dass die damaligen Vorstandsmitglieder "auf der Grundlage unangemessener Information und weit jenseits der Grenzen ihres unternehmerischen Ermessens gehandelt haben", heißt es in dem Gutachten. Dadurch hätten sie ihre Pflichten "in grober Weise schuldhaft verletzt".

Zudem habe der Vorstand damit gegen die BayernLB-Satzung verstoßen. Die Verwaltungsratsmitglieder wiederum hätten "auf der Grundlage völlig unzureichender Informationen" ihre Genehmigungen erteilt. "Es sprechen gute Gründe dafür, dass das Handeln der Verwaltungsratsmitglieder grob fahrlässig war." Unklar ist jedoch derzeit, wie hoch eventuelle Schadenersatzansprüche sein könnten.

"Ein Paukenschlag"

Brisant ist das Papier vor allem deshalb, weil die Verfasser damit exakt den gegenteiligen Schluss ziehen wie eine Kanzlei, die im Auftrag der BayernLB selbst ein eigenes Gutachten erstellt hatte. Die Wirtschaftskanzlei Hengeler Mueller hatte nämlich erklärt, die missglückten Milliardenspekulationen lieferten keinerlei Grundlage für irgendwelche Schadenersatzansprüche. Die Mitglieder von Vorstand und Verwaltungsrat hätten sich nicht haftbar gemacht.

Der politische Gegner fordert nun Konsequenzen. "Diese Ergebnisse sind ein Paukenschlag", sagte Inge Aures (SPD), die stellvertretende Vorsitzende der Landesbank-Kontrollkommission. Damit hätten sich die schlimmsten Vermutungen bestätigt: "Die CSU-Verwaltungsräte haben tatenlos zugesehen, wie die Landesbank bayerische Steuergelder auf dem US-Subprime-Markt verpulvert hat." Für Aures ist klar: Finanzminister Georg Fahrenschon muss schnell Schadenersatzansprüche gegen die Mitglieder des CSU-Verwaltungsrates und den Landesbank-Vorstand stellen.

Als "guten Tag für Bayern und schlechten Tag für die CSU" beurteilte der FW-Abgeordnete Bernhard Pohl den Freitag. Eine Klage sei unausweichlich, sonst gerieten die heute Verantwortlichen in den Verdacht der Untreue.

Schmid: "Kein Anlass für Schadenersatzforderungen"

Auch Ernst Weidenbusch (CSU), der Vorsitzende der Landesbank-Kontrollkommission, sieht nun Finanzminister Georg Fahrenschon am Zug. Das Gutachten werde unverzüglich dem Finanzministerium zur Verfügung gestellt, sagte er. Als Chef des Verwaltungsrates und der Generalversammlung der Landesbank könnte Fahrenschon eine Klage vorbereiten.

Diese Ansprüche würden neben früheren Bankmanagern um Ex-Vorstandschef Werner Schmidt auch aktive und ehemalige Spitzenpolitiker der CSU treffen - etwa Ex-Ministerpräsident Günther Beckstein, Ex-Parteichef Erwin Huber, den einstigen Finanzminister Kurt Faltlhauser und Georg Schmid, heute Fraktionschef der CSU im Landtag.

Sie alle haben dem Verwaltungsrat angehört, als das Aufsichtsgremium der Landesbank Milliardeninvestitionen in spekulative Finanzanlagen vor allem in den USA genehmigt hatte. Als diese Papiere dramatisch an Wert verloren, kam die BayernLB so sehr in Bedrängnis, dass sie vom Freistaat mit zehn Milliarden Euro gerettet werden musste.

Verklagt werden könnte die CSU-Prominenz nun von der Landesbank. Für die ist Finanzminister Georg Fahrenschon zuständig - und der ist nun, zusammen mit Regierungschef Horst Seehofer, in einer heiklen Lage: Klagt die BayernLB nicht, weil zwei andere von ihr bereits bestellte Gutachten eine Schadensersatzpflicht verneinen, dann kostet das die CSU erneut viel Kredit bei den Bürgern. Denn die müssen die Verluste der Staatsbank letztlich bezahlen. Klagt die BayernLB, dann könnte es zu einer Zerreißprobe innerhalb der CSU kommen. Politiker wie Beckstein und Huber genießen in der Partei nach wie vor viel Sympathie und hohes Ansehen.

Forderungen könnten Ende 2010 verjähren

Freiwillig zahlen wollen die CSU-Politiker auf keinen Fall. "Wir haben nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt", sagte Fraktionschef Schmid der Süddeutschen Zeitung. "Es gibt überhaupt keinen Anlass für Schadenersatzforderungen uns gegenueber." Beckstein, Huber und Faltlhauser haben früher bereits wiederholt betont, sie hätten sich nichts vorzuwerfen.

Entschieden werden muss jedenfalls schnell. Nach Darstellung der Landtags-Gutachter könnten die Schadenersatzforderungen bereits Ende 2010 verjähren. Daher sagte Franz Xaver Kirschner (FDP), Vorstand und Verwaltungsrat der BayernLB müssten "sofort alle notwendigen rechtlichen Schritte einleiten" um eine drohende Verjährung zu verhindern.

Nicht beleuchtet haben die Experten das Debakel der BayernLB bei der österreichischen Hypo Alpe Adria, dies hatte nicht zum Auftrag gehört. Die Landesbank hat bei der Hypo Alpe Adria 3,7 Milliarden Euro verloren. Hier droht der CSU-Prominenz und früheren Bank-Managern weiterer Ärger.

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