Bayern vs. Baden-Württemberg:Der Süden im Clinch - wer gewinnt?

Bayern und Baden-Württemberg wollen besser sein als andere Bundesländer. Wer im Wettstreit vorne liegt, ist schwer zu sagen. Ein Wettbewerb in elf Disziplinen - stimmen Sie mit ab!

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Daimler auf Wachstumskurs

Quelle: dapd

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Der Politische Aschermittwoch ist eines von vielen bayerischen Erfolgsprodukten, in alle Ecken Deutschlands haben ihn die Bayern exportiert, auch nach Baden-Württemberg. Die Südwest-CDU trifft sich seit einigen Jahren in einer alten Kelterei in der Nähe von Stuttgart, es gibt sogar Weißwürste dort. Die baden-württembergischen Weißwürste, behauptete bei dieser Gelegenheit unlängst Ministerpräsident Stefan Mappus, seien noch besser als die bayerischen. Die Wähler haben ihr Urteil über Mappus' Glaubwürdigkeit in kulinarischen und anderen Fragen mittlerweile gesprochen, der nachbarschaftliche Wettbewerb indes läuft erst so richtig an. Es geht allerdings nicht mehr um die Wurst. Es geht ums System, um Schwarz gegen Grün.

Ausgerufen hat die neue Runde der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer, der dem grün-roten Ländle die Freundschaft aufgekündigt hat. Die SZ hat die Konkurrenten deshalb einem Leistungstest unterzogen. Und Sie dürfen auch abstimmen.

Autos: Schneller auf der Südschiene

So gesehen ist sowieso alles Auto in Deutschland, jeder siebte Arbeitsplatz der Republik hängt bekanntlich an dieser Vorzeigebranche. Nochmal ein paar Umdrehungen schneller fährt es sich aber auf der Südschiene: In Bayern arbeiten 180.000 Menschen, in Baden-Württemberg sogar mehr als 240.000 an dem schönen Stück Alu oder Stahl, dem "heiligs Blechle", das vor allem von den Chinesen rasend gern gekauft wird. Die stehen nicht nur auf BMW und Audi, sondern genauso auf Daimler und Porsche. Zur Zeit jedenfalls. Andererseits muss sich auch ein Chinese im 125. Jahr des Automobils zwingend fragen: Wer hat's erfunden? Carl Benz. Und da wir schon beim Mercedes sind, spricht vielleicht irgendein Mensch vom BMW unter den Kaffeemaschinen oder vom Audi unter den Hi-Fi-Boxen? Eben. Ganz klare Pole Position für den Südwesten.

Dagmar Deckstein

Blick auf München, 2011

Quelle: Alessandra Schellnegger

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Hauptstädte

Stuttgart: Ein Viertele versüßt es

Gut, mit Programmkinos sieht es nicht so gut aus in Baden-Württembergs Landeshauptstadt. Doch kulturell spielt die Stadt dank des Stuttgarter Balletts seit genau fünf Jahrzehnten in der Weltspitze mit. Auch optisch hat Stuttgart einiges zu bieten, wenn man die Nachkriegsbauten ignoriert und beispielsweise vom Schlossplatz aus die Hügel hinauf blickt: Das Zentrum der Stadt mit ihren 575.208 Einwohnern liegt bekanntlich in einem Talkessel, was den Bewohnern nicht nur mehr als 400 "Stäffele", sondern auch eine Seil- und eine Zahnradbahn beschert hat. An den Hängen, durch die die alten Treppenanlagen führen, wächst noch heute dank eines besonders milden Klimas Wein.

Claudia Henzler

München: Kulisse ist alles

Mit Wein kann München (Foto) nicht dienen - aber ein wenig mehr Aussicht als auf den Talkessel rund um Stuttgart hat es schon. Überhaupt ist das Maß aller Dinge in München der Blick: auf die Alpen natürlich. Selbst wenn gerade nicht Föhn herrscht. Was wären Frauentürme und Olympiastadion, wenn dahinter nicht die Zugspitze aufragen würde? Und besser als ein Trollinger auf dem Stuttgarter Schlossplatz ist alleweil ein ordentliches Bier auf dem Viktualienmarkt. Oder im Augustiner. Oder im Hofbräukeller. Oder im Hirschgarten. Oder im Aumeister. Oder am Flaucher. Sonst noch Fragen zu den Vorzügen? Die besprechen wir dann auf der Kiesbank in der Isar.

Annette Ramelsberger

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Quelle: AP

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Wirtschaft: Schnell das Fabrikle rüberschaffe

Bekanntlich ist es das geistige Klima und die Arbeitsmentalität einer Gesellschaft, die für den wirtschaftlichen Erfolg entscheidend ist. Wo die Badener und insbesondere die Württemberger mit pietistischer Beharrlichkeit und Fleiß ans Werk gehen und mehr schaffen als schwätzen, ist der Bayer eher katholisch leger und strotzt vor "Mir-san-mir"-Kraftmeierei. Die Nachteile, die er sich damit einhandelt, scheinen vernachlässigenswert. Im Südwest-Südost-Vergleich stehen 277 gegen 211 Weltmarktführer, 14.813 gegen 12.969 Patentanmeldungen im vergangenen Jahr, aber dafür ein Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner von 33651 Euro in Baden-Württemberg gegen 35.337 Euro in Bayern. Wer also Seehofers Einladung annehmen und sein Fabrikle vor Grün-Rot retten will, kann das getrost tun und in Bayern ohne größere Gefahr weiterschaffen.

Dagmar Deckstein

Meisterfeier FC Bayern München

Quelle: dpa

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Sport: FC Bayern - dagegen geht halt gar nichts

Olympia in der Landeshauptstadt: "Stuttgart 2012", das war ein schwäbisches Sehnsuchtswort. Die Jugend der Welt sollte sich zum olympischen Wettstreit an den Gestaden des Neckar treffen, so wie 40 Jahre zuvor in - pfeilgrad! - München. Wenn man heute "Stuttgart 2012" googelt, dann findet man die Bach-Woche und "Holiday on Ice". Ja, Baden-Württemberg ist zweifelsfrei vorne mit dabei in vielen Disziplinen der vergleichenden Körperertüchtigung, es hat drei Fußball-Bundesligisten und damit einen mehr als Bayern. Aber Bayern hat (neben dem 1. FC Nürnberg übrigens) den FC Bayern, und wenn der seine 22 Meistertitel in so großen Buchstaben auf den Briefkopf drucken würde wie der VfB Stuttgart seine fünf - es brächen rosige Zeiten an für die Papierindustrie. Bayerischer Kantersieg.

Roman Deininger

Werbung für Baden-Württenberg, 2000

Quelle: AP

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Bayern vs. Baden-Württemberg:Baden-Württemberg

Marke: Lebte Schiller auf Neuschwanstein?

Das Dasein als Bayer bringt Privilegien mit sich und Pflichten. In einem besonderen Fall ist die Pflicht ein Privileg: Der Bayer ist der Botschafter Deutschlands in der Welt. Reist er nach Japan oder in die USA, muss er, um seiner holden Pflicht zu genügen, Unmengen Bier trinken, allzeit Lederhosen tragen und von seiner Kindheit auf Schloss Neuschwanstein erzählen. Bayern ist eine Marke, die deutsche Marke. Was dem Bayern an Renommee in die Wiege gelegt wird, muss sich der Baden-Württemberger von Werbeagenturen erst andichten lassen. Immerhin hat er gute Agenturen: "Wir können alles. Außer Hochdeutsch", einen hübscheren Länder-Slogan gibt es nicht. Schön auch: "Unser Beitrag zum Schiller-Jahr: Schiller." Aber ist dieser Schiller auf Schloss Neuschwanstein aufgewachsen? Na also.

Roman Deininger

Wurstsalat

Quelle: ddp

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Essen & Trinken: Pommes zu Wurstsalat? Nein!

Am Ende wird es noch mal hart für die Schwaben, und sollten sie sich mokieren darüber, dann sollen sie sich bei denen von drüben beschweren, bei ihren Zwangsverwandten, bei den Badenern. Also: Es geht ja viel. Angeblich soll es nicht mal unter Strafe stehen, einen Wurstsalat mit Brägele als Sättigungsbeilage zu vermanschen, Brägele sind Bratkartoffeln. Aber es hat eben alles eine Grenze, und die wird in Badens Biergärten überschritten. Dort stellen sie einen Wurstsalat von bayerischer Anmutung - fein mit Öl und Essig - samt einer Portion, Achtung jetzt, Pommes Frites auf den Tisch. Trollinger ist gut, alemannische Nudeln sind es ebenfalls. Die Vergewaltigung von Wurstsalat aber, das geht so nicht, da endet jede ernsthafte Debatte. Baden-Württemberg: kein Punkt.

Olaf Przybilla

Kehrwoche

Quelle: dpa

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Tradition: Kehrwochen-Spontis

Ulrich Kienzle heißt nicht nur wie ein Schwabe, er ist auch einer. Und zwar einer, der wunderbar cholerisch werden kann, auch ohne seinen verstorbenen Fernsehpartner Hauser. Ein Wort genügt: Kehrwoche. Kienzle regt sich so auf, weil es die angeblich nicht mehr gibt, aber eigentlich regt er sich natürlich auf, weil es die immer noch gibt, und wie. Das halbe Land kehrt, es sind mindestens so viele, wie gerade grün gewählt haben und vermutlich sind es sogar oft dieselben. Das eben ist das Gute am Ländle: Spießer und Spontis sind dort zum Gesamtkunstwerk Schwabe verschmolzen - und das ist deutlich überzeugender als die öde Verbrüderung von, ach je, Laptops und Lederhosen. Was aufgeklärten Konservativismus angeht - klarer Punkt fürs Kretschmann-Land.

Olaf Przybilla

Bilkay Öney wird Integrationsministerin in Stuttgart

Quelle: dpa

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Ausländer: Stuttgart integriert sogar Berliner

Baden-Württemberg ist ein Musterländle - und das gilt auch für die Integrationspolitik. Gerade ist die neue grün-rote Regierung dabei, ein Ministerium für Integration einzurichten. Leiten soll es die Berlinerin (!) Bilkay Öney (Foto). Auch bildet die Universität Tübingen vom Wintersemester 2011 an muslimische Geistliche aus. In Baden-Württemberg leben 2,7 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, jeder Vierte ist selbst zugewandert oder das Kind von Zugewanderten. In Bayern haben 2,4 Millionen Menschen einen Migrationshintergrund. Ein Migrationsministerium ist in München nicht in Sicht. Doch es gibt da eine Studie der Uni Bamberg - und nach der ist die Integration im Freistaat weit fortgeschritten. Fazit: Bayern liegt vorn, das Musterländle aber noch ein wenig vorner.

Dietrich Mittler

Kernkraftwerke Neckarwestheim und Philippsburg muessen vom Netz

Quelle: dapd

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Energie: Leichter aussteigen in Stuttgart

Je größer die Wirtschaftskraft, desto größer auch der Energiehunger. Kein Wunder also, dass die potente Südschiene unter Dauerstrom steht - was bisher hieß: unter Dauer-Atomstrom. Nicht von ungefähr stehen neun der insgesamt 17 deutschen Meiler im Süden, vier in Baden-Württemberg und gleich fünf in Bayern. Aber wie lange noch? Jetzt können die beiden Länder nicht schnell genug abschalten, Grün-Rot in Stuttgart und Schwarz-Gelb in München. Seehofer aber hat es mit dem klagefreudigen Energiekonzern RWE zu tun und muss auch mit Eon kämpfen. Pendant Winfried Kretschmann aber hat den neuerdings wieder Staatskonzern EnBW voll im Griff, die strahlende Hinterlassenschaft seines Vorgängers Mappus. Klarer Ausstiegsvorteil Baden-Württemberg.

Dagmar Deckstein

Fachwerkhaus-Fassaden in Nürnberg

Quelle: dpa

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Einheit: Gestückelt und verwurstelt

Am heftigsten leiden die Leute aus dem Odenwald, der Kabarettist Rolf Miller etwa. Er redet wie ein Kurpfälzer, stammt streng genommen aus dem nördlichen Baden, ist damit Staats-Baden-Württemberger, wird aber auch als Tauberfranke angesprochen, weil patriotisch gesinnte Franken die Gegend gerne territorial einverleiben - und muss sich also dauernd dagegen verwahren, ein Staatsbayer zu sein. Solch bedauernswerte Grenz-Existenzen zeigen vor allem eines: Was die Einheit, die nicht vorhandene, betrifft, geben sich die beiden Länder nichts. Die Franken (Foto: Fachwerkhäuser in Nürnberg) sind sozusagen die Badener Bayerns - die nur das Pech haben, nicht auch durch eine Spiegelstrich-Konstruktion im Ländernamen repräsentiert zu sein. Weniger Ärger haben die Schwaben mit ihren streitlustigen Badenern dadurch aber auch nicht. Unentschieden.

Olaf Przybilla

Kinderdienst: Wofuer ist die Null gut?

Quelle: dapd

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Schule: Abschauen beim Nachbarn

Zwar liegt Bayern bei Tests, in denen Leistungen von Schülern verglichen werden, stets vor dem Nachbarland. Trotzdem ist Baden-Württemberg der heimliche Primus. Angesichts der bröckelnden Südschiene gibt der bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle wehmütig zu, dass der Nachbar im Bildungsbereich stets auch Vorbild gewesen sei. So hat Baden-Württemberg bislang ebenfalls eisern am dreigliedrigen Schulsystem festgehalten. Trotzdem gibt es dort mehr Abiturienten, weil das Land schon seit langem berufliche Gymnasien hat, auf die Realschüler problemlos wechseln können. Auch über die Einführung des achtstufigen Gymnasiums hat man beim Nachbarn viel früher nachgedacht. Man könnte sogar sagen, Bayern hat das G8 nur deshalb so überstürzt eingeführt, um wieder einmal schneller zu sein.

Tina Baier

© SZ vom 04.05.2011/tob
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