Bayern SPD:Warum kein Franke den SPD-Vorsitz will

Vorstellungskonferenz der SPD Bayern

Wer führt künftig die Bayern SPD? Sechs Kandidaten stellen sich an diesem Wochenende vor.

(Foto: dpa)
  • An diesem Samstag stellen sich in Nürnberg erstmals die sechs Kandidaten für den SPD-Vorsitz in Bayern vor.
  • Fünf von ihnen sind Oberbayern, alle sechs stammen aus Altbayern, aber niemand aus Franken.
  • Selbst innerhalb der Partei sind manche der Kandidaten noch Unbekannte.

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Zwischen 1977 und 2003 gab es insgesamt vier Vorsitzende der Bayern-SPD, drei davon stammten aus Franken: Helmut Rothemund, Renate Schmidt und Wolfgang Hoderlein. Für Holderlein, den letzten bayerischen SPD-Vorsitzenden aus Franken, war das nichts Besonderes, es war gewissermaßen der Normalzustand seiner Partei. "Wenn Sie die SPD-Zweitstimmen bei Bundestagswahlen zusammenzählen, werden Sie feststellen, dass überproportional viele aus Franken stammen", sagt er.

Hoderlein beschreibt sich selbst als jemanden, den man drei Stunden nach Mitternacht aufwecken kann, gerne auch nach einem Starkbieranstich, der solche Zahlen aber auch dann noch auswendig herbeten könnte. Franken-Tümelei? Damit habe er überhaupt nichts am Hut, sagt er, "das sind einfach die Fakten." Und nun? An diesem Samstag stellen sich in Nürnberg erstmals die sechs Kandidaten für den SPD-Vorsitz in Bayern vor. Fünf von ihnen sind Oberbayern, alle sechs stammen aus Altbayern.

Aus Franken, der traditionellen Herzkammer der Bayern-SPD, ist keiner der Kandidaten. "Mehr als bedenklich", findet das Hoderlein, "und einfach nur traurig." Denn wenn es einen Weg gäbe aus der SPD-Diaspora in Bayern, dann könne der nur so aussehen: "Wir müssen erfolgreiche Kommunalpolitiker an die Spitze der Partei stellen." Nur die könnten "den Mangel des Nie-regiert-Habens wegblasen", und das schon deshalb, weil sie täglich regierten.

Und nur sie wären nicht mit dem "Makel des reinen Gremien-Sozialdemokraten" behaftet, des graugesichtigen Partei-Apparatschiks also, der zwar für kluges Reden stehe, nicht aber für klares Handeln. Idealerweise, findet Hoderlein, sollte so jemand aus Zentralfranken stammen: Weil dort zum einen viele Stammwähler wohnen und zum anderen die Auswahl an profilierten SPD-Rathauschefs komfortabel ist: Nürnberg, Fürth, Erlangen, Bamberg - alles von Sozialdemokraten regiert.

So weit die Theorie. In der Praxis treten am Samstag aber nicht nur keine fränkischen Oberbürgermeister an, sondern überhaupt keine Franken. Thomas Jung, dem Fürther OB, ist das erst auf den zweiten Blick aufgefallen. Dann aber hat er sich doch Gedanken gemacht, wie so was sein kann, und ist zu einem recht eingängigen Ergebnis gekommen: "In Franken fehlt's an Wichtigtuern, die sich ohne Chance oder erkennbaren Leistungshintergrund vorschlagen lassen." Von den nun antretenden Kandidaten, sagt Jung, kenne er als immerhin routinierter bayerischer Sozialdemokrat nur die Hälfte - wenn überhaupt. Weil aber Franken mentalitätsmäßig eher nicht zum Größenwahn neigten, komme für sie offenbar eine No-Name-Kandidatur kaum in Frage.

Die Rathauschefs in Zentralfranken wünschten sich Kohnen als Parteichefin

Und die fränkischen Rathauschefs? Die sähen, sagt Jung, "gar keine Veranlassung zu kandidieren". Er habe mit sehr vielen Parteioberen aus Mittelfranken und Teilen Oberfrankens gesprochen, erklärt er. "Ich habe keinen einzigen getroffen, der Natascha Kohnen nicht für die geeignete Kandidatin hält." Das könnte man für eine etwas plumpe Parteinahme für die einzige Frau unter den sechs Kandidaten halten, entspricht aber einer Aussage, die Jungs Bamberger OB-Kollege Andreas Starke gleich nach dem Rückzug Florian Pronolds zu Protokoll gegeben hatte: Die Rathauschefs in Zentralfranken wünschten sich Kohnen als Parteichefin. Insofern auch keiner aus der OB-Riege eine eigene Kandidatur in Erwägung ziehe.

So klar will sich Renate Schmidt, Chefin der Bayern-SPD von 1991 bis 2000, nicht festlegen. Und das schon deshalb, weil sie nicht alle männlichen Kandidaten - Florian von Brunn, Klaus Barthel, Gregor Tschung, Markus Käser, Uli Aschenbrenner - kenne. Ihr Mann, sagt Schmidt, soll aber am Samstag in Nürnberg die Lage sondieren und ihr berichten, wer sich am Besten geschlagen hat.

"Franken vorne dran" fände Schmidt grundsätzlich auch gut, gibt aber zu bedenken, dass "SPD-Vorsitzender im Flächenland Bayern ein Knochenjob ist". Einerseits ein Ehrenamt, das man ohne eigenes Mandat schwer bewerkstelligen könne. Andererseits so zeitaufwendig, dass man das kaum nebenher in den Griff bekomme bei bereits vorhandener großer Inanspruchnahme. Insofern die Rathauschefs gute Gründe hätten, nicht anzutreten.

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