Bayern-Hymne auf 8206 Metern:"Reinblasen wie ein Stier"

Auf 8201 Metern hat Johann Schmuck die Bayern-Hymne hinausposaunt. Der Lohn für seine musikalische Leistung: ein Kasten Bier und ein Abendessen. Ein Gespräch über dünne Luft, lebensgefährliche Abenteuer und die magische Kraft von Buttermilch.

Von Heiner Effern

Johann Schmuck, 37, aus Grassau, stand am 2. Oktober auf dem Gipfel des Cho Oyu im Himalaja. Als Berufsmusiker hatte er auch ein Instrument dabei: seine Posaune. "Gott mit dir, du Land der Bayern" spielte er auf 8201 Metern. Der Lohn für seine musikalische Leistung: ein Kasten Bier und ein Abendessen. Ein Gespräch über dünne Luft, lebensgefährliche Abenteuer und die magische Kraft von Buttermilch.

SZ: Naheliegender Gedanke, auf einen 8000er eine Posaune raufzuschleppen.

Johann Schmuck: Mein bester Freund, der auch Musiker ist, hat gesagt: Schmuckei, jetzt rennst du auf'n Berg, dabei kannst du von da oben nicht einmal eine Weis' runterspielen. Da oben geht nix. Das werden wir schon sehen, hab ich gesagt. Da war die Wette ausgemacht: um einen Kasten Bier und ein Abendessen.

Bei einer 8000er-Besteigung zählt jedes Gramm im Gepäck.

Die Höhenbergsteiger feilen sich sogar die Zahnbürste ab, damit sie weniger Gewicht haben. Ich habe deshalb eine Plastik-Posaune dabeigehabt. Die ist genauso gestimmt wie ein normale, wiegt mit Verpackung aber nur ein Kilo.

Haben die anderen Bergsteiger im Basislager Sie für verrückt erklärt?

Das hat eigentlich eher einen positiven Effekt gehabt: Einige haben gesagt, sie legen auch noch einen Kasten Bier als Einsatz drauf, weil ich das nie schaffe. Und natürlich habe ich mich mit den Sherpas vorher unterhalten, weil für die der Berg ja heilig ist. Für die war das in Ordnung, wenn ich da oben rumtröte.

Sie haben es geschafft und als Beweis sogar ein Video gedreht.

Das war schon ein Rantasten. Ich habe im Basislager auf 5800 Metern zum Üben angefangen, da habe ich keinen Ton gscheid rausgebracht. Grauenhaft. Ich habe mich verzogen zum Üben, weil es so peinlich war. Es hat aber immer besser geklappt.

Braucht man auf 8200 Metern eine eigene Technik zum Spielen?

Du musst reinblasen wie ein Stier, wenn so wenig Material in der Luft ist. Deshalb sitze ich beim Spielen, im Stehen hätte ich es nicht gepackt.

Ihr Sherpa kaut im Video unbeteiligt auf irgendwelchen Kernen herum, während Sie keuchend den Refrain wiederholen.

Er wirkt extrem uninteressiert an dem Ganzen. Schaut bizarr aus. Unten hat er aber immer ziemlich gelacht, wenn ich geübt habe. Man muss aber schon sagen: Auf 8200 Metern, da ist halt jeder am Limit.

Sie wirken aber nicht so, Sie kündigen im Video Ihr Stück sogar an.

Aber beim Raufgehen habe ich richtige Halluzinationen gehabt. Ich habe Berghütten gesehen und die fixe Idee gehabt, dass ich mir eine Buttermilch kauf, wenn ich am Gipfel bin. Weil ich mir die jetzt wirklich verdient habe.

Sie mussten sich stattdessen mit heißem Tee begnügen?

Ja. Ich habe sogar einen Schluck übrig gehabt, den ich dann in den Zug von der Posaune schütten konnte. Der war nämlich total eingeeist. Wir hatten gefühlte minus 20 bis 30 Grad.

Trotzdem ist die Posaune nicht an Ihren Lippen festgefroren?

Die hat auch ein Plastik-Mundstück, sonst hätte ich nicht spielen können. Kennen Sie das vom Skifahren früher als Kind? Wenn man mit der Zunge an den kalten Sessellift hingeleckt hat, ist man hängen geblieben. So wäre es mir mit einem Metall-Mundstück gegangen.

Die Bayern-Hymne wäre aber trotzdem fast Ihr letztes Musikstück geworden.

Beim Abstieg haben wir extrem viel Wind gehabt und auch Neuschnee. Alle zehn Finger hat es mir gscheid erfroren, drei waren sogar richtig schwarz. Aber das regeneriert sich alles wieder. Als Posaunist ist natürlich der Vorteil, dass man die Fingerspitzen gar nicht braucht. Eine Woche nach der Rückkehr habe ich mit verbundener Hand schon wieder ein Konzert gespielt.

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