Bayerisches Kabinett:Wohltäter auf Landpartie

Bayerisches Kabinett tagt im Kloster Aldersbach

Mit Horst Seehofer und seinen Ministern kehrte der Winter in das niederbayerische Kloster Aldersbach zurück. Gut, dass es Schirme gibt.

(Foto: Armin Weigel/dpa)

Ministerpräsident Horst Seehofer und seine Minister haben ihre Kabinettssitzung ins ostbayerische Aldersbach verlegt. Bierseligkeit kommt aber nicht auf, viele Wünsche sind noch offen.

Von Wolfgang Wittl, Aldersbach

Das Kultur- und Begegnungszentrum in Aldersbach hat so gar nichts vom üblichen Kabinettssaal. Statt einer modernen Glaskuppel prägen rustikale Holzbalken das Dach, an den Wänden hängen keine modernen Bilder, sondern Fotos von den benachbarten Kirchtürmen in Gainstorf, Walchsing oder Uttigkofen.

Wer es böse meint mit Bayerns Ministern und Staatssekretären, könnte nun spotten, sie betrieben Kirchturmpolitik. Doch genau das Gegenteil ist der Fall, sie wollen über den Münchner Tellerrand hinausblicken. "Es gibt in der Politik keinen Ersatz für Praxis", sagt Ministerpräsident Horst Seehofer. Deshalb geht er mit seinem Kabinett wieder auf große Bayern-Tour.

Wie das aussieht, wenn die Staatsregierung zu Besuch kommt, zeigt sich schon auf dem Weg zum Zielort: Feuerwehrleute mit Kelle und Signalweste weisen von weitem die Richtung.

Auf dem Gelände des ehemaligen Aldersbacher Klosters harren dann zehn junge Musiker in Lederhose, Dirndl und mit dem schönen Kapellen-Namen "Krach & Fürchterlich" aus, um dem Ministerpräsidenten im Schneetreiben den Defiliermarsch blasen zu dürfen. Auch vier Laiendarsteller vom Festspielverein sind gekommen, im September werden sie das Schauspiel "Bierocco" aufführen.

Litanei von Straßenbauwünschen und weiteren Infrastrukturprojekten

Ums Bier dreht sich derzeit nämlich alles in Aldersbach, Ende April wird hier zum 500-jährigen Bestehen des Reinheitsgebots die nächste Landesausstellung eröffnet. Etwa 30 Millionen Euro hat der Freistaat in die Renovierung der ehemaligen Klosteranlage samt wunderschöner Marienkirche investiert - nicht wenig für einen 4500-Einwohner-Ort mit einem Haushaltsvolumen von 20 Millionen Euro.

Bürgermeister Harald Mayrhofer (CSU) weiß daher auch, wem er artig zu danken hat für die "großartige Unterstützung". Ministerpräsident Horst Seehofer revanchiert sich verbal mit einem "großartigen Akt der Mitmenschlichkeit", den die Menschen im Landkreis Passau in den vergangenen Monaten bei der Aufnahme Tausender Flüchtlinge geleistet hätten.

Dank und Lob sind traditionell feste Bestandteile so eines ländlichen Kabinettsbesuchs. Der Passauer Landrat Franz Meyer (CSU), der als früherer Finanzstaatssekretär mit den Gepflogenheiten bestens vertraut ist, versteht dieses Mittel listig einzusetzen.

Seine Hymne an Seehofer garniert er gleich mal mit einer Litanei von Straßenbauwünschen und weiteren Infrastrukturprojekten. Die Anfahrt hierher reiche bereits, um die Notwendigkeit der Begehrlichkeiten zu unterstreichen, antwortet der Ministerpräsident höflich.

Ein E-Dorf im Bayerischen Wald

Und so darf Ostbayern demnächst mit einigen Wohltaten rechnen, die Seehofer zusammen mit den niederbayerischen Kabinettsmitgliedern Helmut Brunner und Bernd Sibler verkündet: Die Verzahnung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft an den ohnehin boomenden niederbayerischen Hochschulstandorten soll weiter gestärkt werden.

Im Bayerischen Wald soll ein sogenanntes E-Dorf entstehen, ein digitales Modellprojekt speziell für den ländlichen Raum, an dem sich sechs Ministerien beteiligen werden. Auch ein niederbayerischer Ausbildungsstandort für Polizisten wird im Kabinett diskutiert.

Obwohl die Entscheidung noch offen ist, liegen bereits Bewerbungen von fünf Kommunen vor. Der Stellenabbau bei Siemens im nahe gelegenen Ruhstorf kommt ebenfalls zur Sprache. Seehofer verspricht Unterstützung, ohne sich zu weit aus dem Fenster zu lehnen (siehe Kabinett im Kriseneinsatz).

Schon in der vergangenen Amtszeit tingelte der Ministerpräsident mit seinem Kabinett durchs Land, in dieser Legislatur ist es der erste Ausflug dieser Art. Das entspreche seinem Verständnis von bürgernaher Politik, sagt Seehofer, die er auch in der CSU weiter vorantreiben will.

Sechs oder sieben Treffen mit Orts- und Kreisvorsitzenden will Seehofer nach Ostern abhalten, um unmittelbare Eindrücke zu bekommen. Um gleichwertige Lebensbedingungen in Bayern herzustellen, wolle er sich regelmäßig ein Bild vor Ort machen, sagt der Ministerpräsident am Dienstag. Im kommenden Monat ist das oberbayerische Traunstein an der Reihe.

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