Bayerisches Kabinett:Wer kommt, wer geht, wer bleibt?

Muenchen 53 Schwabinger Fischessen im Hofbraeuhaus Festsaal mit Dr Markus Soeder mit 800 Besucher

Die Wahl einer sehr ähnlichen Trachtenjacke bedeutet nicht automatisch, dass Markus Söder (links) seinen Freund Ludwig Spaenle auch in seinem Kabinett haben will.

(Foto: Imago)
  • Bayerns neuer Ministerpräsident Markus Söder plant offenbar eine größere Neuaufstellung des Ministerrats, als er dies zunächst erwogen hatte.
  • Wen er berufen oder abberufen wird, ist nicht bekannt. Söder will erst an diesem Dienstagabend das Gespräch mit den Betroffenen suchen.
  • Am Mittwoch soll das Kabinett vereidigt werden, die erste Sitzung soll am Freitag stattfinden.

Von Lisa Schnell und Wolfgang Wittl

Wer dieser Tage einen Eindruck vom Zuschnitt des künftigen bayerischen Kabinetts bekommen will, sollte gut zuhören, wenn Geschichten aus der Vergangenheit erzählt werden. Im Umfeld des neuen Ministerpräsidenten Markus Söder wird jedenfalls auffällig häufig Edmund Stoiber zitiert, der wiederum auffällig energisch an seine eigene erste Regierungsbildung erinnern soll. Stoiber rufe Gesprächspartnern dann in Erinnerung, wie er 1993 - gleichsam als erste Amtshandlung - zwei Schwergewichte aussortiert habe: Gustl Lang, den früheren CSU-Landtagsfraktionschef, Justiz-, Innen- und zuletzt Wirtschaftsminister, sowie Mathilde Berghofer-Weichner, immerhin Stellvertreterin von Stoibers Vorgänger Max Streibl.

Wer Söders Nähe zu Stoiber kennt und nicht an den Zufall vom Bekanntwerden solcher Anekdoten glaubt, kann daraus einiges ableiten. Söder plant demnach eine größere Neuaufstellung des Ministerrats, als er dies zunächst erwogen hatte. Ratgeber wie Stoiber hätten ihm empfohlen, ein "Zukunftskabinett" zu bilden, das für den Aufbruch mit dem neuen Ministerpräsidenten stehe. Auch andere erfahrene CSU-Köpfe sind der Ansicht, dass sich der Neubeginn vor der Landtagswahl in neuen Gesichtern spiegeln müsse. Aus seinem Umfeld heißt es, Söder setze zu einem größeren Wurf an. Doch wie groß genau und mit wem, darüber kann nur spekuliert werden. Alle Namen, die derzeit kursieren, stammen nicht aus Söders Mund.

Am Mittwoch soll das neue Kabinett im Landtag vereidigt werden, nur zwei Tage später will Söder seine Minister und Staatssekretäre zur ersten Sitzung in die Staatskanzlei bitten. An diesem Dienstagabend will Söder die Gespräche mit den Beteiligten eröffnen, sie sollen sich bis in den Mittwoch hinein fortsetzen. Auch diejenigen, die aus dem Kabinett ausscheiden, werden dann informiert. Zu diesem Kreis dürften langjährige Minister wie Emilia Müller (Soziales) und Helmut Brunner (Landwirtschaft) zählen: Beide haben erklärt, im Herbst nicht mehr anzutreten - schwer vorstellbar, dass sie Teil eines Zukunftskabinetts sein sollen. Auch Söders Posten als Heimat- und Finanzminister wird frei. Als Wackelkandidaten gelten in der CSU Europaministerin Beate Merk, Sozialstaatssekretär Johannes Hintersberger und Wirtschaftsstaatssekretär Franz Josef Pschierer - alle sind jenseits der sechzig, alle drei kommen aus Schwaben. Andererseits zweifeln manche, ob Söder derart massiv ins Gefüge eines Bezirkes eingreifen will.

Gleichwohl wird Söder weniger auf den Regionalproporz achten, als das in der CSU lange üblich war. "Kompetenz und Mannschaftsgeist" seien die Kriterien, auf die es ankomme, sagt er. Böse Stimmen behaupten, dann könnte es für Bildungsminister Ludwig Spaenle eng werden. Am Nockherberg wurde er als "sachgrundloser Minister" verspottet, ein grober Scherz, den Parteifreunde mit Schenkelklopfen quittierten. Spaenle könnte der große Name sein, an dem Söder seine Entschlossenheit demonstriere, sagen Abgeordnete. In der Fraktion würde sich kaum Widerspruch regen, und auch im CSU-Bezirk München, den Spaenle anführt, würde wohl keine Revolution ausbrechen, sollte sein Stellvertreter und bisheriger Staatssekretär Georg Eisenreich gleichzeitig aufsteigen (etwa in die Staatskanzlei). Das Signal wäre umso stärker, da Söder und Spaenle befreundet sind. Die Botschaft: Nicht auf Kumpanei, sondern auf Leistung komme es an.

Doch sind dies vor allem die Gedanken von Spaenle-Gegnern. Wahrscheinlicher ist, dass Söder das Bildungsministerium wieder in zwei eigenständige Häuser teilt (Wissenschaft und Kultus) - eines könnte Spaenle behalten, das andere sein bisheriger Staatssekretär Bernd Sibler übernehmen, der niederbayerische CSU-Listenführer. Auch der Unterfranke Oliver Jörg gilt als qualifiziert. Weitere Änderungen im Zuschnitt der Ressorts sind denkbar, so könnten Bau und Verkehr mit Heimat zu einem Haus für Strukturpolitik verschmolzen werden. Auch der Bereich Integration und Migration könnte aufgewertet werden.

Und das Personal? An Kandidaten, die sich für kabinettstauglich halten, hat es in der CSU nie gemangelt. Aus ihrer Sicht macht es auch nichts, dass die eigene Wahrnehmung nicht mit der des Ministerpräsidenten übereinstimmen muss. In zwei Reihen drängten CSU-Abgeordnete nach Söders Wahl zum neuen starken Mann, Umarmungen und Küsschen sollten helfen, sich in Erinnerung zu bringen. Für Söder hingegen zählt allein die Frage: Welche Aufstellung verspricht den größten Erfolg für die Wahl? Damit lässt sich jede Personalentscheidung begründen, daran wird Söder aber auch gemessen werden.

Ankommen wird es besonders auf Oberbayern. "Wir werden alles tun, dass wir ein gutes Ergebnis einfahren", versprach die CSU-Bezirksvorsitzende Ilse Aigner nach Söders Wahl. Damit das gelingt, will Aigner ihren Bezirk nach dem Rücktritt von Seehofer angemessen entschädigt wissen. Die Wirtschaftsministerin konkurriert mit dem Oberpfälzer Albert Füracker um den Chefposten im Finanzministerium, die Integrationsbeauftragte Kerstin Schreyer gilt als Anwärterin für das Sozialministerium. Auch der Freisinger Florian Herrmann könnte aufsteigen. Umweltministerin Ulrike Scharf dürfte Ministerin bleiben, aber eventuell das Ressort wechseln.

Fest steht: Söder entscheidet alleine, die Vergangenheit liegt mitunter weit zurück. Als Mathilde Berghofer-Weichner gehen musste, gab es keine einzige Ministerin mehr - sogar in Bayern heute undenkbar.

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