Bayerischer Wald:Kitsch, Krimskrams und Konsumgüter

Der Bayerwald gilt als letzte Bastion eines urigen Bajuwarentums. Der Fotograf Herbert Pöhnl hinterfragt diese Heimat-Klischees in seinem neuen Bildband. Die Schwarz-Weiß-Bilder zeigen, wie Globalisierung und Tradition in Ostbayern aufeinanderprallen.

Von Hans Kratzer

7 Bilder

Die zwei Seiten der Heimat zeigen diese Verkehrsspiegel.

Quelle: "hinterbayern_inside" Lichtung Verlag (oh)

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Der Bayerwald gilt als letzte Bastion eines urigen Bajuwarentums. Der Fotograf Herbert Pöhnl hinterfragt diese Heimat-Klischees in seinem neuen Bildband. Die Schwarz-Weiß-Bilder zeigen, wie Globalisierung und Tradition in Ostbayern aufeinanderprallen.

Hinterbayern nennt Herbert Pöhnl die Region, die er in seinem Bildband porträtiert. Im Spannungsfeld zwischen Moderne und Tradition suchen die Bewohner nach Identität. Pöhnl seziert diese Melange aus Tristesse, Verfall und moderner Konsumwelt mit scharfem Blick. Die zwei Seiten der Heimat zeigen sinnbildlich auch diese Verkehrsspiegel.

Der Friedhof liegt gleich neben dem modernen Supermarkt.

Quelle: "hinterbayern_inside" Lichtung Verlag (oh)

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Pöhnl dokumentiert das oft aberwitzige Gesicht von Hinterbayern am liebsten mit einem Augenzwinkern. Etwa die Supermarkt-Fassade, die der Fotograf beim Blick über den Friedhof eingefangen hat. Vorne die kalten, polierten Grabsteine, Zeugnis einer verödeten Friedhofskultur. Dahinter die bunten Lettern des Discounters, der für jenen Einheitskonsum steht, der auch die Friedhöfe erfasst hat.

Ein Katze schleicht hinter einem Vorfahrt-geändert-Schild vorbei.

Quelle: "hinterbayern_inside" Lichtung Verlag (oh)

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Mit seinen Bildern hinterfragt Pöhnl die klischeehafte Vermarktung von Heimat und die Auwirkungen auf das Landleben. Seine Bilder sind ein stiller Protest: Die schwarze Katze widersetzt sich den geänderten Vorfahrtsregeln und schleicht unbeeindruckt über die verlassene Dorfstraße.

Madonna neben PC-Zubehör zeigt die Diskrepanz zwischen Tradition und Moderne.

Quelle: "hinterbayern_inside" Lichtung Verlag (oh)

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Viele Impressionen aus dem Bildband wirken wie banale Alltäglichkeiten. Auf den zweiten Blick erweisen sie sich als Spiegelbilder einer Heimat, die reichlich garniert ist mit Kitsch, Krimskrams und den Konsumgütern einer modernen Gesellschaft. Neben der Schutzmadonna an der Außenmauer, stapelt sich im Haus Computerzubehör.

Verlassen steht das Milchwagerl an der Straßenkreuzung.

Quelle: "hinterbayern_inside" Lichtung Verlag (oh)

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Der 1948 in Furth im Wald geborene Kabarettist und Fotograf dokumentiert, wie sich die Landschaften und Menschen verändern und welche Kulturbrüche damit in der von ihm so bezeichneten Region Hinterbayern einhergehen. Ein treffendes Bild für die erzwungene Koexistenz von Tradition und Moderne ist dieses Milchwagerl. Einsam steht es auf einer Landstraße vor einem Gewerbegebiet. Es ist ein Relikt bäuerlichen Wirtschaftens in einer sich rasant verändernden Welt.

Lüftl-Malerei an der Fassade eines Wohnblocks

Quelle: "hinterbayern_inside" Lichtung Verlag (oh)

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Herbert Pöhnl sagt, er zeige die Dinge, wie sie sind. Auf seinen Bildern kommen sie oft irritierend marktschreierisch und spinnert daher. Nicht jedem erschließt sich wohl die Absurdität einer Lüftl-Malerei mit idyllischer Gebirgslandschaft auf der Fassade eines Wohnblocks.

Altes Bayerwaldhaus steht vor dem Zerfall.

Quelle: "hinterbayern_inside" Lichtung Verlag (oh)

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Der Fotograf will eine Gesellschaft zeigen, die am Widerspruch von Tradition und Moderne zu zerreißen droht. Sinnbildhaft zeigen das auch die Bilder von verfallenen Bayerwaldhäusern, die mit der Beschleunigung des modernen Lebens nicht mithalten konnten.

Herbert Pöhnl: hinterbayern_inside, Lichtung Verlag 2014, mit 96 Schwarz-Weiß-Fotografien, 120 Seiten, 24,80 Euro

© Herbert Pöhnl/Lichtung Verlag/oh
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