Bayerischer Landtag:Die verlorene Unschuld der Freien Wähler

Plenarsitzung im bayerischen Landtag

Ein Blick in das Plenum des bayerischen Landtags.

(Foto: Andreas Gebert/dpa)

Der Staatsanwalt ermittelt gegen zwei Abgeordnete der Partei. Das ist peinlich für eine Fraktion der Saubermänner.

Kommentar von Sebastian Beck

Zwei von 19 Landtagsabgeordneten der Freien Wähler haben derzeit Ermittlungsverfahren am Hals. Für eine Partei, die einst gegen die verderbte CSU ins Feld zog, ist das ein bisschen viel auf einmal. Der notorische Verkehrssünder Bernhard Pohl wurde im Juli mit 1,29 Promille am Steuer erwischt; Günther Felbinger hat mit seltsamen Finanzkonstruktionen 60 000 Euro aus seiner Mitarbeiterpauschale zweckentfremdet. Letzteres ist schon deshalb dämlich, weil Felbinger durch die Verwandtenaffäre hätte gewarnt sein müssen.

Nun gut, im Vergleich zu Verfehlungen von CSU-Politikern nimmt sich das noch harmlos aus: CSU-Generalsekretär Otto Wiesheu verursachte 1983 mit 1,75 Promille einen Unfall, bei dem ein Mensch starb. Dennoch stieg er später zum geachteten Wirtschaftsminister auf, an dem noch heute all seine Nachfolger gemessen werden. Der frühere CSU-Fraktionschef Georg Schmid wurde im März 2015 zu 16 Monaten auf Bewährung und 120 000 Euro Geldstrafe verurteilt, weil er seine Frau als Scheinselbständige beschäftigte - 22 Jahre lang und auf Staatskosten.

Der Ansehensverlust kann auch auf die Kommunen zurückfallen

Abgeordnete sind genauso fehlbar wie die Menschen, von denen sie gewählt wurden. Tricksereien bei der Steuererklärung und Alkoholfahrten zählen zu den Alltagsdelikten. Trotzdem darf man von Politikern erwarten, dass sie sich an die Regeln halten, die sie selbst erlassen. Das Strafgesetzbuch schreibt deshalb vor, dass Abgeordnete ihr Mandat verlieren, wenn sie wegen eines Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt werden. Pohl und Felbinger werden freilich keine Verbrechen zur Last gelegt, selbst im Falle eines Schuldspruchs könnten sie deshalb bis 2018 Mitglieder Landtags bleiben, sofern sie nicht freiwillig auf ihre Mandate verzichten. Politisch sind die beiden jetzt schon erledigt, auch wenn sie als fähige Köpfe gelten.

Die Freien Wähler haben zumindest moralisch ihre Unschuld eingebüßt. Das wird Folgen für sie haben: 2008 zogen die Freien Wähler erstmals ins Parlament ein - dank ihrer Stärke in den Kommunen. Jetzt müssen die Freien Wähler draußen auf dem Land befürchten, dass der Ansehensverlust ihrer Landtagsfraktion auf sie zurückfällt.

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