Bayerische Staatsregierung:"Söder hat einfach Platz gebraucht"

Der neue bayrische CSU-Ministerpräsident Markus Söder am 21. März 2018 bei der Vereidigung des Kabinetts.

Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern, hat das Kabinett umgebaut.

(Foto: picture alliance / Peter Kneffel)

Bayerns neuer Ministerpräsident hat sein Kabinett radikal umgebaut - auch auf Kosten langjähriger Weggefährten. Immerhin: Die Staatsregierung wird ein bisschen jünger.

Von Ingrid Fuchs und Lisa Schnell

Zimperlich war Markus Söder noch nie. Nicht gegenüber der Opposition, nicht gegenüber Parteifeinden - und nicht gegenüber Freunden. Das hat Ludwig Spaenle nun schmerzlich zu spüren bekommen. Bayerns eben erst gekürter Ministerpräsident hat sein Kabinett vorgestellt, es gibt viele neue Minister, einige überraschende Namen und drei Rauswürfe. Für Spaenle, bisher Superminister für Bildung und Wissenschaft, Umweltministerin Ulrike Scharf und Europaministerin Beate Merk ist kein Platz mehr.

Als Spaenle am Mittwochvormittag im Landtag eintrifft, ist noch fast niemand da von der CSU-Fraktion. Um 12 Uhr will Söder den Abgeordneten seiner Partei mitteilen, wer in den nächsten sieben Monaten mitregieren soll. Bis 11 Uhr ist nichts an die Öffentlichkeit gedrungen, seit Söder am Vortag angefangen hat, mit seinen Wunschkandidaten Gespräche zu führen. Dass er als bisheriger Superminister nicht mehr dabei sein wird, weiß Spaenle da aber schon. Die Augen unter der Brille sind kleiner als sonst und fast so rot wie sein Schal. Wie er sich fühlt nach seinem Rauswurf? "Ich wünsche dem Ministerpräsidenten alles Gute und gute Freunde". Es ist der eine Satz, den er stetig wiederholt. Das Wort Freunde spuckt Spaenle fast aus und verschwindet dann schnell.

Erst kurz vor Beginn der Fraktionssitzung, als all die Gewinner in Festtagsdirndl und mit strahlenden Gesichtern an den Journalisten vorbei eingelaufen sind, taucht Spaenle wieder auf. Ob er enttäuscht ist? "Nö", sagt er, dreht sich schnell um und verschwindet. Es glaubt ihm wohl niemand, schließlich war der 56-Jährige seit 2008 Mitglied der Staatsregierung und dort klar dem Söder-Lager zuzuordnen.

Warum er Spaenle und die beiden Ministerinnen rausgeworfen hat, erfährt man von Söder nicht. Er sagt aber, was er sich bei der Bildung des neuen Kabinetts vorgenommen hat: Jünger und weiblicher soll es sein, neue Schwerpunkte will er setzen. 17 Mitglieder zählt sein Kabinett inklusive der Staatssekretäre, immerhin sieben sind jünger als 50 Jahre. Sechs Mitglieder sind Frauen - nur eine mehr als bislang: Ilse Aigner (Wohnen, Bau, Verkehr) und Melanie Huml (Gesundheit) bleiben im Kabinett, Kerstin Schreyer (Soziales), Michaela Kaniber (Landwirtschaft), Marion Kiechle (Wissenschaft) und Carolina Trautner (Bildungsstaatssekretärin) sind neu. Der bisherige Agrarminister Helmut Brunner und Sozialministerin Emilia Müller gehören dem Kabinett nicht mehr an - die beiden hatten aber ohnehin für Herbst ihren Abschied aus dem Landtag angekündigt.

Am überraschendsten ist die Ernennung von Kiechle. Die 57-Jährige ist Direktorin der Frauenklinik im Rechts der Isar, Gynäkologieprofessorin, Autorin diverser Bücher - und Ehefrau von Sportmoderator Marcel Reif.

Trotz des lange währenden Konkurrenzkampfs mit Ilse Aigner hat Söder ihr ein neues Ministerium geschaffen, das zugleich einen seiner Schwerpunkte abdecken soll: Er wolle damit ein Signal setzen, dass bezahlbarer Wohnraum und Eigentumsbildung ganz oben auf der Agenda stünden, sagt er im Landtag. Auch Aigner scheint sich über die neue Aufgabe zu freuen: "Ich glaube, das ist, was den Menschen wirklich unter die Haut geht, dass sie ein Dach über dem Kopf haben und erschwingliche Wohnungen auch bekommen können."

Mit der Vorstellung seines Kabinetts hat der neue Ministerpräsident jedenfalls für Aufsehen gesorgt. Von der Opposition wird der Rausschmiss der drei Minister nahezu gelobt, wenngleich die übrigen Anmerkungen gewohnt kritisch ausfallen. SPD-Landtragsfraktionschef Markus Rinderspacher sagt, "die neue Regierung hat aber nur eine Halbwertszeit von 206 Tagen". Wenn am 14. Oktober ein neuer Landtag gewählt wird, hofft er auf das Ende der CSU-Alleinherrschaft. "Eine absolute Mehrheit kann zur Selbstvergessenheit führen."

Die absolute Mehrheit ist genau das, worum Söder mit der neuen Mannschaft in den kommenden Monaten kämpfen muss. In aktuellen Umfragen liegt die CSU aber nur bei Werten um die 41 Prozent und damit weit hinter dem Ergebnis von 47,7 Prozent im Jahr 2013. Wirklich entspannt dürften diese 206 Tage für den neuen Ministerpräsidenten also nicht werden. Das eint ihn wiederum mit seinem geschassten (Ex-)Parteifreund Spaenle.

Für Spaenle könnte es bei der Landtagswahl im Herbst auch knapp werden, heißt es aus der Fraktion. Er muss sich in seinem Stimmkreis München-Schwabing gegen starke Konkurrenten wie Bildungsexpertin Isabel Zacharias (SPD) und den ehemaligen Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) durchsetzen, sonst könnte seine Zeit im Landtag nach 24 Jahren enden. "Söder hat einfach Platz gebraucht", sagt ein Abgeordneter schlicht. Man darf halt nicht zimperlich sein.

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