Bayerische Parteien vor der Bundestagswahl:Berlin, Berlin

Kunstwerk neben FDP-Wahlplakat

Kopflos ins Verderben? Am Boden zerstört? Politikverdrossenheit? Ach, wie herrlich, dieses Kunstwerk neben einem FDP-Plakat in Weißbach.

(Foto: Diether Endlicher/dpa)

Gewinnt die CSU bei der Bundestagswahl alle bayerischen Direktmandate? Es deutet wenig darauf hin, dass einer der 45 christsozialen Direktkandidaten in Gefahr geraten könnten. Dabei gibt es ein paar prominente Aussteiger.

Von Andreas Roß

Für die über Jahrzehnte vom Erfolg verwöhnte CSU war es der zweite Tiefschlag innerhalb von nur zwölf Monaten. Fast auf den Tag genau nach dem Debakel bei der Landtagswahl 2008 brach die Partei am 27. September 2009 auch bei der Bundestagswahl ein. Sie kam nur noch auf 42,5 Prozent, das waren 6,7 Punkte weniger als vier Jahre zuvor. Sie konnte sich freilich damit trösten, wenigstens alle 45 Wahlkreise in Bayern direkt gewonnen zu haben. Und mit ein bisschen Schadenfreude konnte sie auch auf die SPD herabblicken, die mit einem Zweitstimmenergebnis von 16,8 Prozent gar auf ein historisches Tief im Freistaat gefallen war.

Die CSU ist jedenfalls zuversichtlich, am Sonntag, wenn der neue Bundestag gewählt wird, die Scharte von 2009 auswetzen zu können. Den nötigen Rückenwind dürfte wohl das gute Ergebnis der Landtagswahl vom vergangenen Wochenende liefern, als die Partei auf 47,7 Prozent kam. Und ein ähnliches Resultat verheißen ihr die Meinungsforscher auch für diese Bundestagswahl. CSU-Chef und Ministerpräsident Horst Seehofer hatte ja schon am Abend der Landtagswahl voller Genugtuung verkündet: "Wir sind wieder da, 2008 ist vergessen." Diesen Sonntag wird er vielleicht hinzufügen: "Und 2009 auch."

Es deutet wenig darauf hin, dass die CSU-Direktkandidaten in den 45 Wahlkreisen irgendwo in Gefahr geraten könnten. Dabei gibt es ein paar prominente Aussteiger. In erster Linie ist hier Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner zu nennen, die auf Wunsch von Seehofer in die Landespolitik gewechselt ist. Ihren Stimmkreis in Starnberg, den sie 2009 mit 54 Prozent gewonnen hat, übernimmt Alexander Radwan. Er ist der Parlaments-Hopper der CSU, erst war er im Europaparlament, die vergangenen fünf Jahre im bayerischen Landtag und nun strebt er in den Bundestag - im übrigen ohne Absicherung auf der Landesliste.

Auch der ehemalige CSU-Landesgruppenchef und Bundeswirtschaftsminister Michael Glos zieht sich zurück. Seinen Schweinfurter Wahlkreis hat Anja Weisgerber übernommen, die derzeit noch für die CSU im Europaparlament sitzt. Mit gewisser Spannung blickt die CSU auf den Wahlkreis Kulmbach, den vor vier Jahren noch ein gewisser Karl-Theodor zu Guttenberg mit dem bundesweiten Rekordergebnis von 68,1 Prozent triumphal gewonnen hatte. Guttenberg ist aus der Politik verschwunden, um seinen Wahlkreis bemüht sich jetzt die 26-jährige Emmi Zeulner, eine Krankenschwester und Studentin aus Lichtenfels. Für die SPD fordert die junge CSU-Kandidatin Simon Moritz heraus, der auch erst 28 Jahre alt und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni Bamberg ist.

Auch das Ergebnis von CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt, der im Wahlkreis Weilheim kandidiert, wird man in der Partei aufmerksam registrieren. Schließlich gilt der erfolgreiche Wahlkampfmanager und ehemalige Schützenkönig als erster Anwärter der CSU auf ein Ministeramt in Berlin. 16 Direktkandidaten der CSU müssen ihren Wahlkreis gewinnen, wenn sie dem neuen Bundestag angehören wollen. Sie wurden, weil ihre Wahlkreise bislang als "sichere Bank" gelten, nicht auf der Landesliste berücksichtigt. Der prominenteste von ihnen ist Peter Gauweiler, der im Wahlkreis München-Süd antritt.

Berlin, Berlin

Wenn die bayerische SPD mehr als die bisher 16 Abgeordneten in den Bundestag bringen will, muss sie ihr Zweitstimmenergebnis von 2009 deutlich verbessern. Neun der 16 treten wieder an, sie müssen auch nicht bangen, weil sie auf den vorderen Plätzen der Landesliste gereiht sind. Angeführt wird die Liste von SPD-Landeschef Florian Pronold, der auch zum Kompetenzteam um Kanzlerkandidat Peer Steinbrück gehört. Der Niederbayer kandidiert im Wahlkreis Rottal-Inn, wo er freilich gegen den CSU-Matador Max Straubinger ohne jede Chance ist. Die SPD muss zwei prominente Abgänge verkraften: Die ehemalige Bundestagsvizepräsidentin Susanne Kastner aus Unterfranken und den Ex-Staatsminister im Auswärtigen Amt, Günter Gloser aus Nürnberg.

Die FDP war 2009 der große Wahlgewinner, ihr Stimmenanteil war um 5,2 Prozentpunkte auf sagenhafte 14,7 Prozent geklettert. Das bescherte ihr 14 Bundestagssitze. So mancher Listenkandidat, der nie im Traum an ein Bundestagsmandat geglaubt hatte, sah sich plötzlich im Plenarsaal sitzen. An diesem Sonntag kämpfen nun die Liberalen darum, überhaupt in den Bundestag zu kommen. Gelingt dies nach dem Scheitern bei der bayerischen Landtagswahl nicht, dürfte auch die politische Karriere der Landeschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die die FDP-Liste als Bundesministerin anführt, beendet sein.

Für die Grünen ist der Einzug in den Bundestag zwar nicht gefährdet, aber die Aussichten, in Bayern wieder 10,8 Prozent und zehn Mandate wie 2009 zu bekommen, sind vage. Auch die Grünen haben ihre amtierenden Abgeordneten auf vordere Listenplätze gehievt. Die Liste ist insofern noch bemerkenswert, weil auf ihr gleich zwei Parteichefs stehen: die Bundesvorsitzende Claudia Roth auf Rang eins und Landeschef Dieter Janecek auf Rang vier. Janecek käme als Neuling in den Bundestag.

Die Linkspartei hatte vor vier Jahren ihr Ergebnis nahezu verdoppelt und mit 6,5 Prozent sechs Mandate erobert. Vier der sechs Abgeordneten treten wieder an.

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