Basisdialoge:Seehofer horcht in seine Partei hinein

Bayerns Ministerpraesident Horst Seehofer CSU nimmt am Donnerstag 14 04 16 in Berlin an einer Pr

Horst Seehofer, rundum zufrieden mit sich und der Welt.

(Foto: Imago)
  • Am Wochenende fanden die ersten beiden CSU-Basisdialoge statt.
  • Dabei sollen sich in ungezwungener Atmosphäre die Parteimitglieder mit dem Parteichef Seehofer austauschen.
  • Seehofer hat dabei kaum Neues zu bieten - bei der Basis punktet er trotzdem.

Von Wolfgang Wittl, Essenbach/Wolfratshausen

Nicht immer lässt sich ein Dialog mit der Basis in dem Maß steuern, wie man das gerne hätte. Und so sah sich Horst Seehofer am Samstag zu deutlichen Worten gezwungen, was seine weiteren politischen Ambitionen angeht. Nein, eine Zukunft in diesem hohen Staatsamt müsse er leider ausschließen. Er könne seine Perspektiven durchaus einschätzen, sagte der CSU-Chef nach Angaben von Teilnehmern sinngemäß.

Bevor sich mancher in der Partei nun allerdings zu früh über einen möglichen Rückzug freut, sollte man noch erwähnen, auf welchen Zuruf der Ministerpräsident da geantwortet hat: "Seehofer for Bundeskanzler", forderte lautstark einer aus dem CSU-Fußvolk. Es war nicht der einzige Beitrag zu Seehofers persönlichen Aussichten.

Seehofer nutzt die Gelegenheit, seine Botschaften im Plauderton abzusetzen

Mit sechs Basisdialogen in ganz Bayern will der CSU-Chef in seine Partei hineinhören, die ersten beiden fanden am Wochenende im oberbayerischen Wolfratshausen und im niederbayerischen Essenbach statt. Drei bis vier Stunden dauerten die Treffen mit jeweils etwa 400 Parteimitgliedern. Die Öffentlichkeit ist von den Veranstaltungen ausgeschlossen. Seehofer will eine ungezwungene Atmosphäre herstellen, sie soll Teilnehmer ermuntern, jede denkbare und auch undenkbare Frage zu stellen. Etwa jene, ob es aus CSU-Sicht überhaupt noch erwünscht sei, Angela Merkel wieder zur Bundeskanzlerin zu wählen, wie jemand in Essenbach wissen wollte.

Seehofer zeigte sich bemüht, den mit der CDU nach Ostern begonnenen Friedensmarsch fortzusetzen. Harsche Töne Richtung Berlin blieben aus, gleichwohl beharrte er auf seinen Positionen: Er bekräftigte die Forderung nach Obergrenzen und Grenzkontrollen, lobte Österreich als alleinigen Verantwortlichen dafür, dass nun weniger Flüchtlinge in Deutschland ankämen. Beim Abkommen mit der Türkei zeigte sich der CSU-Chef erneut sehr kritisch, warnte vor zu vielen Zugeständnissen, wie Teilnehmer schilderten. Den Kommunalpolitikern stellte er eine höhere Beteiligung des Bundes an den Kosten für anerkannte Flüchtlinge in Aussicht. Die Verhandlungen mit dem Finanzminister dürften sich allerdings noch sehr zäh gestalten.

Für hohe CSU-Mandatsträger brachten die beiden Treffen wenig Neues. Aber gefragt war schließlich die Basis, und Seehofers Umfeld weiß, dass der Chef seine Stärken in solchen Runden voll auszuspielen vermag: Aufmerksam lauscht er Bürgermeistern und Ortsvorsitzenden, gleichzeitig nutzt er die Gelegenheit, im Plauderton seine Botschaften abzusetzen. Das Format knüpft an die Wahlkampftermine namens "Seehofer direkt" an, als der Ministerpräsident ebenfalls durchs Land tingelte.

Die Flüchtlingsfrage war am Freitag wie auch am Samstag nur ein Thema von vielen. Die Bandbreite reichte von Pflege, Rente, Zinspolitik bis zum Bundesverkehrswegeplan und kommunalen Finanzausgleich. Auch Seehofers neuer Dreiklang von Freiheit, Gerechtigkeit und Sicherheit durfte nicht fehlen. Keine Frage soll bei diesen Gesprächen unbeantwortet bleiben, nicht einmal dann, wenn zwei Bürgermeisterinnen aus der Nähe von Landshut beim Ministerpräsidenten einen persönlichen Termin in Sachen Breitbandförderung erbitten.

Oder wenn ein Gymnasiallehrer sich beschwert, dass er bereits fünf Jahre auf der Warteliste versauere. Die Bürgermeisterinnen werden Seehofer demnächst in der Staatskanzlei besuchen dürfen, wegen des Lehrers will er mit Kultusminister Ludwig Spaenle sprechen. Bei der CSU-intern strittigen Debatte um die dritte Startbahn am Münchner Flughafen soll Seehofer wiederholt haben, er setze auch hier seine Koalition mit dem Bürger fort und werde nicht tricksen.

Die Feedback-Mail hat sich die CSU aus den USA mitgebracht

Am Schluss, als jedes noch so kleine Detail erschöpfend abgehandelt war, erntete Seehofer ausdauernden Applaus - für die Parteispitze ein deutliches Signal, dass der Kurs des Vorsitzenden von der Basis voll mitgetragen werde, wie ein Sprecher sagte. Man sei mit dem Ablauf "sehr zufrieden".

Doch nicht einmal nach den vier Stunden ist der Dialog abgeschlossen. Jeder Teilnehmer bekommt danach eine freundliche E-Mail geschickt, in der ihm die Landesleitung für sein Engagement dankt und um weitere Anregungen bittet. Die CSU-Strategen haben diese Art der Kommunikation von einer Studienreise aus den USA mitgebracht, die Form hat sich bewährt. "Unserem Vorsitzenden ist gerade in der Zeit schwieriger Herausforderungen der Dialog mit den CSU-Funktionsträgern und deren Meinung sehr wichtig", heißt es in dem Schreiben - nicht dass die Basis noch auf falsche Gedanken kommt.

Die Zeit und die Geduld, die sich der Chef für die Mitglieder nehme, da könne man noch einiges lernen, sagte ein hochrangiger CSU-Mann. Bei so vielen Streicheleinheiten für die Parteiseele blieb die Frage natürlich nicht aus, ob Seehofer als Ministerpräsident weitermache. Hier bedurfte es ausnahmsweise einer Erinnerung des Moderators, ehe die Antwort folgte. Er sei dann ja bereits 69 Jahre alt, sagte Seehofer. Das könne man erst nach der Bundestagswahl im kommenden Jahr entscheiden, der mit den besten Chancen solle es machen. Doch das Thema sei im Moment ohnehin zurückgestellt, auf die Leistung für das Land komme es jetzt an. Das sei die einzige Frage gewesen, sagte hinterher einer, bei der Seehofer die Lösung wohl selbst nicht gewusst habe.

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