Barbara Stamm wird 65:"Politik als sinnvolle Ergänzung"

Landtagspräsidentin Barbara Stamm wird 65. Zum Geburtstag spricht Ludwig Stamm über sie, die Politik und seine Rolle als der "Mann von der Frau Stamm".

Katja Auer

Der Mann von der Frau Stamm. Mit dieser Bezeichnung lebt Ludwig Stamm, 71, schon ein paar Jahrzehnte. Seit beinahe 41 Jahren ist er mit Barbara Stamm verheiratet, der Präsidentin des bayerischen Landtags und stellvertretenden CSU-Vorsitzenden. Das Paar hat drei Kinder. Ludwig Stamm ist auf dem Bauernhof aufgewachsen, arbeitete in einer Buchhandlung und war dann 30 Jahre lang am Würzburger Arbeitsamt Berater für behinderte Menschen. Er meidet die Öffentlichkeit, bezeichnet sich als lesesüchtig und kümmert sich um die fünf Enkel und den Garten daheim in Würzburg. Die SZ traf ihn während eines Aufenthalts in einer Kurklinik. Zum 65. Geburtstag seiner Frau spricht er über sie, die Politik und wie es ist, der Mann von der Frau Stamm zu sein.

Barbara Stamm wird 65: Der Anstoss zu Barbaras Stamms politischem EIntritt kam von ihrem Mann - als sinnvolle Ergänzung zum Haushalt.

Der Anstoss zu Barbaras Stamms politischem EIntritt kam von ihrem Mann - als sinnvolle Ergänzung zum Haushalt.

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SZ: Ihre Frau feiert ihren 65. Geburtstag. Können Sie ihr überhaupt persönlich gratulieren?

Stamm: Wahrscheinlich ist sie kurz daheim. Aber Sie sprechen es sehr deutlich an: Sie ist fast nie daheim, fast nie. Ich hab' sie schon mehrfach gewarnt. Sie übernimmt sich.

SZ: Wünschen Sie sich manchmal, dass Ihre Frau einfach in ihrem alten Beruf Erzieherin geblieben wäre?

Stamm: Ab einem gewissem Zeitpunkt, nachdem ich sie zur Politik überredet hatte, hatte das keinen Sinn mehr. Aber ich hätte mir gewünscht, dass sie in Würzburg in der Kommunalpolitik geblieben wäre. Später hab' ich schon manchmal gedacht, ach, hätte ich doch nicht ...

SZ: Sie mussten sie zur Politik überreden?

Stamm: Ich bin schon beinahe 50 Jahre CSU-Mitglied, sie erst 40 Jahre. Zu-nächst habe immer ich mich politisch engagiert. Ich habe das Ende des Krieges erlebt und die Nachkriegszeit, das hat mich so sehr beeindruckt, dass ich mithelfen wollte, dass es so etwas nicht mehr gibt. Ursprünglich habe ich davon geträumt, selber in die Politik zu gehen. Aber ich dachte, wenn ich beruflich tätig bin und mich auch noch politisch engagiere, dann sagen die Kinder Onkel zu mir, weil sie mich nie sehen. Das wollte ich nicht. Meine Frau war tagsüber zu Hause, und ich dachte, die Politik könnte am Abend eine sinnvolle Ergänzung sein.

SZ: Tagsüber Haushalt, abends Politik. Die Idee ist ja gewaltig nach hinten losgegangen.

Stamm: Ja, dass sie sich so verrückt macht, das hätte ich nie gedacht. Zuerst war sie nur einfaches Mitglied, aber schon bald hat sie fast rund um die Uhr gearbeitet. Sie geht bei Veranstaltungen nicht, wenn sie nicht die Letzte oder Vorletzte ist. Dann setzt sie sich daheim noch hin und erledigt die Post. Dann kann es drei Uhr sein. Und meistens steht sie nach zwei, drei Stunden wieder auf. Manchmal rätsle ich auch, wie sie das durchsteht.

SZ: Wie hat es denn die Familie all die Jahre durchgestanden?

Stamm: Am Anfang hatten wir eine Dienstwohnung im Heim, in dem meine Frau Leiterin war, und wurden da auch verpflegt, das heißt, wir mussten uns nicht ums Essen kümmern. Am Abend und am Wochenende war ich für die Kinder zuständig. Das ging gut.

SZ: Das war aber damals noch untypisch für einen Mann.

Stamm: Ich bin mir oft sonderbar vorgekommen. Gerade mit unserer großen Tochter, wenn wir zwei alleine spazieren gegangen sind. Da haben immer die Leute geschaut. Später hatten wir dann unter der Woche ein Kindermädchen. Den Kindern hat sicher oft die Mutter gefehlt, aber sie haben es nie artikuliert.

"Wir waren uns sofort sympathisch"

SZ: Ihre Frau steht im Rampenlicht und Sie immer dahinter. Macht Ihnen das gar nichts aus?

Stamm: Ganz im Gegenteil. Hier wird schon ständig geflüstert: Das ist der Mann von der Frau Stamm. Sie hat mich dreimal hier in der Kurklinik besucht, da hätten Sie mal sehen sollen, wie sich die Leute umdrehen. Ich halte mich lieber zurück: Meine Frau ist seit 1976 im Landtag, und ich war nie beim Sommerempfang in Schleißheim. Seit sie Präsidentin ist, muss ich allerdings mit. Aber zur Fastnacht nach Veitshöchheim geh' ich nicht mit.

SZ: Sie sind sehr unterschiedliche Typen.

Stamm: Jein, wir liegen geistig sehr stark auf der gleichen Welle. Aber das drückt sich unterschiedlich aus. Meine Frau kann unwahrscheinlich gesellig sein und singen und und und. Ich bin eher introvertiert. Man muss sich halt zusammenraufen.

SZ: Wie haben Sie sich eigentlich kennengelernt?

Stamm: Durch eine Arbeitskollegin, die hat gekuppelt. Wir haben uns einige Male geschrieben und wollten uns dann zum ersten Mal treffen. Ich bin damals von München, wo ich gearbeitet habe, mit dem Zug nach Würzburg gefahren. Aber wer nicht gekommen ist, war die Frau Stocker, so hieß sie damals. Die wollte sich nämlich schön machen lassen und ist beim Friseur nicht fertig geworden. Ich hab' gedacht, dann war's das halt. Aber dann ist wieder ein Brief gekommen.

SZ: Und Sie haben sich doch noch getroffen.

Stamm: Ja, und wir waren uns sofort sympathisch. In meiner Familie hat sie vom ersten Tag an dazugehört. Meine Eltern hat stark beeindruckt, wie sie bei uns am Bauernhof zugelangt hat. Die hat mit Kartoffeln gehackt und beim Schlachtfest noch nachts um zehn das Fleisch geschnitten für die Wurst. Da hab' ich schon lange das Messer hingeschmissen.

SZ: Ihre Frau hatte auch schwere Zeiten in ihrer Partei. Während der BSE-Krise musste sie als Ministerin zurücktreten.

Stamm: In einem gewissen Rahmen stehe ich ihr bei, aber im Grunde genommen muss da jeder alleine durch. Und ich habe natürlich gelästert: Wer hoch steigt, fällt tief. Das gehört dazu.

SZ: Fragt sie Sie um Rat?

Stamm: Weniger. Aber ich versuche, ihr manche Dinge nahezubringen.

SZ: Zum Beispiel?

Stamm: Die Bildung natürlich. Ich predige schon ewig die Schulpflicht ab dem vierten Lebensjahr. Ich würde eine zwei-jährige Vorschule einführen bis zum siebten Lebensjahr und danach eine hohe Durchlässigkeit. Wer schwache Leistungen bringt, bleibt einfach noch ein Jahr drin, damit nachher alle mit möglichst gleichen Chancen in die Schule gehen.

SZ: Das klingt ja nach Opposition.

Stamm: Das bin ich auch. Mit dem Parteieintritt habe ich meinen politischen Verstand nicht an der Garderobe abgegeben.

SZ: Jetzt im Ruhestand könnten Sie doch selber wieder Politik machen.

Stamm: Demokratie lebt davon, dass viele engagiert sind. Das soll kein Familienbetrieb werden. Ich hab' immer mitgearbeitet im CSU-Ortsverband und in der CSA. Ich bin jetzt stellvertretender VdK-Vorsitzender im Stadtviertel sowie Mitglied im Kreisvorstand der CSA und im CSU-Vorstand. Das reicht.

SZ: Ob sich Ihre Frau jemals zur Ruhe setzen wird?

Stamm: Das ist wenig wahrscheinlich. Ich bin gerade dabei, im Garten einen Freisitz zu bauen. Aber den wird sie kaum nutzen.

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