BayernLB vs. Hypo Alpe Adria:Der Sechs-Milliarden-Streit

Prozess BayernLB - Hypo Alpe Adria

Viele Anwälte, viel Papier. Die BayernLB klagt gegen ihre früherer Tochterbank Hypo Alpe Adria auf Rückzahlung von 2,3 Milliarden Euro.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

In München beginnt der Prozess zwischen BayernLB und Hypo Alpe Adria. Für Bayern und Österreich steht dabei viel auf dem Spiel. Es geht um sechs Milliarden Euro, für die die Bürger haften. Mindestens. Doch selbst wenn die Landesbank recht bekommt, stellt sich die Frage, ob in Kärnten dann noch was zu holen ist.

Von Klaus Ott

16 Damen und Herren Anwälte saßen sich einander gegenüber, als am Montag beim Münchner Landgericht der Prozess BayernLB gegen Hypo Alpe Adria begann. Die weiß-blaue Staatsbank verlangt von ihrer früheren österreichischen Tochterbank 2,3 Milliarden Euro an Krediten zurück, da ist viel juristischer Sachverstand gefragt.

Bayerns Landesbank bot sieben Juristen auf, die in Kärnten ansässige Hypo Alpe Adria derer gleich neun. Doch den Fall entscheiden muss ganz am Schluss wohl die Politik. Es gebe ja noch "weitere Beteiligte, die Verantwortung tragen", sagte die Vorsitzende Richterin Gesa Lutz und regte einen Vergleich an. Das wäre dem "Rechtsfrieden dienlich".

Beide Parteien verstanden das, wie sie hinterher auf Anfrage inoffiziell äußerten, als Hinweis auf die Regierungen in München und Wien. Irgendwann sollen also Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und der österreichische Kanzler Werner Faymann (SPÖ) aushandeln, oder aushandeln lassen, wie der Streit beigelegt werden könne.

Für beide Regierungen steht viel auf dem Spiel. Insgesamt geht es bei dem Banken-Streit um mehr als sechs Milliarden Euro. Mindestens. Haften müssten am Ende die Steuerzahler. Auch die 2007 von der BayernLB teuer gekaufte und 2009 dann in großer Not wieder abgestoßene Hypo Alpe Adria ist längst eine Staatsbank.

Sie gehört der Republik Österreich, die schon viel Geld in das marode Kärntner Kreditinstitut gepumpt hat. Und die am Schluss bestimmt erneut zahlen müsste, sollte Bayerns Landesbank gewinnen. Der Kredit-Prozess ist nur eines von vielen Gerichtsverfahren. Die Hypo Alpe Adria weigert sich, die Darlehen in Höhe von 2,3 Milliarden Euro zurückzuzahlen, weil mit diesem Geld im Grunde genommen fehlendes Eigenkapital ersetzt worden sei. Das aber könne man behalten, solange man ein Sanierungsfall sei, sagt die Hypo Alpe Adria.

"Das gehört nach Österreich"

Mit dieser Begründung will die Kärntner Bank sogar beglichene Kredite in Höhe von 2,3 Milliarden Euro von der BayernLB wieder haben, eine Teil-Klage ist bereits anhängig. Die Landesbank in München wiederum klagt bei Gericht in Wien, sie sei beim Erwerb der Hypo Alpe Adria arglistig über deren wahren, miserablen Zustand getäuscht worden. Der Kaufpreis, immerhin 1,7 Milliarden Euro, und eventuell noch weitere Schäden müssten erstattet werden. Viele Konflikte also, und bis die eines Tages juristisch entschieden sind, kann es Jahre dauern.

Beim Kredit-Streit ist aus Sicht der Hypo Alpe Adria schon fraglich, ob das Münchner Landgericht überhaupt zuständig sei. "Das gehört nach Österreich", sagte ein Hypo-Anwalt. Bis dieses Detail vom Oberlandgericht und vom Bundesgerichtshof beantwortet sei, rechnet die Vorsitzende Richterin Lutz mit mindestens zwei Jahren, und selbst das sei eine "optimistische Prognose". Die Hypo Alpe Adria erwägt, sogar bis zum Europäischen Gerichtshof zu gehen.

Bayerns Landesbank hofft zwar auf ein schnelles Urteil in München, das man dann in Österreich einstweilen vollstrecken könne, auch wenn die Zuständigkeit noch nicht höchstrichterlich geklärt sei. Doch da wäre das nächste Problem absehbar. Wenn die BayernLB sich durchsetze, müsse man "schon schauen, wie der Schuldner damit zurechtkommt", wandte Richterin Lutz ein. Der Schuldner, die Hypo Alpe Adria, wird nach und nach abgewickelt. Bis die Landesbank vielleicht Recht bekommt, ist unter Umständen nichts mehr zu holen in Kärnten. Zumindest nichts, was einige Milliarden Euro wert ist.

Für dieses Szenario glaubt man in München gut abgesichert zu sein. Die BayernLB hat Ende 2009 bei der Rückgabe der Hypo Alpe Adria einen Vertrag mit der Republik Österreich abgeschlossen, der Garantien enthält. Sollte die Kärntner Bank nicht mehr lebensfähig sein, dann muss der österreichische Staat die Rückzahlung noch ausstehender Kredite nach Bayern sicherstellen. So steht es in Punkt fünf, Unterpunkt sechs des Abkommens. Das wäre dann "nächste Streitthema", glaubt Richterin Lutz.

"Wir haben sehr erfahrende Mediatoren"

Das Gericht machte freilich auch der Hypo Alpe Adria wenig Hoffnung, ungeschoren davon zu kommen. Also wäre es doch am besten, mahnte Lutz, wenn beide Parteien nach einer friedlichen Lösung suchten. "Wir haben sehr erfahrende Mediatoren", sprich Streitschlichter, sagte die Richterin. Sie drang damit aber nicht durch. Die BayernLB will alles haben: Kredite zurück und Schadensersatz. Die Hypo Alpe Adria und die Republik Österreich wollen nichts zahlen. Erst einmal wird fleißig gestritten, über mindestens 20 verschiedene Darlehensverträge; über mehr als 76 Anträge der beiden Parteien; und darüber, wie das österreichische Eigenkapitalersatzgesetz in Bayern anzuwenden sei. Das soll ein noch zu findender Wissenschaftler dem Gericht mit einem Gutachten erklären. Vielleicht ist dann noch ein weiteres Gutachten nötig. Am 18. Dezember entscheidet das Landgericht, wie es weiter geht.

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer hätte vergangene Woche in einem der Prozesse als Zeuge auftreten sollen, sagte aber ab. Irgendwann aber wird der Regierungschef sich für diesen Fall Zeit nehmen müssen.

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