Bamberg:Grundlos Polizei ins Haus geschickt

Von Sophie Rohrmeier/dpa, Bamberg

Der "Drachenlord" ist live auf Youtube - und richtig sauer. "Ihr lieben Hater", schreit er. "Die haben jetzt hier einen Großalarm ausgerufen, wegen Brand. Ihr glaubt doch nicht, dass ihr damit davonkommt?" Der "Drachenlord" sollte recht behalten. Sein Fall landete als erster dieser Art in Deutschland vor Gericht.

Der junge Franke ist ein Opfer von Swatting - bei ihm brennt es in dieser Nacht überhaupt nicht. Beim Swatting täuscht jemand einen Notfall vor und schickt einem anderen die Polizei ins Haus. Der Begriff kommt von SWAT, der US-amerikanischen Spezialeinheit "Special Weapons and Tactics". 110 Feuerwehrleute in 20 Wagen, zwei Streifenwagen und zwei Rettungswagen rasen im Juli 2015 zu dem Haus in Mittelfranken, in dem der "Drachenlord" wohnt. In einem Ort mit etwa 50 Einwohnern. Der Mann, der auf der Video-Plattform Youtube etwa 41 000 Menschen um sich versammelt, mag Aufmerksamkeit. Im Internet. Aber von der Aufregung war er doch "entsprechend mitgenommen", sagt Staatsanwältin Andrea Reuß.

Sie arbeitet bei der Zentralstelle Cybercrime Bayern (ZCB), der Spezial-Staatsanwaltschaft für Internetkriminalität in Bamberg. Reuß hat in dem Fall ermittelt - und zum ersten Mal bundesweit einen Swatting-Täter vor Gericht gebracht. Der 25-Jährige wurde zu drei Jahren und fünf Monaten Haft verurteilt, unter anderem wegen des Missbrauchs von Notrufen.

Ob die ZCB in weiteren Swatting-Fällen ermittelt, wollen Reuß und Oberstaatsanwalt Matthias Huber nicht sagen. Aber in Deutschland gebe es nur wenige Fälle dieses Ausmaßes. "Bei uns funktioniert Swatting nicht so wie in den USA", sagt Huber. Es stürmten hierzulande nicht gleich massiv bewaffnete SWAT-Teams ein Haus. "Hier schaut immer erstmal eine Streife vorbei." Deshalb sei Swatting in Deutschland nicht so populär. Bisher. Swatting ist hierzulande kein eigener Straftatbestand; auf den Missbrauch von Notrufen steht maximal ein Jahr Haft. Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) hält es jedoch für denkbar, für Taten wie Cybermobbing, Hatespeech oder Sexting neue Straftatbestände zu schaffen. "Das sollten wir schon überlegen." Den 25 Jahre alten Täter hat es in jener Nacht wohl auch gereizt, dem "Drachenlord" im Livestream dabei zuzusehen, wie er sich ärgert. Wie viele andere denkt er, er könne sich im Netz verstecken. Doch er irrt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: