Bamberg:Aktionstag gegen Abschiebung

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Initiative plant am Samstag abermals Proteste

Von Dietrich Mittler, Bamberg

Mehrere Hundertschaften der Polizei bewachten im vergangen Jahr das Bamberger Protestcamp. Aus Furcht vor dem Zorn der Unterstützer-Szene für Flüchtlinge war das Bamberger Rathaus an einem Tag sogar zwei Stunden früher geschlossen worden, da die Verantwortlichen nicht ausschließen wollten, es könne von Demonstranten gestürmt werden. Krawalle indes blieben aus, und zum Schluss sahen sich die Stadtoberen gar dem Vorwurf ausgesetzt, ohne Augenmaß und Souveränität vorgegangen zu sein. In diesem Jahr wollen die Unterstützer der Asylbewerber nun erneut in Bamberg in Erscheinung treten, und zwar bereits am kommenden Samstag (16. September) mit einem "Aktionstag gegen Abschiebung und Abschottung, für eine solidarische Gesellschaft".

An der Unteren Brücke werde im Herzen der Bamberger Innenstadt von 11.30 bis circa 15.30 Uhr ein buntes Programm mit Theater, Musik, Berichten und Redebeiträgen geboten, kündigten am Donnerstag die Organisatoren der Initiative "Solidarity For All!" an, die auch das Protestcamp im vergangenen Jahr organisiert hatten. Überdies sollen in Themenzelten einzelne Ausstellungen gezeigt werden, die sich mit der Situation der Flüchtlinge in Bayern aber auch andernorts auseinandersetzen. Wie eine Sprecherin der Stadt bestätigte, ist der Aktionstag am Samstag bereits offiziell genehmigt.

Günter Pierdzig, einer der Organisatoren der geplanten Veranstaltung, kann sich noch gut an das von der Polizei regelrecht umstellte Protestcamp des vergangenen Jahres erinnern. "Man wollte halt Ruhe haben in Bamberg", sagt er lakonisch. Aber dieses Ansinnen durchkreuzte ausgerechnet der Verwaltungsgerichtshof. Am Ende konnten die gegen Abschiebung und Ausgrenzung von Flüchtlingen Protestierenden doch durch die zentralen Straßen der Stadt ziehen und ihre Meinung kundtun. Sogar ein Flashmob auf dem Domplatz fand statt. Im Nachhinein betrachtet, so findet Günter Pierdzig, hätten die Stadt und die Polizei sogar Werbung für das Protestcamp und seine Ziele gemacht - unfreiwillig, versteht sich. "Uns jedenfalls haben diese ganzen Steine, die man uns in den Weg legen wollte, nicht abgeschreckt", sagt er, "im Gegenteil."

Aktueller Anstoß, nun wieder in Bamberg auf die Straße zu gehen, sei folgender: "Das zweijährige Bestehen des Lagers in Bamberg", sagt Pierdzig. Angefangen habe alles mit einer reinen Abschiebe-Einrichtung, wie er betont. "Da waren 700 bis 800 Leute von heute auf morgen reingebracht worden - auch solche, die seit vielen Jahren in Deutschland gelebt haben und hier gut integriert waren." Inzwischen ist die damalige Einrichtung, die Pierdzig und die Seinen nur "das Lager" nennen, zu einer "Aufnahme- und Rückführungseinrichtung für Asylbewerber mit geringer Bleibeperspektive" geworden. So wiederum heißt die Einrichtung im Amtsdeutsch.

Manches sei zwar im Vergleich zu den Anfangszeiten besser geworden, sagt auch Pierdzig. Es gebe mittlerweile ein eigenes Haus für alleinstehende Frauen, damit diese besser geschützt seien. Auch gebe es eingeschränkt Spielmöglichkeiten für die Kinder. Aber insgesamt sei die Lebenssituation dort noch immer niederschmetternd, die Angst vor der Abschiebung alltäglich und die Perspektivlosigkeit mit den Händen zu greifen. "Wir haben in Bamberg eine große afghanische Community", sagt Pierdzig, "viele der jungen Leute haben jetzt ihren Abschluss an der Berufsschule geschafft, und nun stehen sie hilflos rum und wissen nicht weiter, weil sie von den Behörden keine Genehmigung für eine Berufsausbildung bekommen." Was das bedeutet, sollen die Bamberger am Samstag in einer Theateraufführung von den betroffenen jungen Afghanen aus erster Hand erfahren.

© SZ vom 15.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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