Bahnverkehr:Meridian-Pendler ärgern sich über "Chaos ersten Ranges"

Elektrotriebwagen ´Flirt"

Aktuell erreicht die BOB mit ihren Meridian-Zügen zeitweise nur eine Pünktlichkeit von 70 Prozent.

(Foto: picture alliance / dpa)
  • Auf den Zugstrecken zwischen München und Salzburg oder Kufstein kommt es derzeit zu vielen Unregelmäßigkeiten.
  • Grund sind Bauarbeiten und eine Flachstelle.
  • Ein Mitglied des Fahrgastverbands Pro Bahn nennt die aktuelle Situation "überhaupt nicht kundenfreundlich".

Von Christian Sebald

Für Norbert Moy ist die Sache klar. "Was sich die Deutsche Bahn und die Bayerische Oberlandbahn derzeit auf der Rosenheimer Strecke leisten, ist ein Chaos ersten Ranges", sagt Moy, der sich für den Fahrgastverband Pro Bahn engagiert. "Die Ersatzfahrpläne sind verwirrend, wochenlang ist die Strecke nur eingleisig befahrbar, dann wird sie total gesperrt, da klappt es dann nicht mit den Ersatzbussen und die Leute verpassen reihenweise ihre Anschlüsse. So geht es nicht, das ist überhaupt nicht kundenfreundlich."

Besonders betroffen von dem Chaos sind Tausende Berufspendler in den Meridian-Zügen der Bayerischen Oberlandbahn (BOB) zwischen München und Salzburg oder Kufstein. Aber auch im Güter- und Fernverkehr der Bahn kommt es zu Unregelmäßigkeiten. Und sogar auf der Mangfallstrecke von München über Holzkirchen nach Rosenheim leiden die Passagiere.

Es sind drei Gründe, die das aktuelle Chaos auf der Rosenheimer Strecke produzieren. Zum einen tauscht die Bahn in dem 13 Kilometer langen Abschnitt zwischen Grafing und Ostermünchen die Oberleitungen aus - auf beiden Gleisen. "Der Austausch erfolgt aber immer nur abschnittsweise, sodass stets ein Gleis befahrbar bleibt", sagt ein Bahnsprecher. "Doch natürlich ergeben sich durch die Arbeiten Verzögerungen und Unpünktlichkeiten." Und zwar sowohl im Regional- als auch im Fernverkehr.

Im Nahverkehr müssen sich die Passagiere mit den Verspätungen und Zugausfällen abfinden. Im Fernverkehr versucht die Bahn die Behinderungen dagegen möglichst gering zu halten, indem sie sowohl Güter- als auch Personenzüge auf die Mangfallstrecke von München über Holzkirchen nach Rosenheim umleitet. Dadurch haben wiederum die Pendler dort das Nachsehen. Wegen des zusätzlichen Fernverkehrs auf der Mangfallstrecke kommt es dort im Nahverkehr ebenfalls zu Verspätungen und Zugausfällen.

Was sonst für Verspätungen sorgt - und sorgen wird

Der andere Grund für das Chaos auf der Rosenheimer Strecke ist eine sogenannte Flachstelle, die sich vergangene Woche plötzlich in dem Abschnitt zwischen Haar und Zorneding auftat. "Eine Flachstelle ist auf einer Zugtrasse das, was auf einer Straße ein Schlagloch ist", sagt der Bahnsprecher. "Aus irgendwelchen Gründen ist dort der Schotter unter dem Gleis weggesackt, wenn ein Zug nun darüber wegfährt, tut das einen lauten Schlag."

Wie auch immer, so eine Flachstelle muss sofort beseitigt werden. Solche Arbeiten produzieren natürlich auch Verspätungen. Das einzig Gute an der Flachstelle bei Zorneding ist, dass sie so gut wie behoben ist. "Die Arbeiten sind praktisch abgeschlossen", sagt der Bahnsprecher, "in dem Bereich dürfte der Zugverkehr wieder reibungslos laufen."

Dafür ist das nächste Ungemach schon programmiert. Ende April und Anfang Mai wird die Rosenheimer Strecke im Bereich von Aßling jeweils fünf Tage lang komplett gesperrt. Der Grund: Im Bahnhof Aßling werden die Weichen ausgetauscht. Zwar richten Bahn und BOB einen Ersatzverkehr mit Bussen ein. Aber ein jeder Pendler weiß, dass er an diesen Tagen besonders viel Zeit für seinen Weg zum Arbeitsplatz einplanen muss. Zumal die Streckensperrung zusätzlich zu den Arbeiten an der Oberleitung geschieht.

Bei der BOB sehen sie sich denn auch als Opfer der Bahn. Für gewöhnlich erreichen sie mit dem Meridian auf der Rosenheimer Strecke eine Pünktlichkeit von "deutlich über 90 Prozent", wie BOB-Geschäftsführer Bernd Rosenbusch sagt. Aktuell sind es zeitweise nur 70 Prozent. Außerdem müsse man wegen der rasch wechselnden Bauabschnitte alle vier bis zehn Tage neue Ersatzfahrpläne präsentieren, was eine Zumutung für die Passagiere sei.

Für Pro Bahn nährt das Chaos vor allem den Verdacht, dass die Bahn auf Kosten der Fahrgäste spart. "Natürlich können wir es nicht beweisen", sagt Pro-Bahn-Mann Moy. "Aber wir haben immer öfter den Eindruck, dass die Bahn alle möglichen Arbeiten immer stärker konzentriert, weil sie dadurch billiger und natürlich auch leichter abzuwickeln sind - egal wie massiv dadurch die Zumutungen für die Passagiere werden."

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