Bad Griesbach:So sieht das Krankenzimmer der Zukunft aus

Bad Griesbach: Vor allem die luxuriöse Ausstattung fällt bei Room 2525 auf, er soll aber auch leichter und schneller zu reinigen sein als herkömmliche Krankenzimmer.

Vor allem die luxuriöse Ausstattung fällt bei Room 2525 auf, er soll aber auch leichter und schneller zu reinigen sein als herkömmliche Krankenzimmer.

(Foto: oh)
  • Die Asklepios-Kliniken haben in der Klinik im niederbayerischen Bad Griesbach das Krankenzimmer der Zukunft entworfen.
  • Die meisten Funktionen können die Patienten dort von einem Touchscreen aus steuern.
  • Auch die Hygiene in diesem Zimmer soll deutlich leichter zu gewährleisten sein.

Von Florian Stocker, Bad Griesbach

Es war im Sommer 1969, als ein Song um die Welt zog, der schreckliche Dinge über die Zukunft ausmalte: In seinem One-Hit-Wonder "In the year 2525" prophezeite das amerikanische Folk-Rock-Duo Zager and Evans eine düstere Zukunft, in der die Menschheit vom technologischen Fortschritt bedroht wird: Kinder entspringen Reagenzgläsern, Wunderpillen verleihen Allwissenheit, der Mensch wird von der Maschine ersetzt.

Wenn es nach den Asklepios-Kliniken geht, wird es ganz so schlimm nicht werden. Der deutsche Gesundheitskonzern, nach eigenen Angaben Europas größter privatwirtschaftlicher Klinikbetreiber mit einem Jahresumsatz von mehr als drei Milliarden Euro, hat in seiner Klinik im niederbayerischen Bad Griesbach das Krankenzimmer der Zukunft entworfen. Der Name: "Room 2525". Das Design: luxuriös. Von Apokalypse keine Spur. Im Gegenteil, bis in die ferne Zukunft soll das neue Raumkonzept tragen und nur Gutes für die Patienten von morgen bereithalten - so wünscht es sich Wolfgang Sittel, der beim Klinik-Giganten Asklepios für Architektur und Bau zuständig ist.

Das Krankenzimmer als "visionäres Forschungsprojekt"

Folgt man Sittel, so ist das Patientenzimmer der Zukunft vor allem ein Raum der Superlative: ein Zimmer mit "ansprechendstem Design" und "Wohlfühlatmosphäre", "voller Innovationen und technischer Highlights", und dabei "absolut barrierefrei". Ein Zimmer, das zugleich "höchste hygienische Ansprüche" erfüllt - und das alles zu "vertretbaren" Kosten. Darunter will man es nicht machen.

Was der Konzern emphatisch als "visionäres Forschungsprojekt" bewirbt, hat eine noch relativ junge Geschichte. Zwei Jahre lang hat Projektleiter Gerhard Schmid mit einer Reihe von Partnerunternehmen, darunter vor allem Innenausstattern von Krankenhäusern, geplant und ausprobiert. Herausgekommen ist mit dem Room 2525 ein Zimmer, das Maßstäbe setzen soll für die gesamte deutsche Klinikbranche in einer alternden, zunehmend digitalisierten Gesellschaft mit steigenden Ansprüchen.

Bildschirme und Touchscreens überall

Wer sich einmal im Room 2525 umschaut, dem wird schnell klar: Wenn das Krankenzimmer der Zukunft tatsächlich aussieht wie jenes in Bad Griesbach, dann funktioniert künftig gar nichts mehr ohne Bildschirme und Touchscreens. Mit seinem Tablet-PC ist der Patient im ungewöhnlich breiten Bett noch mit der entferntesten Ecke des Raumes vernetzt. So kann er wie mit einer Fernbedienung im Liegen die Vorhänge bedienen, die Fenster öffnen, die Zimmertemperatur regulieren oder das Licht dimmen.

Hat der CO₂-Gehalt im Zimmer einen bestimmten Wert überschritten, öffnen sich die Fenster automatisch zum Lüften. Überraschender Krankenbesuch vor der Zimmertür wird mittels einer Kamera direkt auf dem Tablet des Patienten angezeigt, der dann erst mit dem Gast telefonieren kann, bevor er sich dazu entscheidet, per Knopfdruck die Türe zu öffnen. Mehr Sicherheit und Selbständigkeit versprechen sich die Entwickler auf diese Weise für den Patienten.

Das Wichtigste bleibt die menschliche Zuwendung

Bad Griesbach: Über ein Touchscreen sollen zentrale Funktionen gesteuert werden können.

Über ein Touchscreen sollen zentrale Funktionen gesteuert werden können.

Gegenüber dem Bett sind große Bildschirme an der Wand montiert. Wer möchte, wird hier auch in Zukunft noch fernsehen können. Aber auch Laborbefunde oder Röntgenbilder lassen sich digital anzeigen, Therapiemaßnahmen so womöglich nachvollziehbarer erklären. "Außerdem können wir atmosphärische Bilder wie Naturkulissen oder Kaminfeuer projizieren", sagt Projektleiter Schmid. "Es ist erwiesen, dass Patienten schneller genesen, wenn sie sich wohlfühlen."

Ein weiteres wichtiges Thema war für die Raumentwickler die Hygiene im Krankenzimmer. Boden, Wände und Türen des Zimmers sind aus einem speziellen Material, das 99 Prozent der anhaftenden Bakterien abtöten soll. Beleuchtung und Lautsprecher wurden in die Zimmerdecke und die Wände eingebaut, die Jalousien zwischen zwei Fensterscheiben angebracht, um Staubflächen zu vermeiden.

Auch die Putzkräfte müssen begeistert sein

Auch der Kabelwust, der sich bislang oft am Kopfende eines Krankenbettes befindet, soll verschwinden. Wie gut sich das Patientenzimmer der Zukunft reinigen lässt, kann denn auch eine Mitarbeiterin des Zimmerservice bezeugen, die - umringt von ihren zufriedenen Chefs - versichert, sie sei "absolut begeistert", weil sich der Raum leichter und schneller putzen lasse als herkömmliche Krankenzimmer.

Wie viel das Patientenzimmer der Zukunft schlussendlich kostet, darüber schweigt sich Sittel aus. "Knapp 20 Prozent teurer als normale Krankenzimmer der Asklepios-Kliniken" sei der Bau des Room 2525 gewesen. Auch wenn Sittels Empfehlung, "mit einem fünfstelligen Betrag" zu rechnen, Zweifel daran wecken mag, dass sein Projektraum im großen Stil Einzug in Deutschlands Kliniken halten wird: Beim Asklepios-Konzern ist man überzeugt davon, dass sich der Room 2525 langfristig in allen privaten wie öffentlichen Krankenhäusern durchsetzt. "Das Ziel ist, unser Konzept in die breite Masse zu tragen", sagt Sittel. Dazu führt er allerdings keine Gespräche mit anderen Klinikverbänden, bislang handele es sich um "eine konzerninterne Angelegenheit".

Über die Asklepios-Pläne zum Hightech-Krankenzimmer muss Ulrich Leiner lachen. Der gesundheitspolitische Sprecher der bayerischen Grünen sagt: "In einem Krankenhaus braucht der Patient vor allem menschliche Zuwendung. Das wird noch in hundert Jahren so sein." Bei allem "technischen Schnickschnack", der in die Kliniken einziehe, dürfe man nicht den Pflegenotstand in vielen Krankenhäusern vergessen: "Da müsste man eher ansetzen." Die ärztliche Versorgung sei schon teuer genug, von derart kostspieligen Plänen hält Leiner entsprechend wenig.

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