Autobahnausbau A 8:Freie Fahrt in den Stau

Sechsstreifiger Abschnitt der A8 für Verkehr freigegeben

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) gab die sechsstreifig ausgebaute A 8 für den Verkehr frei.

(Foto: dpa)

Nach acht Jahren Bauzeit ist die A 8 zwischen München und Ulm endlich durchgehend sechsspurig befahrbar. Trotzdem droht mittelfristig wohl ein Verkehrschaos.

Von Stefan Mayr, Augsburg

Zuletzt wurde sie wegen der vielen Staus als "längster Parkplatz Deutschlands" bezeichnet. Dann galt sie als "längste Baustelle der Republik". Jetzt, nach acht Jahren Bauzeit, ist die Autobahn A 8 zwischen München und Ulm durchgängig sechsstreifig befahrbar. Endlich, sagten Politiker und Unternehmer am Montag am Rande des Festakts am Burgauer See, bei dem Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann das letzte Teilstück zwischen Augsburg und Ulm freigaben. Aber trotz der Eröffnungsparty sind viele bayerische Spediteure alles andere als zufrieden.

Denn hinter der Landesgrenze wartet ein extrem enges Nadelöhr, und dieses wird noch viele Jahre lang bestehen: Der Auf- und Abstieg in der Schwäbischen Alb zwischen Hohenstadt und Mühlhausen. Vor allem den Logistikern aus Schwaben graut es: "Es wäre geradezu ein Witz, wenn die ganze A 8 zwischen Stuttgart und München ausgebaut wird und nur das schon heute existierende größte Nadelöhr der gesamten Strecke erhalten bleibt", sagt Otto Sälzle, Hauptgeschäftsführer der IHK Ulm. "Wir erwarten, dass der Bund zusätzliche Mittel bereitstellt und es schnellstmöglich beseitigt."

Mittelfristig droht ein veritables Verkehrschaos

Dabei geht es nicht um irgendeine Städteverbindung. Es geht um die Strecke München - Stuttgart, die zwei der wichtigsten deutschen Ballungs- und Wirtschaftszentren verbindet. Und mehr noch: Die A 8 gilt als zentrale West-Ost-Trasse im europaweiten Transitverkehr - mit bis zu 90 000 Fahrzeugen pro Tag, Tendenz steigend. Ausgerechnet hier droht mittelfristig ein veritables Verkehrschaos. Spätestens von 2019 an werden jeweils drei modern ausgebaute Spuren auf die Alb zuführen, dort muss der Fahrzeugfluss dann abrupt auf zwei Spuren verengt und teilweise auf Tempo 80 heruntergedrosselt werden. Ein Ärgernis für jeden Unternehmer, der mit seinem Lastwagen Autobahnmaut bezahlt.

Haben die Baden-Württemberger den Ausbau verpennt, während die Bayern vorangeprescht sind? Man kann das so sehen. Allerdings ist die Verbreiterung von zwei auf drei Spuren zwischen Drackensteiner Hang und Lämmerbuckel extrem schwierig und teuer. Das kann jeder nachvollziehen, der diese steile und kurvenreiche Strecke schon einmal befahren hat.

Aufgrund des immensen Aufwands hatten sich die Planer zunächst eine ganz besondere Geldquelle ausgedacht: Sie wollten auf diesem Abschnitt tatsächlich auch von Pkws Maut kassieren, um den Ausbau zu finanzieren. Diese Idee wurde inzwischen verworfen. Jetzt soll die Modernisierung konventionell finanziert werden. Wann und wie das geschehen wird? "Derzeit werden die Planunterlagen aktualisiert", teilt das baden-württembergische Verkehrsministerium mit. Baurecht werde frühestens Ende 2017 erwartet. "Wenn alles klappt", wie Verkehrsministers Winfried Hermann (Grüne) sagt.

Dobrindt wirbt für öffentlich-private Partnerschaften

Wann die Strecke fertig ist? Darauf will sich niemand festlegen. Die IHK Ulm hofft auf einen Baubeginn 2020 - und Inbetriebnahme 2025. Ob das realistisch ist? Fest steht nur: Die zwei Fahrbahnen, die sich derzeit getrennt voneinander um die Alb schlängeln, sollen künftig zusammen durch zwei Tunnel und über zwei Brücken geführt werden. Die Kosten schätzt Minister Hermann auf "500, eher 600 Millionen Euro plus X".

Das ist der Stand heute. Angesichts der üblichen Kostensteigerungen darf dieses Unterfangen getrost als Milliarden-Projekt bezeichnet werden. Und es ist noch nicht geklärt, wer das Geld aufbringen wird. "Wir hoffen auf eine Zusatzfinanzierung außerhalb des normalen Kontingents", sagt Hermann. Auch er betont, dass der Ausbau überfällig sei, aber das Thema sei beim Bund wegen der ungeklärten Finanzierung jahrelang liegen geblieben.

Bayern und Baden-Württemberg hoffen auf den Bundesverkerkehrswegeplan

Trotz des Planungschaos jenseits der Landesgrenze halten sich Bayerns Politiker mit Kritik zurück. Denn beim Ausbau der Bahnstrecke Stuttgart - München sind die Stuttgarter ihrerseits den Münchnern weit voraus: An der Schnellbahn-Trasse Stuttgart - Ulm wird bereits kräftig gearbeitet, Ende 2021 soll der erste ICE losrasen. Er wird dann von einer Landeshauptstadt in die andere 37 Minuten weniger benötigen als heute. Doch auf bayerischer Seite droht der transeuropäischen Schnellbahn-Achse Paris-Budapest ein kapitaler Flaschenhals: Zwischen Neu-Ulm und Augsburg müssen die Schnellzüge von Tempo 200 oder mehr auf 120 herunterbremsen.

Die Bayern und die Baden-Württemberger haben ihre Probleme erkannt, sie hoffen nun, dass ihre Nadelöhre im neuen Bundesverkehrswege-Plan angepackt werden. Die A 8 zwischen Augsburg und Ulm wird nun von einem privaten Betreiber betreut. Die Pansuevia GmbH & Co. KG hat den 400 Millionen Euro teuren und 40 Kilometer langen Abschnitt gebaut und ist nun bis 2041 für den Unterhalt zuständig. Als Gegenleistung erhält sie Geld aus der Lkw-Maut.

Derartige ÖPP-Modelle (Öffentlich-Private Partnerschaft) sind umstritten. Der Bundesrechnungshof bezweifelt den Nutzen für den Steuerzahler. Alexander Dobrindt sieht das anders: "Öffentlich-private Partnerschaften lohnen sich für den Bund, die Autofahrer und die Investoren."

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