Auszeichnungen:Kultur des Zusammenhalts

Auszeichnungen: Der Integrationsbeauftragte der Staatsregierung Martin Neumeyer hat erstmals den Asylpreis ausgelobt

Der Integrationsbeauftragte der Staatsregierung Martin Neumeyer hat erstmals den Asylpreis ausgelobt

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Asyl- und Integrationspreise für Initiativen, die Flüchtlinge und Migranten unterstützen

Von Dietrich Mittler

Hohe Stahltüren, grün-bläulich schimmernde Industriefenster und davor am Eingang runde Betonbarrieren: Halle 36 auf dem Gelände der Bayernkaserne in München wirkt von außen gesehen so alles andere als motivationsfördernd. Das Innenleben ist es dafür umso mehr. An Werktagen wird dort gehämmert, gefeilt, geschraubt, gemalert - alles unter der ehrenamtlichen Leitung von Handwerksmeistern und Berufsschullehrern, denen das Schicksal junger Asylbewerber nicht gleichgültig ist. Am Mittwoch wurde der Verein "Halle 36 e.V." im Landtag mit dem Bayerischen Asylpreis ausgezeichnet. Die Lernwerkstatt ist ein "wichtiger Steigbügelhalter", sagte Martin Neumeyer, der Integrationsbeauftragte der Staatsregierung, der den Preis in diesem Jahr erstmals ausgelobt hat.

Der Verein Halle 36 gebe jungen Flüchtlingen nicht nur Orientierung und Halt, sondern er ebne auch den Weg in ihr späteres Berufsleben, sagte Neumeyer. Davon profitiere in Bayern letztlich die ganze Gesellschaft. "Ohne Integration keine Zukunft", erklärte Neumeyer. Lob und Ehre wurde indes auch dem Türkisch-Deutschen Verein zur Integration behinderter Menschen (TIM) zuteil. Diese Initiative wird ihrerseits mit dem Bayerischen Integrationspreis ausgezeichnet. Wie Sozialministerin Emilia Müller betonte, sei die Nürnberger Initiative aus insgesamt 56 Bewerbern ausgewählt worden. "Wir wissen, dass Integration in Bayern funktioniert und dass sie nur im Miteinander Erfolg hat", sagte sie. Landtagspräsidentin Barbara Stamm betonte ihrerseits, nicht nur die Preisträger, sondern alle Bewerber zeigten, "was alles geht, wenn man nur den Willen dazu hat". Bayern könne stolz auf diese Kultur des Zusammenhalts sein.

Die Nürnberger Initiative TIM geht ursprünglich auf eine Selbsthilfegruppe zurück, gegründet von einer türkischen Familie mit einem behinderten Sohn, die 1986 mit ähnlich betroffenen Familien ein kleines Netzwerk zur gegenseitigen Unterstützung aufbauen wollte. Gemeinsam mit engagierten Pädagoginnen nahm die anfangs lose Verbindung schließlich Vereinsstrukturen an. Und seitdem nahmen die Aktivitäten stetig zu: So werden nicht nur Betroffene bei Behördengängen begleitet, um etwa einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen. Der Verein vermittelt unter anderem auch ehreamtliche Helferinnen und Helfer verschiedener Nationalitäten, die zum Beispiel mit demenzkranken Migranten spazieren gehen, gemeinsam kleine Besorgungen machen und in der jeweiligen Muttersprache "über alte Zeiten reden". Auch gemeinsame Reisen finden statt. Viel Kraft wird zudem in die Beratung junger Eltern investiert, deren Kinder mit einer Behinderung auf die Welt kamen - und das stets mit Respekt für den individuellen kulturellen Hintergrund.

Hubert Schöffmann, der bildungspolitische Sprecher der bayerischen Industrie- und Handelskammern, mahnte in seiner Laudatio, bei Menschen mit Migrationshintergrund nicht nur auf ihr wirtschaftlich nutzbares Leistungspotenzial zu schielen. "Wie gehen wir mit Menschen um, die alt, pflegebedürftig oder beeinträchtigt sind und zugleich aus einem anderen Kulturkreis stammen?", fragte er zum Auftakt der Ehrung. Auch wenn die Betroffenen andere Erfahrungen, andere Werte und Traditionen mitbrächten, so hätten sie letztlich doch "die gleichen Bedürfnisse nach Zuwendung, Unterstützung und Teilhabe, wie alle anderen hier in Bayern auch". Der Nürnberger Verein TIM leiste auf hoch professionelle Weise einen Beitrag zur Integration. "Er hat den Bayerischen Integrationspreis 2015 mehr als verdient", sagte Schöffmann.

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