Ausstellung:In Passau eröffnet das erste Dackelmuseum weltweit

Dackelmuseum in Passau

Wer an den Dackel denkt, der denkt an Bayern.

(Foto: Armin Weigel/dpa)

Die Macher feiern es als Sensation, für sie ist der Hund ein bayerisches Wahrzeichen. Andere befürchten, dass die Ausstellung die Stadt noch mehr zur Touristen-Kulisse verkommen lassen wird.

Von Andreas Glas, Passau

Der Dackel, heißt es, neigt zur Selbstüberschätzung. Dass er ein Winzling ist, stört ihn nicht. Furchtlos legt er sich mit Doggen und Dobermännern an, treibt Füchse und Dachse aus ihren Löchern. Ein gewisser Größenwahn ist unübersehbar. Über den Dackelbesitzer wiederum heißt es: wie der Hund, so das Herrchen. Man ist also nicht überrascht über die Begrüßung des Dackelbesitzers Josef Küblbeck im Passauer Dackelmuseum. Dass das Museum winzig ist, 80 Quadratmeter klein, das stört auch Küblbeck offenbar nicht. Er sagt: "Ein kleines Museum, aber eine große Sensation."

Noch zwei Wochen, dann ist Eröffnung. Hier und da fehlt noch das Vitrinenglas, hier und da noch eine Infotafel. Aber die Exponate stehen schon alle drin, 2000 Stück, sorgfältig drapiert auf Podesten, in Regalen, in Schaukästen. Große Dackel, mittlere Dackel, kleine Dackel. Dackel aus Plastik, aus Glas, aus Porzellan, aus Holz, aus Elfenbein. Dackel-Aschenbecher, Dackel-Salzstreuer, Dackel-Bierkrüge. "Dackel in allen Variationen", sagt Küblbeck, "da ist bis jetzt noch keiner drauf gekommen". Das Passauer Dackelmuseum ist das erste Dackelmuseum der Welt.

Der erste Eindruck: furchtbar kitschig. Aber man muss dem Museum eine Chance geben. Also rein in die Ausstellung. Über der Eingangstür steht "aufdaggeln", und wer drin ist, merkt sofort: Hier dackelt es nicht nur, hier seppelt es auch ganz schön. Zum Beispiel der Schaukasten mit der Eckbank und dem Wirtshaustisch, der mit Brezn und Bierkrügen und Brotzeitbrettln überfrachtet ist. Auf dem Tisch thront eine Dackelfigur, die nach einer Weißwurstkette schnappt. "Der Dackel ist für das internationale Publikum der Inbegriff des Bayerischen", sagt Küblbeck, "alle Attribute des Dackels hat auch der Bayer in sich: Gemütlichkeit, Treue, Schlitzohrigkeit." Dackel und Bayer, beide seien "ein Hund", sagt Küblbeck, "ein Hundling".

Wo der Ursprung des Dualismus Bayern-Dackel liegt, kann auch das Museum nicht exakt beantworten. Aber es stimmt schon: Wer an den Dackel denkt, der denkt an Bayern. Dass dies so ist, daran haben schon die alten Wittelsbacher mitgeholfen. Im Museum erfährt der Besucher: Franz Prinz von Bayern züchtete 1918 den ersten seiner geliebten "Tigerdackel". Und jetzt, genau 100 Jahre später, würdigt das Dackelmuseum den Dackel als bayerisches Wahrzeichen. Noch dazu pünktlich zum hundertjährigen Bestehen des Freistaates. "Schön, dass diese Jubiläen alle in dieses Jahr fallen", findet Küblbeck.

Vor allem mit München verbindet den Dackel eine spezielle Beziehung. Dass der Dackel bereits Ende des 19. Jahrhunderts in den Münchner Wirtsstuben omnipräsent war, dokumentieren im Passauer Museum mehrere Postkartenmotive aus der Zeit zwischen 1890 und 1930. Vom "Bierdackel" sprechen die Münchner, weil die Dackel laut Museumsbroschüre "ins Wirtshaus gehören wie das Kruzifix in den Herrgottswinkel". Und dann gibt es ja noch diese physiognomische Parallele zwischen dem Dackel und der Münchner Weißwurst. Der US-Amerikaner, sagt Josef Küblbeck, nenne den Dackel nicht umsonst "Sausage Dog".

Natürlich zeigt das Museum auch jenes Exponat, das den Dackel endgültig zu einer Art Münchner Wappentier machte: das Olympia-Maskottchen Waldi. Mehrere Original-Exemplare dieses Stoff-Dackels stehen in einem Schaukasten im hinteren Ausstellungsraum. Daneben hängt ein gerahmtes Foto des Läufers Günter Zahn, der 1972 in München das olympische Feuer entzündete. "Ein Passauer", sagt Museumsmacher Küblbeck. Überhaupt haben sich Küblbeck, 54, und sein Mann Oliver Storz, 46, große Mühe gegeben, in ihrer Ausstellung den Bezug des Dackels zu Passau herauszuarbeiten. Entsprechend bemüht wirkt das an einigen Stellen.

Küblbeck gibt zu: "Passau ist keine Dackelstadt." Schiebt aber sofort hinterher: "Noch nicht." Was nach Verheißung klingt, dürften manche als Drohung verstehen. Zuletzt gab es in Passau ja eine Debatte darüber, ob die Altstadt zu einer salzburghaften Touristen-Kulisse verkommt. Wegen der vielen Kreuzfahrturlauber, die sich allerorts durch die Gassen schieben. Und weil es immer mehr Souvenirläden gibt, die Kuckucksuhren, Oktoberfesthüte oder sonstigen Klischeekitsch verkaufen. Und jetzt hat das Tourismusbüro der Stadt auch noch das Dackelmuseum in seine Broschüren aufgenommen. Der Besuch im Museum soll sogar in die Stadtführungen integriert werden.

Auch "die Passauer Gastronomen sind alle mit im Boot", sagt Josef Küblbeck über seine Pläne, aus der Altstadt eine Dackel-Metropole zu machen. Beim Bäcker gibt es jetzt Brezn in Dackelform zu kaufen, beim Konditor Dackelpralinen, beim Italiener Dackelpizza, mit Würstl belegt, logisch. Das Konsumverhalten ändere sich eben, sagt Küblbeck. Er sieht das so: "Wenn der Tourist eine Kuckucksuhr will, dann schicke ich ihn nicht weg." Gäbe es hier keine Touristen, "wäre Passau ein Dorf, dann wäre hier Totentanz".

Ihr Dackelmuseum sei ein Museum "für die Passauer", aber auch für die Touristen, sagt Küblbeck. Die Infobroschüre, die der Besucher in die Hand bekommt, "gibt es in Deutsch und Englisch, eh klar". Die Japaner, sagt Oliver Storz, "spinnen hoch zehn" auf Dackel, "da ist das der absolute Hipsterhund". Und woher kommt die Dackel-Begeisterung der beiden Museumsmacher? Seit 25 Jahren sei er Dackelbesitzer, sagt Küblbeck, "in dritter Generation". Fast genauso lange ist er Sammler. "Wenn es in einem Antiquitätengeschäft oder auf dem Flohmarkt was mit Dackeln gibt, dann kaufe ich es." Und als ein Sammler aus Belgien kürzlich von den Museumsplänen erfuhr, vermachte er Küblbeck und Storz seinen gesamten Dackel-Fundus. Von 4000 Exemplaren ist nun rund die Hälfte im Museum am Residenzplatz gelandet.

Am Ende der Museumsführung hat Josef Küblbeck dann noch einen Tipp für diejenigen, die sich über das Museum aufregen: Öfter mal "die Welt mit dem Dackelblick sehen, dann geht's leichter".

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