Ausstellung in Nürnberg:"Klares Bekenntnis zum Bratwurst-Image"

Ausstellung in Nürnberg: Neun Zentimeter Nürnberger Glück.

Neun Zentimeter Nürnberger Glück.

(Foto: oh)

Eine Ausstellung über Bratwurst - braucht's des? Aber ja, findet Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly und rechtfertigt die Wurstschau. Allerdings ist Maly in dieser Sache auch nicht ganz objektiv.

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Muss das jetzt wirklich sein: eine Bratwurstausstellung in Nürnberg? Und das auch noch ein halbes Jahr lang, am Stück, im Stadtmuseum?

Es muss, findet Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly und wird kurz grundsätzlich. Ob man es denn denkbar finde, dass sie sich im französischen Cognac vom Weinbrand lossagen? Dass sie in Roquefort aufschreien: Nieder mit dem Käse? Dass die Leute in Modena massenhaft aufstehen mit der Parole: Ende mit dem Essig? Also.

Überhaupt habe er sich zu Beginn seiner Amtszeit dauernd von irgendwelchen Marketingleuten anhören müssen, die Stadt brauche dringend einen Imagewandel. Und immer fiel der Satz: Endlich weg vom Bratwurst-Image! Damit, sagt Maly, habe man ihm damals schon nicht kommen brauchen, und müsse es inzwischen erst recht nicht mehr. "Es wird Zeit", sagt Nürnbergs Rathauschef, "für ein klares Bekenntnis zum Bratwurst-Image." Nun ist der SPD-Mann womöglich kein uneingeschränkt objektiver Beobachter in der Sache.

"Schutzverband Nürnberger Rostbratwürste"

Denn Maly ist gerade vom "Schutzverband Nürnberger Rostbratwürste e.V." (den gibt es wirklich) zum "Bratwurstpreisträger" auserkoren worden. Wegen herausragender Verdienste um die Wurst, respektive deren Schutz. Oden aufs Würstlein aber hörte man von Maly schon zuvor. Es gibt sogar Pläne für ein Bratwurstmuseum in der Stadt, die aber nicht recht vorankommen. Als Ersatz dient jetzt erst mal eine Wurstschau. Hinein also in die Ausstellung "9 cm Nürnberg. Eine Kulturgeschichte der Bratwurst".

Und dabei schwelgen in den Geschichten, warum sie nun eigentlich so mickrig ist, die Nürnberger Wurst. Damit sie Spätankömmlingen nach Schließung der Stadttore durchs Schlüsselloch verabreicht werden konnte, lautet eine Legende. Um Gefangenen im Lochgefängnis ihre Henkersmahlzeit durch ein gebohrtes Loch zukommen zu lassen, noch eine Legende. Weil Kaspar Hauser ein rechter Vegetarier war und man ihm, lost and found in Franken, das Fleischliche nur in homöopathischen Dosen einzutrichtern vermochte - die schönste Legende. Und wie war es nun wirklich?

Die Ausstellung lässt das etwas in der Schwebe, das Ganze war wohl schlicht ein recht gelungener Gag von Marketingstrategen des 19. Jahrhunderts, die sich einen Kopf gemacht haben um ein unverwechselbares Bratwurst-Image der Stadt Nürnberg. Oder so. Hartmut Frommer, das ist der Mann vom Schutzverband, der in Nürnberg untrennbar mit dem Titel "Bratwurstpapst" verquickt ist, hält eine viel schönere Begründung bereit. Frommer zitiert den Franken-Dichter Fitzgerald Kusz, dem zufolge die Stadt das Diminutivum liebe, mit deren Hilfe sie ihr, keineswegs geringes, Selbstbewusstsein verstecke. Schon vor 400 Jahren habe man deshalb den Kampf um die größte Wurst aufgegeben.

Größe durch Großes zeigen kann schließlich jeder. Alternativ verlegte man sich auf die Produktion der kleinsten Wurst. Mit, jawohl, sensationellem Erfolg: Immerhin erstritt die Stadt den ersten Wurstschutz weltweit. Fixiert in der Verordnung 1257/2003 der Europäischen Kommission, der in der Nürnberger Wurstschau natürlich ein Ehrenplatz zukommt. Eine Wurst, die auf den Ehrentitel "Nürnberger" hört, muss seither aus Nürnberg stammen. Und kurz muss sie sein. Der Nürnberger identifiziere sich eben mit dem Kleinen, sagt Hartmut Frommer. "Und wissen Sie, was klein auf Polnisch und Tschechisch heißt?" Bitte. "Maly".

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