Augsburg: Liebeserklärung des OB:Total verschossen

Augsburgs OB Gribl ist verliebt - was er in einer Pressemitteilung der ganzen Welt kundtut. Doch die schwärmerischen Zeilen haben noch einen anderen Hintergrund.

Stefan Mayr

Ganz neue, erquickende Töne flattern aus dem Augsburger Rathaus hinaus in den noch jungen Frühling. Zuletzt hörte man ja fast nur von verzögerten Theaterbauten, verpfuschten Tribünen, vermissten Referenten. Alles graue Vergangenheit - denn hier kommt er: der total verschossene Oberbürgermeister.

Kurt Gribl

In einer Pressemitteilung schwärmt Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl von seiner Partnerin.

(Foto: dpa)

Folgendes brachte OB Kurt Gribl (CSU) allen Ernstes in einer städtischen Pressemitteilung zu Papier: "Meine Partnerin liebe ich nicht nur als bezaubernde Frau, sondern weil es keinen anderen Menschen gibt, der im Denken und Tun mit so wunderbaren Eigenschaften begabt ist: gebildet, klug, strategisch, gesellschaftspolitisch versiert, empathisch und vor allem menschenfreundlich."

Welch wegweisende Worte. Stadtoberhäupter aller Länder sollten sich ein Vorbild nehmen an der Griblschen Lyrik. Nach einer derart bezaubernden Liebeserklärung flögen ihnen die Sympathien - ach was: die Herzen! - der Wähler und vor allem Wählerinnen zu wie noch nie.

Ob das auch Kurt Gribl gelingen wird, muss allerdings mit einem klitzekleinen Fragezeichen versehen werden. Denn seine Wort-Girlande ist eine Antwort auf schnöde Vorwürfe aus der Opposition. Diese kritisiert, dass Gribls ehemalige Wahlkampf-Beraterin und jetzige Lebenspartnerin Geld verdient, indem sie an der städtischen PR-Kampagne zum "Projekt Augsburg City" mitarbeitet. Und die bösen politischen Feinde wittern gleich überall ein "Gschmäckle". "Die unterschwelligen Andeutungen, es würden Aufträge verschoben, weise ich zurück", schreibt Gribl dann doch wieder recht sachlich.

Schon einmal wurde er kritisiert, weil er eine Image-Kampagne für 60.000 Euro mal kurz am Stadtrat vorbei an seine Wahlkampf-Agentur vergeben hatte. Auch hier konnte er nichts Böses erkennen.

Neulich wollte die CSU sogar ein Gewerbe-Grundstück, das teilweise der Familie des Agentur-Inhabers gehört, in ein Luxus-Wohngebiet umwandeln. Doch der Plan scheiterte an Mitgliedern der Koalition, denen das Vorhaben dann doch zu viel des Guten war.

Gribl betont, dass seine Partnerin schon seit Jahren an Projekten der Stadt mitarbeite. "Ich halte es für selbstverständlich, dass meine Lebensgefährtin durch mein Amt als OB keinen Vorteil erlangen darf", so Gribl. "Ebenso selbstverständlich" ist es seiner Ansicht nach, "dass ihr daraus auch kein Nachteil entstehen darf". So setzt Augsburgs Oberbürgermeister Maßstäbe - nicht nur in lyrischer Hinsicht.

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