Augsburg:Bewährung im Fall Inhofer

Urteil Inhofer-Prozess

Angespannt: Das Verfahren hat August Inhofer, Senior-Chef des Hauses, stark mitgenommen.

(Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Im Prozess wegen Hinterziehung von Steuern und Sozialangaben muss keiner der vier Möbelhaus-Manager in Haft. Dafür werden hohe Geldstrafen fällig

Von Stefan Mayr, Augsburg

August Inhofer sitzt wie erstarrt und schwer atmend auf der Anklagebank. Nach der Urteilsverkündigung springt er auf und verlässt fluchtartig den Schwurgerichtssaal des Landgerichts Augsburg. Die Anspannung ist dem Gründer und Inhaber des Möbelhauses Inhofer aus Senden bei Neu-Ulm nach wie vor anzusehen, mit der Presse will er nicht sprechen. Vier Monate lang musste sich der 79-Jährige vor dem Landgericht Augsburg wegen Hinterziehung von Steuern und Sozialabgaben verantworten. Seit Mittwoch hat er den Prozess hinter sich, doch das Urteil muss erst einmal verdaut werden: elf Monate Bewährungsstrafe und 1,5 Millionen Euro Geldauflage.

Das Verfahren hatte August Inhofer sichtlich mitgenommen, am ersten Prozesstag war der prominente Unternehmer sogar in Tränen ausgebrochen. Doch nun können er und die drei Mitangeklagten aufatmen: Keiner von ihnen muss ins Gefängnis. Sein Neffe Edgar Inhofer bekam 22 Monate Haft auf Bewährung und 500 000 Euro Geldauflage aufgebrummt. Die zwei Personal-Verantwortlichen Karl Inhofer und Peter Schorr kamen mit Geldstrafen in Höhe von 60 000 und 45 000 Euro davon.

Sind das nun harte oder milde Strafen? Die Angeklagten müssen insgesamt mehr als zwei Millionen Euro zahlen, doch das wird keinen von ihnen in Armut stürzen. Hauptsache ist: Das Gericht folgte nicht der Forderung der Staatsanwaltschaft, die in ihrem Plädoyer für Edgar Inhofer dreieinhalb Jahren Haft beantragt hatte - ohne Bewährung. Für Senior-Chef August hatten die Ankläger zwei Jahre Haft auf Bewährung plus fünf Millionen Euro Geldauflage gefordert.

Der Vorwurf war tatsächlich keine Kleinigkeit: Das in ganz Schwaben und darüber hinaus bekannte Möbelhaus hatte über mehrere Jahre hinweg 21 Verkäufer als Scheinselbständige beschäftigt. Hierbei wurden Steuern in Höhe von 900 000 Euro hinterzogen und den Sozialkassen 1,5 Millionen Euro vorenthalten. Die Angeklagten hatten zu Prozessbeginn ein Geständnis abgelegt und den Schaden vorher durch Zahlungen wiedergutmacht. Sie betonten aber, dass sie nicht mutwillig betrogen hätten. Stattdessen seien ihnen Fehler unterlaufen, die sie bereuen.

Diese Fehler haben nun Folgen für das Unternehmen: Sollte das Urteil rechtskräftig werden, darf Edgar Inhofer in den kommenden fünf Jahren nicht mehr als Geschäftsführer tätig sein. Er muss nun von seinem Onkel August Inhofer ersetzt werden, der sich bereits aus dem operativen Geschäft zurückgezogen hatte. Er blieb knapp unter der einjährigen Bewährungsstrafe, deshalb trifft ihn das Verbot nicht. "Wir sind froh, dass die Firma weiterhin im Rahmen der Familie fortgeführt werden kann", sagt Alfred Sauter, einer der Anwälte des Familienunternehmens.

Der Vorsitzende Richter Wolfgang Natale stellte in seiner Urteilsbegründung klar, dass "hier kein durchgängiges System installiert wurde, das auf Gewinnmaximierung und Ausbeutung ausgelegt war". Genau diesen Vorwurf hatte die Staatsanwaltschaft den zwei Geschäftsführern bis zuletzt gemacht. Diese Bewertung hatte die Verteidigung schwer verärgert. Sie warf den Anklägern auch nach dem Urteil vor, das Maß verloren zu haben. "Da hat sich jemand total verrannt", sagte Verteidiger Walter Rubach. Er und seine Kollegen kritisierten auch, dass zwei beschuldigte Familienväter kurz vor Weihnachten in Untersuchungshaft genommen worden waren. Diese Tage im Gefängnis werden Edgar Inhofer und Peter Schorr nicht vergessen, die unangenehme Erfahrung wurde von der Kammer nach eigenen Angaben bei der Strafzumessung berücksichtigt.

Die Verteidiger werden gegen die Entscheidung keine Revision einlegen. Die Staatsanwaltschaft ließ am Mittwoch offen, ob sie Rechtsmittel einlegt. Prozessbeobachter gehen allerdings nicht davon aus.

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