Atomdebatte:Kabinett streitet über Ausstiegsdatum

Hartes Ringen im Ministerrat: Die CSU will den Atomausstieg bis 2022, die FDP will davon nichts wissen. Im Kabinett kam es zum Streit - und die Sitzung musste unterbrochen werden.

Katja Auer und Mike Szymanski

München - Die Koalitionspartner CSU und FDP stehen sich in der Frage des schnellen Atomausstiegs weiterhin unversöhnlich gegenüber. Am Dienstag scheiterte im Ministerrat der Versuch, doch noch zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen. Die FDP lehnt es ab, sich - wie von Regierungschef Horst Seehofer gefordert - auf 2022 als spätesten Ausstiegstermin festzulegen. Auch nach stundenlanger Suche nach einem Kompromiss gab Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) in dieser Frage nicht nach. Seehofer sagte: ,,Wir haben uns heute bemüht, diesen einen Punkt in Konsens zu bringen, das ist nicht gelungen.''

Bayerische Kabinettssitzung

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) will den Atomausstieg bis 2022. Sein Koalitionspartner FDP will davon jedoch nichts wissen.

(Foto: dpa)

Nun stehen zwei Positionen im Energiekonzept der Staatsregierung, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Für die FDP: "Nach Auffassung des Wirtschaftsministeriums wird ein Zeitraum von 15 Jahren bis zum endgültigen Ausstieg aus der Kernenergie für erforderlich gehalten." Für die CSU: "Nach Auffassung des Umweltministeriums ist der Ausstieg aus der Kernenergie bis 2020, spätestens bis 2022 zu vollziehen."

Der Ministerrat unterbrach im Laufe des Tages seine Sitzung, damit CSU-Chef Horst Seehofer und FDP-Landesvize Martin Zeil jeweils mit ihren Parteispitzen Kompromisslinien ausloten konnten - vergeblich. ,,Was den Zeitpunkt des endgültigen Ausstiegs betrifft, bleibt es also bei unterschiedlichen Meinungen'', sagte Seehofer. Nun müsse die Entscheidung über die Laufzeiten auf Bundesebene getroffen werden.

Aus CSU und FDP verlautete noch am Vormittag, man wolle vor den entscheidenden Gesprächen zum Atomausstieg am Wochenende in Berlin doch noch versuchen, eine einheitliche bayerische Position zu finden. Die Gespräche am Dienstag begannen um 10 Uhr in der Staatskanzlei, wurden dann aber gegen 13.30 Uhr für drei Stunden unterbrochen. "Wir haben eine gute Diskussion", sagte Zeil auf dem Weg zur Verhandlungsrunde mit seiner FDP im Wirtschaftsministerium. Aus der CSU kamen zu diesem Zeitpunkt bereits weniger freundliche Anmerkungen. "Meine Position hat sich nicht geändert", sagte Umweltminister Markus Söder. Landwirtschaftsminister Helmut Brunner bezeichnete es als "lächerlich", dass die FDP auf ihr Datum als frühestmöglichem Ausstiegstermin beharre. Er forderte die FDP auf, sich zu bewegen. "Wir sollten mit einer klaren Position der Staatsregierung nach Berlin gehen", erklärte Brunner.

Aber die FDP war nicht zu einem Einlenken zu bewegen. "Wir wollen, dass wir uns so schnell als möglich, aber eben nicht schneller als möglich von der Kernenergie verabschieden", sagte Zeil am Abend. Nach Informationen der SZ war zwischenzeitlich versucht worden, über die Laufzeiten der einzelnen bayerischen Meiler zu einem Kompromiss zu kommen. Die CSU hatte sich bei ihren Ausstiegsplänen am Atomkonsens der rot-grünen Bundesregierung aus dem Jahr 2001 orientiert. Das würde aber bedeuten, dass bereits bis zum Jahr 2016 vier von fünf Atomkraftwerken in Bayern vom Netz gehen würden. Allenfalls Isar 2 bliebe bis spätestens 2022 am Netz.

Für den Fall, dass sich die FDP doch noch auf 2022 als endgültiges Ausstiegsdatum festlege, signalisierte die CSU, die Laufzeiten der anderen Meiler womöglich zu strecken. Das hätte den Vorteil, dass die Energiewirtschaft mehr Zeit gewinnen würde, um mit neuen Gaskraftwerken und Ökostromanlagen die Energiewende zu vollziehen.

Die FDP war nicht überzeugt. Seine Fraktion halte die von der CSU erwogenen Zeiträume für "zu optimistisch", sagte Zeil. "Wir sind der Meinung, dass es nicht so sehr um eine bestimmte Jahreszahl gehen sollte." Noch seien zu viele Fragen wie etwa die Finanzierung der Energiewende ungeklärt. Die Verhandlungsführer von FDP und CSU taten sich auch deshalb so schwer nachzugeben, weil sie bei ihren Parteien im Wort stehen. Weitgehend Einigkeit besteht zwischen CSU und FDP darin, wie der Ausbau der erneuerbaren Energien in Bayern erfolgen soll. Der Anteil des Ökostroms soll von jetzt etwa 25 Prozent auf über 50 Prozent bis zum Jahr 2020 gesteigert werden

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