Asylstreit:Markus Söder erfindet sich neu - doch wer glaubt ihm noch?

Bayerns Ministerpräsident Söder hält 2018 seine Regierungserklärung im Landtag.

Markus Söder bei seiner Regierungserklärung. Inzwischen mahnt der bayerische Ministerpräsident im Landtag einen respektvollen Umgangston an.

(Foto: Lino Mirgeler/dpa)

Ausgerechnet der bayerische Ministerpräsident mahnt einen guten Stil in der Debatte an. Dabei ist er selbst einer der großen Zündler.

Kommentar von Katja Auer

Am Mittwochabend hat sich Ministerpräsident Markus Söder im Landtag ans Rednerpult gestellt und einen respektvollen Umgangston angemahnt. "Wir sind doch das Hohe Haus und keine Theaterbühne", sagte er. Ausgerechnet Söder. Da gibt einer den Feuerwehrmann, der die ganze Zeit mitgezündelt hat. Der einer der Hauptakteure war im Asylstreit. Der Seehofers Irrlichtern mit Ausdrücken wie "Asyltourismus" flankierte und so nicht nur zuließ, sondern befeuerte, dass die Kluft im Land tiefer wird und das Vertrauen in die Politik schwindet. Diesen Begriff werde er nicht mehr verwenden, sagte Söder nun, das sollte wohl Einsicht demonstrieren. Zugleich forderte er einen neuen Stil.

Freilich geht es im Landtag manchmal zu wie im Kasperltheater, wenn die Abgeordneten sich anplärren und beschimpfen und den Rednern ins Wort fallen. Und es ist beschämend, wenn die Reihen leer bleiben, obwohl wichtige Themen debattiert werden. Dass aber nun ausgerechnet Söder mit Stilfragen kommt, der mit seinem Machtkampf gegen Horst Seehofer das Parlament monatelang lähmte und aus dessen CSU momentan Wortmeldungen zu hören sind, wie sie keinem Rechtspopulisten schöner einfallen könnten, das ist geradezu dreist.

Markus Söder erfindet sich neu, es wäre nicht das erste Mal, diesmal eben als gemäßigter Staatsmann, aber mittlerweile zweifeln sie selbst in der CSU, ob das noch hilft. Ob ihm das jemand glaubt. Machtwille, Durchsetzungskraft, Führungsstärke, das sind Fähigkeiten, die Söder zugeschrieben werden. Empathie und Glaubwürdigkeit sind es nicht. In der jüngsten Umfrage liegt die CSU bei 39 Prozent, die AfD bleibt stabil bei 14. Die Strategie scheint nicht aufzugehen, AfD-Wähler mit einem starken Rechtskurs heimzuholen. Stattdessen wenden sich die Wähler der Mitte ab, altgediente CSU-Kreisvorsitzende berichten von Frust an der Basis und von Parteiaustritten.

Söder will sich nun absetzen von Parteichef Seehofer, der ohnehin angezählt ist. Falls die Landtagswahl schief geht - wonach es zurzeit aussieht - soll das als Berliner Problem deklariert werden. Der Ministerpräsident als Opfer einer fehlgeleiteten Bundespolitik, an der er selbst gar nicht beteiligt war. Aber diese Legende wird sich schwerlich halten lassen.

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