Asylpolitik in Bayern:Neue Unterkünfte für junge Flüchtlinge

Erstaufnahmeeinrichtung für jugendliche Flüchtlinge in der Bayernkaserne.

Eine Kochnische in der Bayernkaserne, wo junge Flüchtlinge leben.

(Foto: Stephan Rumpf)

Immer mehr minderjährige Flüchtlinge kommen ohne Begleitung nach Bayern, doch die Massenkasernierung soll nun ein Ende haben: Sozialministerin Christine Haderthauer will zusätzliche Jugendheime schaffen. Die Kommunen finden das gut - fürchten aber neue Lasten.

Von Sven Loerzer und und Stefan Mühleisen

Schon im nächsten Jahr soll die Kasernierung von jungen Flüchtlingen in Massenquartieren der Vergangenheit angehören. Doch Fachleute haben erhebliche Zweifel, ob die lang geforderte und nun kurz vor der Landtagswahl verkündete Wende in der bayerischen Flüchtlingspolitik derart schnell zu vollziehen ist. Denn um die 16- bis 18-Jährigen, die ohne Eltern nach Bayern gekommen sind, aus den Erstaufnahmeeinrichtungen in München und Zirndorf zu holen und diese zu schließen, müssten neue Unterkünfte entstehen. Deshalb hat Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) an Landkreise und Kommunen appelliert, die für Jugendhilfe zuständig sind, "die dafür erforderlichen Einrichtungen zu schaffen". Alternativen erhofft sich die Ministerin zum Jahreswechsel, spätestens im ersten Quartal 2014.

Rund 120 junge Männer im Alter von 16 bis 18 Jahren leben derzeit in der Erstaufnahmeeinrichtung Bayernkaserne, knapp 20 Mädchen in der Baierbrunner Straße. Nach Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und dem Wachpersonal im März war das Bewachungsunternehmen in der Bayernkaserne im Mai ausgetauscht und die der Inneren Mission übertragene soziale Betreuung personell aufgestockt worden. Dennoch blieb der Personaleinsatz weit hinter dem Jugendhilfestandard zurück. Elisabeth Ramzews von der Inneren Mission, die seit sieben Jahren für die Betreuung der jungen Männer und Frauen in einer Jugendhilfeeinrichtung kämpft, betrachtet die Ankündigung der Ministerin deshalb als "revolutionär" für Bayern: "Wir haben es endlich geschafft, dass allen Jugendlichen im Alter bis 18 Jahren die Jugendhilfe offensteht."

Im Münchner Umland steht man Haderthauers Vorstoß allerdings reserviert gegenüber. "Der Freistaat lehnt sich zurück, und die Kommunen sollen sich schnell darum kümmern", sagt die Landrätin des Landkreises München, Johanna Rumschöttel (SPD). Wieder werde eine Aufgabe, für welche die Bezirksregierungen zuständig seien, auf die Kommunen abgewälzt. "Unter gutem Miteinander verstehe ich etwas anderes", sagt sie und erinnert daran, dass die Jugendhilfeeinrichtungen schon jetzt "mehr als ausgelastet" seien. Der Fürstenfeldbrucker Landrat Thomas Karmasin (CSU) unterstützt zwar den Vorstoß Haderthauers, sieht aber die Landkreise bei der Umsetzung weitgehend außen vor. Die Jugendhilfe liege weitgehend in der Hand freier Träger, die Kosten für Asylbewerber, die von diesen betreut werden, übernehme immer der Staat. Die Landkreise könnten höchstens vermitteln.

Nach den Vorstellungen von Experten aus dem "Forum unbegleitete Minderjährige", das die Ministerin eingeladen hat, um ein Versorgungskonzept zu erarbeiten, sollten vier Jugendhilfehäuser zur Erstaufnahme mit jeweils etwa 50 Plätzen entstehen. Zusätzlich zu den Standorten München und Zirndorf sollte es zwei weitere geben, als Standorte sind Augsburg und Regensburg im Gespräch. Damit diese Häuser ihre Aufgabe erfüllen können, müssten weitere Plätze entstehen, um Jugendliche bedarfsgerecht weiter vermitteln zu können. Als Unterstützung für die Kommunen will Haderthauer für 2013 und 2014 jeweils 400 000 Euro bereitstellen. "Wir begrüßen es grundsätzlich, dass die Ministerin auf die Linie des Jugendamts eingeschwenkt ist", sagte Sozialreferentin Brigitte Meier. Derzeit habe die Landeshauptstadt mehr als 1100 junge Flüchtlinge untergebracht und versorge damit 80 Prozent aller unbegleiteten Minderjährigen in Bayern. Die Kosten für die erzieherischen Hilfen trage zwar der Staat, nicht aber den Aufwand für die Verwaltung sowie für die Führung der Vormundschaften.

Dass sich das Gebäude der Bayernkaserne nicht in eine Jugendhilfeeinrichtung umwandeln lässt, macht Elisabeth Ramzews deutlich. Denn um eine angemessene Betreuung bieten zu können, müsse es statt langer Zimmerfluchten Wohngruppen mit etwa zehn bis zwölf Plätzen und eigenem Aufenthaltsraum geben. Für ein Haus mit 50 Plätzen seien 25 Mitarbeiter erforderlich. Die Innere Mission, der bislang 23 Mitarbeiter in der Bayernkaserne zugestanden sind, ist daran interessiert, ein solches Clearinghaus, in dem geklärt wird, welche Hilfen die Jugendlichen benötigen, als Träger zu übernehmen.

Nach Angaben des Sozialministeriums kommen derzeit mit Abstand die meisten unbegleiteten Minderjährigen aus Afghanistan. Verstärkt reisten auch Jugendliche aus Somalia und Syrien ein. Die Zahlen steigen: 458 Jugendliche kamen 2011 nach Bayern, 558 waren es 2012. Laut Haderthauer waren zuletzt nur fünf Prozent der minderjährigen Asylbewerber nicht in Jugendhilfeeinrichtungen.

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