Asylpolitik:Bayerns Amt für Abschiebungen

Bei Abschiebungen nach Afghanistan gibt es immer wieder Proteste am Flughafen München

Bei Abschiebungen aus Bayern vom Münchner Flughafen aus kommt es meist zu großen Gegendemonstrationen wie im vergangenen Jahr.

(Foto: Marco Einfeldt)
  • Bayerns Ministerpräsident Markus Söder will in Manching bei Ingolstadt ein neues Landesamt für Asyl schaffen.
  • Die Behörde soll "alle Kräfte bündeln für mehr Abschiebungen und mehr Rückführungen".
  • Die Opposition kritisiert das Vorhaben auch wegen der Zuständigkeit des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) bei Asylverfahren.

Von Johann Osel

Das neue Landesamt für Asyl, dessen Gründung Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zum August angekündigt hat, wird nur wenige neue Stellen erhalten. Stattdessen soll die rechtlich selbständige Oberbehörde mit etwa 1000 Mitarbeitern hauptsächlich durch eine Zusammenlegung von Behörden entstehen. Dies bestätigte das Innenministerium auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung. Für das geplante Amt mit Dienstsitz Manching bei Ingolstadt könnten 100 zusätzliche Kräfte eingestellt werden.

Das Kabinett hatte am Freitag in seiner ersten Sitzung das Innenministerium beauftragt, die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen für die Behörde zu schaffen. Diese soll "alle Kräfte bündeln für mehr Abschiebungen und mehr Rückführungen". Innenminister Joachim Herrmann (CSU) will zeitnah einen Gesetzentwurf vorlegen. Auch wegen der Zuständigkeit des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) bei Asylverfahren kritisierte die Opposition das Vorhaben. SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher hatte nach der Kabinettssitzung von "einem neuen Wasserkopf mit einer neuen Behörde" gesprochen.

Das Landesamt soll auf dem Gelände einer früheren Kaserne in Manching entstehen. Dort angesiedelt ist bereits ein Transitzentrum für Flüchtlinge, die eine geringe Bleibeperspektive haben oder zum Beispiel ihre Identität verschleiern. Der Großteil der 1000 Mitarbeiter wird auf die zentralen Ausländerbehörden bei den sieben Bezirken entfallen, die gerade sukzessive aufgebaut werden. Sie bleiben dort sitzen, nur unter dem neuen Dach des Landesamtes. Auch soll die Neugründung künftig für die Passbeschaffungen zuständig sein, etwa Ersatzpapiere oder andere Heimreisedokumente für abgelehnte Asylbewerber. Dies übernimmt derzeit die Regierung von Oberbayern, diese 30 Mitarbeiter wandern zum Landesamt. Wegen der nötigen Nähe zu den Generalkonsulaten bleibt man als Außenstelle in München.

Auch einige Aufgaben der sogenannten Polizeiinspektion Schubwesen gehen auf das Landesamt über. Diese bucht zum Beispiel Abschiebeflüge, organisiert Transporte und Polizeibegleitung. Teile der Inspektion ziehen von München nach Manching um. Das neue Amt soll darüber hinaus Sammelabschiebungen koordinieren; das macht aktuell die Regierung von Oberbayern.

Neben eigenen Rückführungen beteiligt sich Bayern regelmäßig an Sammelabschiebungen des Bundes, zuletzt auch nach Afghanistan - was wegen der Sicherheitslage dort umstritten ist. In weiten Teilen gehe es um "Verwaltungsvereinfachung" und Abläufe "aus einem Guss", heißt es im Innenministerium. Vollzugsaufgaben würden zentral für Bayern erledigt, mit einem festen Ansprechpartner auf Landesebene.

Die neue Behörde - laut Söder "eine Art Bayern-Bamf" - soll sich dann auch um die Zusammenarbeit mit dem Bundesamt kümmern. Für Asyl-Entscheidungen bleibe weiterhin das Bamf zuständig, wurde im Kabinett am Freitag eingeräumt. Eigene "Entscheider" für die Prüfung von Asylanträgen wird Bayern also nicht haben. Der Ministerpräsident plant aber Gespräche mit Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bezüglich der Pläne für eine bayerische Grenzpolizei; sie soll eigenständig Grenzkontrollen vornehmen dürfen. Womöglich kommt bei den Verhandlungen - wenn es schon um das Thema Hoheit geht - das Bamf ebenfalls zur Sprache.

Derzeit leben in Bayern 23 704 Ausreisepflichtige

Die stellvertretende Vorsitzende des Innenausschusses im Landtag, Eva Gottstein (Freie Wähler), sagt: "Die CSU tut so, als ob wir locker vom Hocker für Bundesangelegenheiten zuständig sein könnten." Was sich mit dem Landesamt konkret ändere, erschließe sich ihr nicht. Sie befürchte eine "wahnsinnige Schaumschlägerei". Erforderlich sei mehr Polizei direkt bei den Bürgern.

Dem Konzept der Transitzentren habe ihre Fraktion zum Beispiel zugestimmt, "das war in sich schlüssig". Das Landesamt wirke "eher wie ein Versuch, dem Bund zu zeigen, dass man es besser kann". Dabei gebe es klare Vorgaben für die Zuständigkeiten. Ein Bamf-Sprecher sagte am Montag auf die Frage, wie man die Zusammenarbeit mit dem Landesamt in der Praxis sehe: Man könne sich "als operative Behörde generell nicht zu politisch diskutierten Plänen von Landesregierungen äußern".

Herrmann erhofft sich durch die Neuerung, "den Aufenthalt von ausländischen Staatsangehörigen, deren Asylantrag als unbegründet abgelehnt worden ist, zeitnaher und konsequenter beenden zu können". Vergangenes Jahr hat Bayern 3282 Personen abgeschoben, freiwillig ausgereist sind zudem mindestens 13 100. Die Zahl der Abschiebungen blieb etwa gleich im Vorjahresvergleich.

Bundesweit sank sie 2017 um fünf Prozent. In absoluten Zahlen steht Bayern nur an dritter Stelle, hinter Baden-Württemberg (3483 Abschiebungen) und Nordrhein-Westfalen (6308); allerdings liegt in NRW die Zahl der Ausreisepflichtigen ohne Duldung viel höher. Bundesweit scheint der Freistaat bei der Erteilung von Duldungen strenger vorzugehen als viele andere Länder.

Derzeit leben in Bayern laut Ministerium 23 704 Ausreisepflichtige - davon ungefähr 10 000 ohne Duldung. In einem gemeinsamen Appell an die Regierung hatten zahlreiche Initiativen aus der Flüchtlingsarbeit kürzlich die "einseitige Ausrichtung" der bayerischen Politik auf die Ausreise und Abschiebung von Flüchtlingen gerügt; diese verhindere Integration und schüre Vorurteile.

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