Anschlag auf Zugreisende:Was wir über den Angriff bei Würzburg wissen

Anschlag auf Zugreisende: Die Zugstrecke und der Tatort im Überblick.

Die Zugstrecke und der Tatort im Überblick.

(Foto: sde)

Der Täter verletzte vor allem Menschen aus Hongkong. Ihn trieb eine islamistische Motivation. Eine wichtige Frage ist aber noch offen.

Zusammengestellt von Esther Widmann und Benedikt Peters

Was wir wissen:

  • In einem Regionalzug hat ein junger Mann Fahrgäste mit einer Axt oder einem Beil und einem Messer angegriffen. Die Entwicklungen im Liveblog.
  • Der Jugendliche verletzte mehrere Menschen im Zug schwer und flüchtete anschließend aus dem Fahrzeug.
  • Zwei Menschen sind lebensbedrohlich verletzt. Unter den Opfern sind mehrere Mitglieder einer Familie aus Hongkong.
  • Der Täter ist ein 17-jähriger Afghane, der am 30. Juni 2015 bei Passau als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling über die Grenze gekommen ist und um Asyl gebeten hat. Danach kam er nach Ochsenfurt im Landkreis Würzburg in ein Heim für Flüchtlinge. Eine sogenannte Aufenthaltsgestattung wurde ihm im März erteilt, er hielt sich also legal in Deutschland auf. Vor etwa zwei Wochen kam er zu einer Pflegefamilie. Er habe dort einen "zuvorkommenden und netten Eindruck gemacht", sagt seine Pflegemutter. Von einer Radikalisierung sei nichts zu spüren gewesen. Ähnlich beschreibt ihn der Helferkreis in Ochsenfurt. Der 17-Jährige lernte Deutsch und war in einem Sportverein aktiv. Er galt als gläubiger Sunnit und betete vorwiegend zuhause. Am Freitag oder Samstag soll er die Nachricht vom Tod eines engen Freundes in Afghanistan bekommen haben. Darüber redete er auch mit seinen Pflegeeltern.
  • Die Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft deuten darauf hin, dass sich der Jugendliche in kurzer Zeit radikalisiert hat. Bei einer Durchsuchung seines Zimmers wurden eine handgemalte IS-Flagge sowie ein Texte auf Paschtu gefunden. Darunter ist etwa ein Abschiedsbrief an seinen Vater, in dem es etwa heißt: "Bete für mich, dass ich mich an diesen Ungläubigen rächen kann."
  • Der Regionalzug war auf der Strecke von Treuchtlingen nach Würzburg unterwegs und kam nach dem Auslösen der Notbremse im Würzburger Stadtteil Heidingsfeld zum Stehen.
  • Auf der Flucht verletzte der Täter eine Anwohnerin. Die Verletzungen sind schwer, die Frau aber außer Lebensgefahr.
  • Beamten eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) gelang es, den 17-Jährigen am Mainufer, etwa 500 Meter entfernt vom Nothalt des Zuges, zu stellen. Als er die Beamten mit seinen Waffen angriff, erschossen sie ihn.
  • Die Familie aus Hongkong war auf der Rückreise von einem Ausflug in Rothenburg ob der Tauber nach Würzburg. Warum der 17-Jährige genau auf diese Familie mit der Axt einschlug, sei nicht klar, erklären die Ermittler.
  • Das SEK war zufällig wegen eines Einsatzes gegen Drogendealer in der Nähe.
  • Die Staatsanwaltschaft geht von einer politisch motivierten Tat aus, die Polizei spricht von einer "islamistisch-religiösen" Motivation.
  • In einer Meldung der Propaganda-Agentur des IS, Amaq, beansprucht die Miliz die Tat für sich.
  • Zudem hat eine dem IS nahestehende Internetseite ein Video veröffentlicht, dass den 17-Jährigen vor der Tat zeigen soll. Ob das stimmt, ist noch unklar.
  • Das Landeskriminalamt untersucht intern den Gebrauch der Schusswaffen, um zu klären, ob ihr Einsatz gerechtfertigt war.

Was wir nicht wissen:

  • Hatte der Täter tatsächlich Kontakt zum IS? Innenminister Herrmann hatte angegeben, dafür gebe es keine Hinweise. Das angebliche IS-Video spricht dagegen. Die Polizei prüft derzeit, ob der Mann auf dem Video tatsächlich der Angreifer von Würzburg ist. Grundsätzlich reklamiert die Terrormiliz auch dann Anschläge für sich, wenn sie keinen Kontakt zu Tätern hatte.
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