Anschlag auf Ansbacher Gymnasium:Haftbefehl wegen versuchten Mordes

Ein 18 Jahre alter Schüler hat in seinem Gymnasium Molotowcocktails geworfen. Mehrere Menschen wurden verletzt - zum Teil schwer. Der Täter wurde festgenommen.

Bei einem Anschlag auf das Gymnasium Carolinum im mittelfränkischen Ansbach sind zehn Menschen verletzt worden - zwei Schülerinnen und der Täter selbst seien schwer verletzt worden, sieben weitere Schüler leicht, sagte Polizei-Einsatzleiter Udo Dreher. Ein Verletzter soll nach Angaben des Bayerischen Roten Kreuzes einen Bauchschuss erlitten haben.

Laut Polizei stammen die Opfer aus der achten Jahrgangsstufe. Alle Verletzten befänden sich inzwischen zur Versorgung im Ambulanten Operationszentrum Ansbach.

Bei dem Täter, der bereits festgenommen werden konnte, handle es sich um einen 18-Jährigen aus der 13. Klasse der Schule. Zeugen beschreiben den jungen Mann als umgänglich, freundlich und nicht aggressiv.

Die erste Information von dem Vorfall erreichte die Behörden über einen automatischen Feueralarm. Polizeiangaben zufolge ist der Schüler um 8:35 Uhr mit Brandsätzen und einer Axt bewaffnet in die Schule gekommen. Nach den bisherigen Erkenntnissen schleuderte der Täter mehrere Molotowcocktails in den dritten Stock des Gebäudes. Dort befinden sich auch Klassenzimmer der achten Jahrgangsstufe.

Eine Klasse hat sich zum Schutz vor dem Täter verbarrikadiert. Nachdem sie Schreie gehört und Rauch bemerkt hätten, habe ihre Lehrerin nach einem kurzen Blick aus dem Klassenzimmer sofort die Tür verschlossen und Tische und Stühle vor die Tür geschoben, berichtete eine Schülerin dem Ansbacher Radiosender Radio 8.

"Wir haben uns dann in der Ecke versteckt", sagte die Gymnasiastin. Kurz darauf habe jemand an der Tür gerüttelt, vermutlich sei es der Täter gewesen. Die Schülerin kritisierte, dass es in der Schule keinen Amoklauf-Alarm gebe, wie er an einigen anderen Schulen inzwischen üblich sei.

Nach der Tat rannten zwei Schüler ins Direktorat der Schule und informierten die Schulleitung, die die Polizei alarmierte. Diese rückte mit einem Großaufgebot von etwa 100 Einsatz- und Rettungskräften an. Der Täter wurde zehn Minuten nach dem Anschlag um 8:45 Uhr von den Einsatzkräften überwältigt. Dabei soll er durch einen Polizisten mit mehreren Schüssen schwer verletzt worden sein.

Die verletzten Schüler wurden zunächst in der Turnhalle der Schule untergebracht. Seelsorger und Psychologen betreuten auch die übrigen Kinder und Jugendlichen. "Die Schüler helfen sich gegenseitig vorbildlich", sagte Oberbürgermeisterin Carda Seidel (parteilos).

Nach Angaben von Schulleiter Franz Stark trugen Lehrer die verletzten Schüler aus der Schule und überprüften, ob alle die Klassenräume verlassen hatten. Die meisten der auf den Schulhof geschickten Jugendlichen hätten zuerst an eine Übung geglaubt, berichtete Stark. "Es fällt mir schwer, dazu Stellung zu nehmen." Für Freitag wurde der Unterricht abgesagt. Die Schüler sollen aber Gelegenheit erhalten, mit Fachleuten über das Erlebte zu sprechen.

Zum Motiv für die Tat am dritten Tag des neuen Schuljahres in der mittelfränkischen Stadt gab es zunächst noch keine Informationen. Der Täter ist derzeit aufgrund seiner schweren Verletzungen nicht ansprechbar.

Haftbefehl wegen versuchten Mordes

Die Staatsanwaltschaft hat Haftbefehl wegen versuchten Mordes gegen den 18 Jahre alten Gymnasiasten erlassen. "Schwerpunkt wird es sein, aufzuhellen, was in dem Täter vorgegangen ist", sagte die Oberstaatsanwältin.

Wann der schwerverletzte junge Mann dem Haftrichter vorgeführt werden könne, sei allerdings noch offen, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Ansbach.

Auch wenn die Polizei nicht mehr davon ausgeht, dass der Täter einen Komplizen hatte, wurde das Gebäude geräumt und von Beamten komplett durchsucht.

Die rund 700 Schüler des Gymnasiums und zahlreiche besorgte Eltern, die zum Tatort geeilt waren, wurden von 17 Notfallseelsorgern betreut. Sie wurden zum Teil in Räumen der örtlichen Agentur für Arbeit untergebracht.

Mit Bestürzung reagierte Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) auf den Ansbacher Schulanschlag. "Diese schreckliche Tat macht mich zutiefst betroffen", sagte Merk. "Meine Sorge gilt vor allem den verletzten Schülern." Wichtig sei nun vor allem psychologische Hilfe. "Die Verletzten, aber auch die Mitschüler und Lehrer brauchen jetzt schnellstmöglich kompetente psychologische Hilfsangebote, um bleibende Traumata zu verhindern."

Thüringen hat Ansbach indes Hilfe krisenerfahrener Schulpsychologen angeboten. Nach dem Massaker an einem Erfurter Gymnasium mit 17 Toten im Jahr 2002 wisse man um die problematischen Situationen nach einer solchen Tat, sagte Kultusminister Bernward Müller (CDU). Er habe die Meldungen mit großer Betroffenheit zur Kenntnis genommen. Die Anteilnahme der Thüringer gelte den Verletzten und ihren Familien, aber auch allen anderen Schülern und den Lehrern.

Die Stadt Ansbach hat ein Seelsorgetelefon eingerichtet unter der Telefonnummer 0981 / 468777.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: