Ansbach:ÖDP-Politiker unter Verdacht

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Schweiger soll Patientinnen sexuell missbraucht haben

Von Olaf Przybilla, Ansbach

Wegen des Verdachts, Patientinnen sexuell missbraucht zu haben, ermittelt die Staatsanwaltschaft Ansbach gegen den Arzt Hermann Schweiger. Der 62-Jährige ist Fraktionsvorsitzender der ÖDP im Ansbacher Kreistag sowie Mitglied im Bundesvorstand seiner Partei. Für die Bundes-ÖDP ist er auch als Mediator tätig. In einem Brief an die Partei hat Schweiger bereits sämtliche politischen Ämter niedergelegt. Nach Angaben des ÖDP-Kreisvorsitzenden Martin Berberich schreibt Schweiger in dem Brief, er sei "sehr traurig" und werde an der Aufklärung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe mitwirken. Wegen Fluchtgefahr sitzt Schweiger in Untersuchungshaft. Festgenommen wurde er in seiner Praxis für Allgemeinmedizin und Psychotherapie im mittelfränkischen Feuchtwangen.

Nach Angaben von Oberstaatsanwalt Michael Schrotberger wird gegen Schweiger wegen des Verdachts des "sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses" ermittelt. Der Haftbefehl bezieht sich auf insgesamt 107 Fälle. Vom Missbrauch betroffen sein sollen drei Frauen, alle haben laut Staatsanwaltschaft Angaben zu den Vorwürfen gemacht. Schweiger hat sich zu den Vorwürfen noch nicht geäußert. Die Ermittlungen waren durch eine Frau ins Rollen gekommen. Sie hatte bei der Polizei erklärt, sie fühle sich von dem Arzt missbraucht. Die drei mutmaßlich betroffenen Frauen sind volljährig, der Sex soll einvernehmlich gewesen sein. Sollten sich die Vorwürfe als zutreffend erweisen, droht dem Mediziner eine lange Haftstrafe. Für Sex unter Missbrauch des Behandlungsverhältnisses drohen Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren.

Die Praxis des Arztes wurde insgesamt zweimal durchsucht. Auch Schweigers Handy wurde dabei sichergestellt. Der Chat-Verkehr wurde untersucht und gezielt danach gefahndet, ob sich unter den Frauen auch Patientinnen befinden, die von Schweiger psychotherapeutisch behandelt wurden. Zum Sex soll es in den Praxisräumen gekommen sein. Nach SZ-Informationen war wegen ähnlicher Vorwürfe schon zweimal gegen Schweiger ermittelt worden. Beide Male wurden die Ermittlungen aber eingestellt. Schweigers Anwalt Alfred Meyerhuber sagte im SZ-Gespräch, man werde demnächst eine Erklärung abgeben, in der "der äußere Ablauf im Wesentlichen eingeräumt wird". Juristisch nicht geklärt sei damit aber, inwieweit die Frauen missbraucht wurden. Es sei offenbar auf beiden Seiten um "tiefe und ernste Gefühle" gegangen. Man wolle den Frauen weitere Aussagen möglichst ersparen.

Der Ansbacher ÖDP-Kreisvorsitzende Berberich zeigte sich erschüttert. Bereits am vergangenen Wochenende habe Schweiger unentschuldigt bei der Klausur der Partei gefehlt. "Sollten die Vorwürfe zutreffen, dann ist das sehr verwerflich." Seine Partei wolle unbedingt, "dass das alles aufgeklärt wird". Schweiger hatte 2013 auch für den Landtag kandidiert. Den Ansbacher Kreistag hat er bereits gebeten, sein Mandat niederlegen zu dürfen. Die ÖDP bräuchte dann auch einen neuen Fraktionsvorsitzenden.

© SZ vom 09.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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