Ansbach:Der Vater hatte bereits Kontaktverbot

Trauer nach Familiendrama in Gunzenhausen

Trauerkerzen, Blumen, eine Engelsfigur und ein Abschiedsbrief, stehen am Eingang eines Hochhauses, in dem nach einem Familiendrama drei Kinder und ihre Mutter tot aufgefunden wurden. Der mutmaßliche Täter und Vater der Kinder hat sich nach der Tat von einem Balkon im dritten Stock des Hochhauses gestürzt.

(Foto: dpa)

Der 31-Jährige, der seine Frau und seine drei Kinder mit einem Messer getötet haben soll, ist polizeibekannt. Er selbst liegt im Koma.

Von Claudia Henzler, Gunzenhausen

Die Morde an einer 29-jährigen Frau und ihren drei Kindern in Gunzenhausen haben eine Vorgeschichte: Nach Erkenntnissen der Kriminalpolizei Ansbach wollte sich die Frau von ihrem Mann trennen, weil der seine beiden sieben- und neunjährigen Söhne seit Jahren misshandelt haben soll.

Wenige Tage vor der Tat hatte die Polizei deshalb ein Kontaktverbot gegen den 31-jährigen Ehemann ausgesprochen. Er steht im Verdacht, seine Frau, das dreijährige Mädchen und die beiden Jungs am Dienstagmorgen mit einem Messer getötet zu haben. Das Amtsgericht Ansbach hat einen Haftbefehl wegen Mordes gegen den Mann erlassen. Er war nach der Tat vom Balkon gestürzt, liegt derzeit im künstlichen Koma und konnte noch nicht vernommen werden.

Am Mittwoch präsentierte die Polizei erste Erkenntnisse zum Tathergang. Demnach hat sich der Familienvater am Montag trotz des Kontaktverbots bei seiner Frau gemeldet und darum gebeten, dass er ein paar Kleidungsstücke abholen dürfe, die er angeblich dringend brauchte. Die Wohnungsschlüssel hatte er vergangene Woche in Anwesenheit von zwei Streifenbeamten abgegeben.

Die Frau war nicht allein zu Hause, aus Angst vor ihrem Mann hatte sie ihren Bruder gebeten, bei ihr und den Kindern zu übernachten. Man vereinbarte, dass der Mann gegen 6 Uhr morgens vorbeikommen könne, sein Schwager würde die Sachen nach unten bringen. Um 5.36 Uhr habe der 31-Jährige angerufen, dass er gleich da sei.

Doch als sein Schwager nach unten ging und dort wartete, war der mutmaßliche Täter offenbar schon im Haus. Er habe auf dem Treppenabsatz zwischen dem vierten und fünften Stock gewartet und sei dann, so vermutet die Polizei, auf Socken nach unten in die Wohnung geschlichen. Er kam offenbar leicht hinein, die Tür war schon vorher beschädigt.

In der Hand ein langes Küchenmesser, beide Hände voller Blut

Unten auf der Straße habe der Bruder plötzlich ein lautes Geräusch gehört. Als er in die Wohnung rannte, so hat er es der Polizei erzählt, stand dort sein Schwager, in der Hand ein langes Küchenmesser, beide Hände voller Blut. Dann sei dieser auf den Balkon gelaufen und gesprungen. Die Kinder wurden vermutlich im Schlaf getötet. Die Polizei nimmt an, dass sich alles innerhalb von ein bis zwei Minuten abgespielt hat. Die mutmaßliche Tatwaffe soll der Vater extra gekauft haben.

Die Polizei wusste seit Donnerstag von Vorwürfen häuslicher Gewalt. Sie wusste auch, dass 2013 ein Strafbefehl gegen den Mann verhängt wurde, weil er gedroht hatte, seine Söhne umzubringen. Doch das war fünf Jahre her, das Paar hatte sich danach wieder versöhnt - und diesmal ging es "nur" um heftige Ohrfeigen. Als die Beamten ankamen, so schilderte es Kriminaloberrat Hermann Lennert auf der Pressekonferenz, habe sich die Situation schon beruhigt gehabt. Der Vater habe das Kontaktverbot unterschrieben, die Frau habe entschieden, mit den Kindern zu einer Verwandten nach Ansbach zu gehen.

Dieses Vorgehen entspreche dem Standard bei häuslicher Gewalt, sagte Lennert: "Dass man den Aggressor und die Familie trennt." Am Sonntag sei die Frau mit ihren Kindern nach Gunzenhausen zurückgekehrt, ohne das mit der Polizei abzusprechen. Schon in der Nacht auf Montag sei der Mann dort zweimal aufgetaucht. Beim ersten Mal habe die Polizei eine "deutliche Gefährderansprache" durchgeführt, betonte Lennert.

Der 31-Jährige habe einsichtig gewirkt und sei wieder gegangen. Vom zweiten Besuch, bei dem er von seinem Schwager weggeschickt wurde, sei die Polizei nicht informiert worden. Das hätte sonst vielleicht der Moment sein können, den Vater in Gewahrsam zu nehmen, sagte Lennert. Am Tag vor der Tat war die Frau dann beim Jugendamt.

Sie verließ die Behörde offenbar mit dem Plan, am Dienstag beim Amtsgericht ein dauerhaftes Kontaktverbot zu beantragen. Doch dann meldete sich ihr Mann mit seinem Kleiderwunsch. "Davon wusste weder das Jugendamt noch die Polizei", sagte Lennert. So kam es in der Nacht auf Dienstag zur furchtbaren Tat.

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