Affäre um CSU-Landrat:Seehofer lässt Kreidl fallen

Fischbachau: Landrat JAKOB KREIDL spricht dem CSU-OV

Nach mehreren Affären ist der Miesbacher CSU-Landrat Jakob Kreidl politisch am Ende.

(Foto: Johannes Simon)

Wochenlang hat er sich um eine klare Ansage gedrückt, nun ordnet CSU-Parteichef Seehofer plötzlich an: Der Miesbacher Landrat Kreidl soll eine Wiederwahl nicht annehmen. Doch so einfach ist das nicht. Die Grünen warnen die CSU davor, "sich jetzt das Kommunalwahlrecht zurechtzubiegen".

Von Frank Müller und Christian Sebald

Wochenlang hatte sich CSU-Chef Horst Seehofer um eine klare Ansage im Fall Jakob Kreidl gedrückt - am Montag schlug der Ministerpräsident dann zu. Im Parteivorstand ordnete Seehofer einen Rückzug Kreidls von der Kandidatur für den Miesbacher Landratsposten bei den anstehenden Kommunalwahlen an. Die verschiedenen Affären um den CSU-Politiker seien "jetzt nicht mehr eine persönliche oder lokale Angelegenheit", sagte Seehofer nach der Sitzung. Sie hätten nun Auswirkungen für die ganze Partei. Die oberbayerische Bezirkschefin der CSU, Ilse Aigner, wollte Kreidl die schlechte Nachricht noch am Abend persönlich erläutern.

Weil die Fristen für einen offiziellen Rückzug vom Stimmzettel für die Wahl am 16. März bereits abgelaufen sind, wird es nun zu einer höchst ungewöhnlichen Situation kommen. Für einen Ersatzkandidaten ist es nämlich schon zu spät. Kreidl bleibt also Kandidat. Seehofer will aber, dass der Landrat die verbindliche Erklärung abgibt, dass er eine Wahl nicht annehmen würde. Daran dürfe nicht gerüttelt werden, machte der Parteichef deutlich. "Es stimmt", sagte er, "die CSU wird damit nicht den Landrat stellen."

Stimmzettel mit Kreidl

Der Kandidat steht fest: Ein Stimmzettel für die Landratswahl im März.

(Foto: Paul Winterer/dpa)

Theoretisch könnte Kreidl allerdings trotzdem gewählt werden und eine Wahl sogar annehmen. Wie er mit einem solchen Fall dann umgehen würde, wollte der Ministerpräsident nicht sagen. Welche Konsequenzen die örtliche CSU daraus für den restlichen Wahlkampf ziehe, werde er nicht vorschreiben, fügte der CSU-Chef hinzu. "Wie die CSU vor Ort damit umgeht, ist ihre Entscheidung", sagte Seehofer ungerührt.

In der Miesbacher CSU herrscht Ratlosigkeit. Zwar ist dort längst die Mehrheit der Parteimitglieder und auch der Funktionsträger dafür, dass Kreidl von seiner Kandidatur lässt, aber der war bislang unnachgiebig. "Wenn ich der Jakob wäre, ich hätte schon lange zurückgezogen, allein um meiner Familie und um meiner Gesundheit willen", sagt zum Beispiel der Vize-Kreischef und Gmunder Bürgermeister Georg Preysing. "Außerdem hat die Auseinandersetzung ein Ausmaß erreicht, dass man es keinem mehr erklären kann."

Andere äußern sich ähnlich. "Wir haben immer wieder mit ihm gesprochen, dass das nicht zu schaffen ist", erklärt ein Bürgermeister-Kandidat. "Aber er hat nur gesagt: Ich schaffe das schon, ich gebe nicht auf."

"Kreidl ist nicht zu sprechen"

So einfach, wie sich Parteichef Horst Seehofer und die CSU-Spitze Kreidls Rückzug nun vorstellen, dürfte die Sache womöglich aber nicht werden. Zum einen hat sich Kreidl nach seiner Erklärung am Sonntag völlig abgemeldet. Selbst für führende Parteimitglieder war er seither nicht mehr erreichbar. "Er war beim Arzt und ist jetzt krankgeschrieben", hieß es aus dem Landratsamt. "Er ist nicht zu sprechen und wird auch keine Stellungnahmen abgeben." Dem Vernehmen nach blockte Kreidl zuletzt jedes Gespräch über die Zukunft ab.

Aber auch vom Wahlrecht her ist Seehofers Ansinnen sehr problematisch. Kreidl kann gar nicht mehr auf seine Kandidatur verzichten. Artikel 31 des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes besagt: "Die Wahlvorschläge sind spätestens bis 18 Uhr des 52. Tags vor dem Wahltag einzureichen. Ihre Zurücknahme ist ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zulässig." Diese Frist ist seit langem abgelaufen. Gewählt wird, von diesem Dienstag an gerechnet, in 19 Tagen. Kreidl kann also gar nicht mehr seinen Verzicht erklären.

Es sei denn, er wäre dauerhaft dienstunfähig und deshalb nicht wählbar. In Miesbach laufen denn auch seit Tagen Gerüchte um, der schwer angeschlagene Landrat oder die CSU könnten genau dies anstreben. Die Grünen warnten die CSU bereits davor, "sich jetzt das Kommunalwahlrecht zurechtzubiegen". Fraktionschefin Margarete Bause sagte: "Jetzt, da täglich neue Meldungen aus dem Miesbacher Amigosumpf auftauchen, bekommt Seehofer hektische Flecken im Gesicht und fordert einen Kandidaturverzicht Kreidls."

Neue Vorwürfe wegen Schwarzbau

Zuvor war im CSU-Parteivorstand der Fall Kreidl auch deswegen großes Thema, weil das Gremium sich nach längeren Vorarbeiten mit dem neuen Ehrenkodex beschäftigte. Diesen hatte Seehofer vom ehemaligen Parteichef Theo Waigel ausarbeiten lassen. Seehofer hatte dies eigentlich als Konsequenz aus der Verwandtenaffäre im Landtag angekündigt. Doch Waigel nahm nach der Sitzung direkt Bezug auf Kreidl und die hohen Summen für seine Party. "Die Maßstäbe sind sicher problematisch", sagte er.

In dem Kodex werden auf sechs Seiten aus moralisch-ethischen Überlegungen konkrete Regeln entwickelt. Angesprochen sind ausdrücklich "alle, die Ämter in der CSU ausüben und die auf Vorschlag der CSU in ein öffentliches Amt gewählt wurden - im Land, im Bund, in Europa oder in den Kommunen". Alle diese Funktionsträger seien "Rechenschaft schuldig", heißt es. "Das verlangt von der Politik und den Politikern Charakterstärke, Verantwortungsbewusstsein, Gemeinwohlverpflichtung und Dienstbereitschaft."

Kreidl steht seit Wochen wegen seiner 118 000 Euro teuren Geburtstagsfeier massiv in der Kritik, zu der die Kreissparkasse 77 000 Euro und der Landkreis 33 000 Euro bezahlt hatten. Außerdem hatte er seine Promotionsarbeit fast vollständig plagiiert und war in die Verwandtenaffäre der CSU verstrickt. Seit Sonntag lässt er die Amtsgeschäfte ruhen. Gleichwohl ist die Causa Kreidl wieder um eine Affäre reicher.

Am Montag bestätigten sich Gerüchte, dass Kreidls neues Wohnhaus in Fischbachau einen halben Meter höher ist, als nach der Baugenehmigung zulässig. Damit ist es in Teilen ein Schwarzbau. Kreidl ist als Landrat oberster Chef der Bauverwaltung seines Kreises. Nun muss seine eigene Behörde ein Verfahren gegen ihn einleiten.

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