Änderung an Bahnhöfen:Bahn spart sich wichtige Durchsagen

Ein ICE-Zug.

Mitunter rauschen ICE-Züge mit 150 Stundenkilometern am Bahnsteig vorbei.

(Foto: dpa)

Wenn ein ICE mit 150 Stundenkilometern durch einen Bahnhof rauscht, gibt es am Bahnsteig eine Durchsage. Doch nicht mehr lange: Die Bahn will sich die Ansage künftig sparen. Dabei ist der Sog der Züge mitunter lebensgefährlich.

Von Florian Fuchs

Manchmal würde sich der S-Bahn-Fahrer ja mehr Durchsagen am Bahnsteig wünschen, etwa wenn es wieder Verspätungen gibt und man nicht weiß, woran es liegt und wie lange es noch dauert. Zurzeit werden Fahrgäste an manchen Haltestellen regelrecht beschallt, am Bahnhof Poing zum Beispiel. Die Durchsage aber, die dort täglich mehrmals abgespielt wird, ist recht ungewöhnlich: Die Bahn gibt bekannt, dass sie sich vom 1. Juni an eine spezielle Durchsage sparen wird - die Durchsage über Zugdurchfahrten nämlich.

Bislang warnte die Bahn Wartende an zahlreichen Haltestellen, bevor Züge durchfuhren. Hintergrund ist die Gefahr des Sogs, der einen mitreißen kann, wenn man zu nah an der Kante zu den Gleisen steht. Eine Sicherheitsanalyse des Unternehmens ergab nun, dass diese Ansage vielfach unnötig sei - obwohl es schon tödliche Unfälle durch vorbeirauschende Züge gab.

Im Jahr 2010 erfasste ein ICE am Bahnhof Forchheim einen 24-Jährigen, er war sofort tot. Vor zwei Jahren wirbelte ein Regionalzug in Fürstenfeldbruck einen Hartgummischlauch auf: Das Teil eines Reinigungsgeräts knallte gegen den Kopf einer 54-Jährigen, die dadurch ums Leben kam. Wer den vorgeschriebenen Mindestabstand von der Bahnsteigkante von 80 Zentimetern nicht einhält, der riskiert sein Leben, sobald ein Regionalzug mit Tempo 120 oder ein ICE mit Tempo 150 oder mehr vorbeirauscht.

Für die Bahn sind konkrete Warnungen ziemlich aufwendig

Was Fahrgäste am Bahnsteig zunächst als Druckwelle und dann als Sog wahrnehmen, sind in Wirklichkeit extrem starke Luftverwirbelungen. Sie sind so heftig, dass sie auch erwachsene, kräftige Menschen aus dem Gleichgewicht bringen können. Wer in so einer Situation in Richtung des Zugs fällt, schwebt in Lebensgefahr.

Für die Bahn sind die konkreten Warnungen vor einfahrenden Zügen ziemlich aufwendig. Sie müssen punktgenau auf den Fahrplan abgestimmt sein und Bahnhof für Bahnhof eingespielt werden, sobald der Zug durchrauscht. Durch den Wegfall der Durchsagen spart sich das Unternehmen Kosten. Ein Bahnsprecher betont jedoch, dass man die Sicherheitsmaßnahmen nicht wahllos herunterfahre. Vielmehr gebe es für jeden Bahnsteig eine eigene Risikobewertung mit verschiedenen Parametern: Wie stark ist er frequentiert, wie viele Züge fahren durch? Das Ergebnis legt fest, welche Sicherheitsmaßnahmen aus Sicht der Bahn nötig sind - und da blieben zahlreiche abgestufte erhalten.

So zeige eine durchgezogene weiße Linie den Sicherheitsbereich an, der oft auch durch eine Schraffur gekennzeichnet sei. Es gebe Warnschilder. Schließlich könne die Bahn noch an der Durchsage festhalten, die Reisende ganz allgemein davor warnt, dass ab und an Schnellzüge durchfahren. Auf diese Weise, glaubt die Bahn, sei die Sicherheit auch künftig gewährleistet.

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