Studiengebühren in Bayern:Das Begehren ist noch keine Entscheidung

Volksbegehren gegen Studiengebühren

Noch steht nicht fest, ob und wann Bayerns Studenten - wie hier in der TU München - keine Gebühren mehr zahlen müssen.

Das Volksbegehren gegen Studiengebühren ist zwar erfolgreich, doch die Uni-Maut in Bayern ist damit noch längst nicht abgeschafft. Die Details sind verzwickt - und könnten Seehofers schwarz-gelbe Staatsregierung noch in Turbulenzen bringen. Ein Überblick.

Von Katja Auer und Frank Müller

Auch wenn es nach den letzten Wochen so scheinen mag: Die Studiengebühren sind noch längst nicht abgeschafft in Bayern. Zwar zeichnete sich am Mittwoch ab, dass die erforderlichen zehn Prozent der Wahlberechtigten beim Volksbegehren unterschrieben. Doch damit der Wegfall der Zwangsbeiträge Gesetz wird, bedarf es noch einer ganzen Anzahl weiterer Schritte.

Wenn ein Volksbegehren erfolgreich ist, heißt das zunächst nur, dass das Thema auf der Tagesordnung steht. Nun muss aber jemand die Frage noch entscheiden. Infrage kommen das Volk oder das Parlament. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) tut schon länger so, als handele es sich nur um eine Formsache. "Entweder der Landtag schafft die Gebühren ab oder das Volk", sagt Seehofer oft und gern. Doch die Details sind verzwickt und könnten Seehofers schwarz-gelbe Staatsregierung noch in Turbulenzen bringen.

Fall 1: Die Brachiallösung.

Im Grunde gibt es schon jetzt im Landtag eine überwältigende Mehrheit gegen die Gebühren. Theoretisch könnten die Studienbeiträge damit ganz schnell fallen. Die Gesetze sehen vor, dass ein Volksbegehren zunächst ins Kabinett kommt und dann in den Landtag. Stimmt der dem Begehren unverändert zu, ist es damit Gesetz, es bedarf keiner Volksabstimmung mehr. Das könnte die CSU erreichen, wenn sie einfach mit der Opposition stimmt.

Das Problem daran: Es wäre ein Verstoß gegen den Koalitionsvertrag. Die FDP würde dies als Bruch der Koalition durch die CSU werten. Das würde, mitten im Wahlkampf, die Wähler vor den Kopf stoßen, so dass es unwahrscheinlich ist, dass Seehofer diesen Weg geht. Aber ausgeschlossen ist es nicht.

Fall 2: Die sanfte Variante.

CSU und FDP verständigen sich bei den noch ausstehenden Koalitionsberatungen über die Gebühren darauf, einen offenen Dissens einzugestehen. Das kommt in Koalitionen durchaus vor. Beide Seiten könnten also sich darauf einigen, dass sie sich nicht einigen können - und den Entscheid dem Volk überlassen. Dann käme es zur Abstimmung. FDP-Fraktionschef Thomas Hacker würde dieses Verfahren begrüßen."Jedes Ergebnis werden wir akzeptieren." Allerdings bliebe das Thema der Koalition damit bis zur Landtagswahl erhalten.

Seehofer blieb am Mittwoch nach einer Kabinettssitzung in Bamberg zurückhaltend: "Ich spekuliere jetzt nicht über Prozesse, die vor uns stehen. Jetzt kommt es darauf an, dass die Koalition mit diesem Thema anspruchsvoll und professionell umgeht."

Fall 3: Das Volk stimmt zu.

Wenn es zum Volksentscheid kommt, findet dieser irgendwann laut den gesetzlichen Fristen wohl zwischen Mai und September statt, eventuell also auch parallel zur Landtagswahl am 15. September. Für eine Abschaffung durch das Volk genügt die einfache Mehrheit. So kann es kommen, muss aber nicht. Denn denkbar ist auch...:

Fall 4: Das Volk lehnt ab.

"Bisher haben sich die Bürger ja nur dafür entschieden, dass sie abstimmen wollen", sagt Hacker. Dass die Menschen sich am Ende für eine Beibehaltung der umstrittenen Gebühren entscheiden, ist also immerhin möglich. Die geballte Macht von SPD, Freien Wählern und Grünen auf der Ablehnerseite, der sich die CSU inzwischen angeschlossen hat, macht das zwar unwahrscheinlich, aber nicht undenkbar.

Die FDP träumt nun schon von der absoluten Mehrheit. Immerhin hätten sich bei der großen Januar-Umfrage des Bayerischen Fernsehens mit 25 Prozent überraschend viele Bayern für die Gebühren ausgesprochen. Nun wollen sich die Liberalen im Wahlkampf noch einmal richtig reinhängen in das Thema.

Fall 5: Das Volksbegehren scheitert.

Diese Variante klingt zwar unwahrscheinlich nach den Zwischenständen bei den Unterschriftensammlungen. Dennoch: Bis jetzt gibt es kein geprüftes Endergebnis, sondern nur eine Vielzahl von Einzelzählungen in den jeweiligen Kommunen. Diese sind fehlerbehaftet, ein Aus für das Volksbegehren wäre also weiter möglich. Es dürfte einige Wochen dauern, bis das offizielle Ergebnis vorliegt. In diesem Fall wäre Bayern wieder am Anfang. Die Studiengebühren wären geltendes Recht. Zwar hat Seehofer schon angekündigt, dass er sie auch in diesem Fall abschaffen möchte. Das ginge mit einer ganz normalen Gesetzesinitiative im Landtag.

Nur: Eine erforderliche Mehrheit mit der FDP würde es nicht geben. Und sollte die CSU zusammen mit der Opposition stimmen, wäre sie wieder bei der Koalitionsbruch-Variante von Fall 1. So bliebe nur das Warten auf die nächste Amtsperiode. SPD-Gegenkandidat Christian Ude hat für diesen Fall eine Abschaffung der Studiengebühren schon als erste Amtshandlung seiner gewünschten Dreier-Koalition angekündigt. Und auch Seehofer will das Thema ins CSU-Wahlprogramm schreiben.

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