Sommerrodelbahnen in Bayern:Karambolage am Berg

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Steilkurven, 360-Grad-Kreisel und Spitzengeschwindigkeiten: Auf Sommerrodelbahnen gerät man leicht in einen Adrenalinrausch. Durch den Übermut kommt es immer wieder zu heftigen Unfällen. Doch Karambolagen lassen sich eigentlich leicht vermeiden.

Maximilian Zierer

Der blaue Schlitten legt sich in die Kurve und gleitet über die Rodelbahn, vorbei an den saftigen Almwiesen des Blombergs. Fünfmal ist der zwölfjährige Fahrer an diesem Tag schon sicher unten angekommen. Doch die sechste Fahrt wird im Polizeibericht stehen. Vor ihm gestartete Mitschüler halten plötzlich vor ihm auf freier Strecke an. Der Junge kann nicht mehr rechtzeitig bremsen und stürzt mit dem Kopf gegen den Schlitten des Vordermanns. Von hinten rauscht die nächste Mitschülerin an und stürzt ebenfalls aus der Bahn. Die beiden haben Glück, sie kommen nur leicht verletzt ins Krankenhaus.

Auf etwa 30 Bahnen in Bayern können sich Rodler auch im Sommer in die Tiefe stürzen - wie hier in Pottenstein in der Fränkischen Schweiz.  (Foto: dpa)

Der Sturz des zwölfjährigen Schülers ist kein Einzelfall, in den vergangenen Wochen haben sich die Unfälle auf den bayerischen Rodelbahnen gehäuft. Am Mittwoch fuhr in Haidhof ein 19-Jähriger auf den Schlitten einer 24-Jährigen auf und verletzte sie leicht. Am 10. August gab es insgesamt neun Verletzte bei zwei Zusammenstößen auf den Bahnen in Immenstadt im Allgäu und in St. Englmar im Bayerischen Wald.

Anfang des Monats verletzten sich drei junge Frauen auf der Alpine-Coaster-Bahn am Monte Kaolino im oberpfälzischen Hirschau. Eine 27 Jahre alte Frau war zu schnell in den Ausstiegsbereich eingefahren und hatte einen Schlitten vor ihr übersehen. Die Fahrerin blieb bei dem Zusammenstoß unverletzt, ihre Mitfahrerin erlitt jedoch einen Beckenbruch und eine Verletzung am Handgelenk. Die beiden 25 Jahre alten Rodlerinnen auf dem vorderen Schlitten klagten über Beschwerden im Nacken. Die Polizei ermittelt gegen die Unfallverursacherin wegen fahrlässiger Körperverletzung.

Bei den meisten Unfällen seien zu hohes Tempo und zu geringer Abstand Schuld, sagt Wolfgang Schwarz, der Betreiber des Alpine-Coasters in Hirschau. "Es gibt immer wieder Leute, die aus Unachtsamkeit mit zu hoher Geschwindigkeit in die Anfahrtszone des Ausstiegs einfahren." Obwohl es dort Warnschilder und sogar einen roten Vorhang über der Bahn gibt, der die Fahrer zum Abbremsen bringen soll. Der vorgeschriebene Sicherheitsabstand von 25 Metern wird in Hirschau durch eine Ampelschaltung am Start geregelt. Es liege aber in der Verantwortung der Rodler, dass dieser Abstand eingehalten werde.

Spitzengeschwindigkeit wie in der Achterbahn

Sommerrodelbahnen sind besonders in den Ferien ein beliebtes Ausflugsziel. Etwa 30 gibt es in Bayern zwischen Pottenstein und Berchtesgaden. Die Blombergbahn gehört zu den konventionellen, bei denen Bobs mit Rollen frei in einer Rinne fahren. Direkt daneben gibt es seit 2008 auch einen der neuen sogenannten Alpine-Coaster, die in den letzten Jahren immer beliebter werden. Diese Stahlkonstruktionen erinnern entfernt an Achterbahnen und können das ganze Jahr über benutzt werden.

Die Rodel sitzen dort fest auf Schienen und die Mitfahrer sind meist angeschnallt. Die Betreiber werben mit Steilkurven, 360-Grad-Kreiseln und Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 40 Kilometern in der Stunde. Beiden Bahntypen ist gemein, dass der Fahrer mit einem Bremshebel selbst bestimmen kann, wie schnell er bergab fährt. Und beide sind für Kinder ab acht Jahren zugelassen.

Fehler aus Übermut

Der Unfall des Zwölfjährigen hätte wie viele andere verhindert werden können, sagt Hans Zintel, der Betreiber der Sommerrodelbahnen am Blomberg. "Das war ein doppeltes Fehlverhalten, der eine ist einfach stehen geblieben und die beiden dahinter haben zu wenig Abstand gehalten", sagt er. Die Fehler führt er auf Übermut zurück. "Bei Jugendlichen gibt es oft eine Gruppendynamik, die wollen immer noch schneller und noch schneller und dann passieren solche Sachen." Dabei seien die Fahrer selbst verantwortlich dafür, rücksichtsvoll zu fahren. "Wir sind eine Sportanlage und keine Achterbahn", meint er.

"Wer bei uns rodelt, verpflichtet sich dazu, die Regeln einzuhalten. Wir haften dafür, dass die Schlitten in Ordnung sind und dass die Bahn in Ordnung ist." Wer immer nur Vollgas gibt, der fliege eben raus. "Eine Sommerrodelbahn kann man mit einem Fahrradverleih vergleichen", meint er. "Wir verleihen das Fahrrad und stellen die Strecke zur Verfügung, aber ob man damit jetzt schön langsam Spazieren fährt oder Risiken eingeht, ist Sache des Benutzers."

Natürlich gebe es bei mehr als 200.000 Abfahrten im Jahr allein am Blomberg immer mal wieder kleinere Unfälle, sagt Zintel, "aber meistens bleibt es bei Schürfwunden und blauen Flecken". Wer sich vorher die Schilder durchliest und normal fährt, dem passiere auch nichts. Ähnlich sieht es auch sein Kollege Wolfgang Schwarz aus Hirschau: "Vernünftig fahren, vernünftig Abstand halten, dann ist das Ganze kein Problem."

© SZ vom 20.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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