Plagiatsfall in Regensburg:Uni bestraft Chirurgie-Chef

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Der wegen des Organspende-Skandals in die Kritik geratene Regensburger Chirurgie-Chef hat seine Sorgfaltspflicht als Doktorvater verletzt. Eine Frau hat ihre Dissertation weitgehend abgeschrieben, dennoch hat er ihre Arbeit durchgewinkt. Die Uni hat ihn dafür bestraft.

Von Christina Berndt

Der Direktor der Chirurgischen Klinik am Universitätsklinikum Regensburg hat seine Sorgfaltspflicht bei der Begutachtung einer Dissertation verletzt, die im Rahmen des Transplantationsskandals Aufsehen erregt hat. Zu diesem Urteil ist eine Kommission der Universität nach Abschluss eines entsprechenden Prüfverfahrens gelangt. Der Verstoß des Professors "gegen arbeitsvertragliche Pflichten" sei bereits "nach Maßgabe des Arbeitsrechts geahndet" worden, teilte die Universitätsleitung auf Anfrage mit. Sie wollte sich allerdings nicht näher dazu äußern, um welche Form der Ahndung es sich konkret handelt.

Der Regensburger Chirurgie-Chef steht seit Längerem in der Kritik, weil auch in seiner Abteilung in großem Stil Daten manipuliert wurden, um Patienten schneller eine Spenderleber zu verschaffen. Dafür soll der Hauptverdächtige von Göttingen verantwortlich gewesen sein, der in den Jahren 2003 bis 2006 als Oberarzt in Regensburg tätig war. Der Verdächtige bestreitet die Vorwürfe. Auch der Chirurgie-Chef weist jede Verantwortung von sich. Er war nach Bekanntwerden der Manipulationen Anfang August 2012 zunächst beurlaubt worden, durfte aber Ende November seinen Dienst wieder aufnehmen, weil ihm "keine Verletzungen von Dienstpflichten" nachzuweisen seien, so das Klinikum.

Geahndet wurde jetzt nur sein Verhalten als Doktorvater: Im Jahr 2006 hat er die Ehefrau des Hauptverdächtigen von Göttingen promoviert - eine Zahnärztin. Ihre chirurgische Doktorarbeit über Leberkrebs glich der ihres Ehemannes auf frappierende Weise. Der Frau wurde deshalb bereits der Doktortitel entzogen.

Der Chef der Chirurgie hat derzeit aber noch weiteren Ärger: In einer wissenschaftlichen Publikation aus dem Jahr 2011 beschreibt er gemeinsam mit Kollegen, dass in seiner Abteilung mehr als 40 Alkoholiker eine neue Leber erhielten, die noch nicht die geforderten sechs Monate trocken waren. Auch hier könnten also Patienten eine Leber erhalten haben, obwohl andere Kranke auf der Warteliste eher an der Reihe gewesen wären.

Derzeit untersucht neben einer internen Kommission des Universitätsklinikums auch die Prüfungs- und Überwachungskommission bei der Bundesärztekammer die Fälle. Welche Konsequenzen dies für den Professor hat, der sich auf Anfrage nicht äußern wollte, ist augenblicklich noch offen.

© SZ vom 02.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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