Neues Konzept für das Alpamare:Schluss mit lustig

Alpamare Bad Tölz

Sprudeln für die Gesundheit: Sollte das Alpamare umgebaut werden, werden die Becken den Erholungssuchenden vorbehalten sein.

(Foto: Manfred Neubauer)

Rasante Rutschen und Brandungswellen reichen nicht mehr aus, um ein Freizeitbad gewinnbringend zu betreiben. Die Badegäste wollen beides: Spaß und Wellness. Während viele Anlagen deshalb auf eine zweigleisige Strategie setzen, erwägt das Alpamare in Bad Tölz eine Abkehr vom Rummel.

Von Christina Warta

Vor der kreisrunden Öffnung stehen sie klitschnass und tropfend Schlange und warten hüpfend und zappelnd, bis sie endlich dran sind. Sie bibbern - ob vor Kälte oder doch eher vor Aufregung, kann man nicht genau sagen. Dann springt einer nach dem anderen mit Schwung hinein in die Röhre: kleine und größere Kinder, Mädchen und Jungs, auch Erwachsene. Das Wasser rauscht, steil geht es im Strudel auf dem Badehosenboden bergab, durch enge Kurven sausen sie nach unten. Mit einem großen Platschen landen sie nacheinander im Becken. Kaum aus dem Wasser gepaddelt, wetzen die Gaudirutscher schon wieder zur Treppe, um ein drittes, viertes, zehntes Mal zu rutschen.

Wer mit Kindern ein Freizeitbad wie das "Alpamare" in Bad Tölz oder die Therme Erding besucht, kann erst dann nach Hause fahren, wenn der Nervenkitzel beim Nachwuchs deutlich abgeflaut ist. Spektakuläre Rutschen und große Wellen wirken magnetisch auf die jungen und junggebliebenen Besucher von Freizeitbädern - und doch scheint sich die Hochzeit des reinen Spaßbades langsam dem Ende zuzuneigen.

Das "Alpamare"? Soll, wenn der Stadtrat zustimmt, eines Tages wohl zum reinen Wellness-Tempel umgebaut werden. Das "Badria" in Wasserburg? Vertraut längst nicht mehr nur auf die "Black-Hole"-Rutsche mit Nebelschwaden, sondern auch auf die Lockungen von Rasulbad und Sternenhimmelsauna. Das "Trimini" in Kochel? Setzt nicht mehr nur auf Sprungtürme, sondern auf Infrarotkabinen gegen muskuläre Verspannungen.

Spaß allein reicht nicht mehr. Das Trimini ist dafür ein gutes Beispiel: 1972 wurde es von der Gemeinde eröffnet, es war eines der ersten Gaudibäder überhaupt in Bayern. Vor der Erfindung der Freizeitbäder bedeutete Schwimmengehen: ein Becken, Wasser, sonst nichts. Kein Wunder also, dass die Menschen in Scharen nach Kochel fuhren - so viel Badespaß hatte man bis dato noch nicht erlebt. In manchen Jahren kamen bis zu 300.000 Besucher. "Das Bad war eine Bereicherung, es hat damals einen Trend gesetzt", sagt Sabine Krönauer, Assistentin der Geschäftsleitung des Betreibers Kristall Bäder AG. "Egal, mit wem man spricht: Jeder war mal dort."

Doch wie es eben so ist mit Trends: Schnell tauchten Nachahmer auf. In den achtziger Jahren entstanden plötzlich in vielen Orten Freizeitbäder, bestens ausgestattet mit Wasserbecken in ungewöhnlichen Formen, mit wilden Rutschen und hohen Sprungtürmen. Das Alleinstellungsmerkmal war dahin, das Spektakuläre des Trimini gab es auch anderswo. Die Besucherzahlen gingen zurück, auf 200.000 im Jahr 2000, schließlich auf 120.000 Badegäste.

Die Einnahmen sanken, denn Familien machten ihren Badeausflug zu anderen Bäder mit längeren Rutschen oder größeren Wellen. "Dass unsere Zahlen zurückgingen, liegt eindeutig an der größer gewordenen Konkurrenz", sagt Sabine Krönauer.

Rutschen passen nicht mehr ins Konzept

Gleiches gilt für das Alpamare in Bad Tölz, das 1970 eröffnet wurde. "Das Bad ist eine Marke", sagt Anton Hoefter, Vorstand der Jodquellen AG, die das Bad neben anderen betreibt. Doch auch hier kamen in den vergangenen Jahren immer weniger Badegäste, derzeit sind es zwischen 200.000 und 250.000 im Jahr. "Der Kuchen wird kleiner", sagt Hoefter. "Wir müssen das Bad weiterentwickeln." Der teure Bäderbetrieb muss sich finanziell tragen.

Auf die Idee, aus dem Alpamare ein reines Wellnessbad zu formen, kam man aus mehreren Gründen: Zum einen möchte sich die Stadt künftig vermehrt als Gesundheitsort vermarkten; ein Spa mit Geschichte würde in dieses Bestreben bestens hineinpassen. Zum anderen ist auf dem bestehenden Grundstück gar kein Platz für neue, konkurrenzfähige Rutschenanlagen. "Die sind rund 20 Meter hoch", sagt Hoefter, "in Bad Tölz können wir gar nicht so groß bauen."

Stadt und Betreiber basteln deshalb nun an einem neuen Konzept, zu dem Kurdirektorin Brita Hohenreiter noch nichts sagen will. Nur so viel: Die Spaßrutschen und ähnliches - "das wird weichen müssen, das passt dann nicht mehr in unser Konzept", sagt Hohenreiter.

Trimini Umbau - Anbau Sauna Terrasse

Das große Schwimmbecken im Trimini wurde zur Hälfte zugeschüttet, um Platz für Spa- und Wellness-Bereich zu schaffen.

(Foto: Manfred Neubauer)

Auch im Trimini hat man seinerzeit zunächst erwogen, beim Wettrüsten mit rasanten Rutschen und hohen Sprungtürmen mitzumachen. "Man hätte finanziell ein großes Risiko gehen müssen. Als Gemeinde kann man das nicht", sagt Krönauer. Also wurde das Bad verkauft, der neue Betreiber setzt ohnehin mehr auf Wellness. Zwölf Millionen Euro werden nun investiert, Ende Februar 2014 soll der modernisierte Bereich fertig sein. In Kochel fährt man in Zukunft zweigleisig: "Wir sind Spaßbad und Wellnessbad zugleich", sagt Krönauer, "während das Kind rutscht, kann die Mutter in die Sauna gehen." Mit dieser Strategie hofft man, eines Tages wieder die alten Besucherzahlen zu erreichen.

Auch Hoefter hat diesen Trend ausgemacht. Es sei mitnichten so, dass das Spaßbad ausgedient habe. Rutschen werden bei Kindern wohl immer im Trend liegen. "Der Gast will heute beides", sagt er. Ausgerechnet im Alpamare, dem Inbegriff des Spaßbads in der Region München, wird dann womöglich ganz Schluss sein mit Gaudirutschen und endloser Surfwelle. Der Plan sieht die Konzentration auf Ruhe und regionstypische Merkmale vor: Jod, Salz, die Isar. "Ein einzigartiges Konzept, das zu unseren Gästen passt", sagt Kurdirektorin Hohenreiter. Die kämen zu einem Drittel aus gesundheitlichen Gründen nach Tölz, zu zwei Dritteln wegen des Wanderns. Familien mit rutsch-begeisterten Kindern gehören dann nicht mehr zur Zielgruppe.

Gleich, ob Spaß- oder Wellnessbad - am Ende gibt es übrigens eine Gruppe von Badegästen, die bei jedem Umbau in ein Erlebnisbad nur verlieren kann: die sportlich ambitionierten Schwimmer. Sie können froh sein, wenn nach den Modernisierungen von Schwimmbädern wie beispielsweise in München seit Anfang der Neunziger wenigstens noch ein paar Becken mit 25-Meter-Bahnen übrig bleiben. Wer Schwimmen als Sport betreibt, muss zum Training in die Olympia-Schwimmhalle: Dort existiert eines der letzten 50-Meter-Becken der Region.

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