Klausur der Landtags-SPD:Im Höhenflug

Es ist eine ungewohnte Situation: Die Bayern-SPD wittert Höhenluft und träumt davon, 2013 die CSU aus der Staatskanzlei zu werfen. Auf ihrer Klausur versprühen die Genossen jede Menge Optimismus - und das, obwohl die Hauptperson gar nicht anwesend ist.

Frank Müller

Beschwörende Aufbruchsignale auf Klausurtagungen gab es schon viele in der bayerischen SPD, ungefähr so viele wie Abstürze in der Wählergunst. Was also soll man dann davon halten, wenn SPD-Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher an diesem Montag vor dem Würzburger Kolpingzentrum steht, Optimismus verströmend? "Alles bestens", sagt Rinderspacher, "allerbeste Stimmung, gute Laune." Wirklich? Wirklich. "Die Stimmung in der Fraktion war eigentlich immer gut", sagt Rinderspacher. Was dann nun anders ist? "Die Stimmung korrespondiert dieses Mal auch mit der Lage. Das ist etwas Neues."

Klausurtagung der bayerischen SPD-Landtagsfraktion

Die neuen Chancen der SPD, auch in Bayern, berauschen die Chefs: Die Vorsitzenden der SPD-Fraktionen im bayerischen Landtag und im Bundestag, Markus Rinderspacher und Frank-Walter Steinmeier, machen wenigstens noch die Einschränkung: "Keiner sagt, dass die Wahl gelaufen ist."

(Foto: dapd)

Das neue Glücksgefühl der bayerischen Sozis zum Ende der Sommerpause hat einen Namen: Christian Ude. Zwar fehlt der Münchner Oberbürgermeister in Würzburg beim ersten Treffen der SPD-Abgeordneten seit der überraschenden Selbstausrufung Udes zum Spitzenkandidaten für die Wahl im Jahr 2013 - "aus Gründen der Kleiderordnung", wie Rinderspacher vorsichtshalber betont: "Zuerst die Partei, dann die Fraktion."

Was bedeutet: Bis Monatsende soll Ude zunächst im Parteivorstand seinen Hut offiziell in den Ring werfen. Denn noch ist der Münchner OB ja nur der Spitzenkandidaten-Kandidat in der Partei. Über den Sommer ging alles so schnell, dass die Partei erst einmal einen Weg suchen muss, wie sie Udes schnelle Nummer ordentlich durch die Gremien bringt. Erforderlich sind ein Vorstandsbeschluss der Parteiführung und ein Parteitagsvotum, so etwas dauert.

Doch Ude schafft in Würzburg sogar eine virtuelle Form der Präsenz: Er ist da, obwohl er nicht da ist. Gleich zum Auftakt der Klausur greift Rinderspacher verbal in die Vollen: "Die Euphorie ist da", sagt der Fraktionschef und gibt das Motto aus: "Kühler Kopf, heißes Herz". Sogar den Begriff "historische Stunde" verwendet der Fraktionschef.

Die Chance zum Machtwechsel im Süden mit einem Spitzenkandidaten Ude entlockt auch Rinderspachers Berliner Amtskollegen Frank-Walter Steinmeier schwärmerische Töne: "Ich kenne ihn lange, ich finde ihn toll", sagt der Bundestags-Fraktionschef vor dem Tagungssaal über Ude.

Giftpfeile in Richtung der CSU

Das Parteiklima zwischen Berlin und München war schon einmal frostiger, als sich Ude während der rot-grünen Regierungszeit offen mit Kanzler Gerhard Schröder wegen der Gemeindefinanzreform anlegte. Es gebe eine "Aufbruchstimmung im ganzen Land" für die SPD, sagt Steinmeier. Wie ausgeprägt die Phantasie der Genossen auch beim möglichen bayerischen Wahlergebnis im Herbst 2013 ist, verrät Steinmeier in einem Appell zur Nüchternheit: "Keiner sagt, dass die Wahl gelaufen ist."

Viel spricht dafür, dass der Stimmungshöhenflug der Bayern-SPD auch die Klausuren der anderen Landtagsfraktionen beflügeln wird. Traditionsgemäß treffen sich die Abgeordneten zum Abschluss der Sommerpause zu mehrtägigen Sitzungen in einiger Distanz zum Münchner Maximilianeum. Nach SPD und FDP in dieser Woche ziehen sich in der nächsten Woche auch CSU, Freie Wähler und Grüne zu Fraktionsklausuren zurück.

Rinderspacher versucht schon einmal, aus Würzburg die Bälle strategisch zu verteilen - und vor allem die CSU etwas zu verunsichern. Im Gegensatz zu der verfüge die SPD nun bald über einen Kandidaten "mit klarem Kurs", sagt Rinderspacher unter Anspielung auf die häufigen Richtungswechsel von Amtsinhaber Horst Seehofer. Genüsslich zählt Rinderspacher CSU-Größen auf wie Alois Glück, Joachim Herrmann und Christine Haderthauer, die alle den Respekt vor Herausforderer Ude deutlich gemacht hätten. Das könne in der CSU noch zu Verwerfungen führen, spekuliert Rinderspacher: "Die Frage, wer am Ende für die CSU antritt, wird noch spannend."

Doch auch die Genossen sind noch nicht am Ziel. Vor einer Kandidatur Udes müssen noch ein paar Brocken aus dem Weg geräumt werden, der größte ist die interne Debatte um die geplante dritte Startbahn für den Münchner Flughafen. Anders als viele SPD-Regionspolitiker will Ude das Projekt haben.

Für die SPD schafft dies das Problem, wie sie mit einem bereits gefallenen ablehnenden Parteitagsbeschluss zur Startbahn umgeht. Das Ja zur dritten Startbahn hat Ude zur Bedingung gemacht. Angestrebt wird nun eine möglichst elegante Wende der SPD, die allen Seiten die Gesichtswahrung ermöglicht. Schließlich sei durch den Planfeststellungsbeschluss für die Startbahn eine neue Lage entstanden, zu der man sich auch neu verhalten müsse, heißt es. Auf jeden Fall: Keiner will die Kandidatur Udes an der Startbahnfrage scheitern lassen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: