Junglehrer an Gymnasien:Wenn gute Noten nicht gut genug sind

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Offenbar werden sogar Bewerber nicht genommen, die mit einer Eins vor dem Komma bestanden haben: Viele Junglehrer fürs Gymnasium werden vom Bayerischen Kultusministerium abgewiesen. Nur in wenigen Fächer stehen ihre Chancen gut.

Von Tina Baier

Viele junge Gymnasiallehrer, die im Februar ihre Ausbildung abschließen, werden nach Informationen des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV) keine Stelle beim Staat bekommen. "Das ist für die Betroffenen bitter und angesichts des Lehrermangels an Gymnasien auch nicht nachvollziehbar", sagt Klaus Wenzel, der Präsident des BLLV. "Die Personaldecke ist an vielen Gymnasien derart auf Kante genäht, dass bei Krankheitsfällen sofort Unterricht gestrichen werden muss - manchmal über mehrere Wochen."

Offenbar weist das Ministerium trotzdem sogar Bewerber ab, die die Prüfungen mit einer Eins vor dem Komma bestanden haben. "In meinem Seminar sitzt eine ausgezeichnete Lehrerin mit einem Schnitt von 1,45, die aber keine Stelle bekommen hat", sagt Norbert Weigler, der Seminarleiter am Münchner Gisela-Gymnasium. Gleichzeitig würden Referendare als billige Arbeitskräfte missbraucht. An manchen Gymnasien würden vier Lehrer durch Referendare ersetzt. "Darunter leidet auch die Qualität des Unterrichts", sagt Weigler.

Seminarsprecher Sebastian Streidl, der sich derzeit um einen Vertrag als Aushilfslehrer bemüht, hat die Erfahrung gemacht, dass die Schulen durchaus Bedarf an zusätzlichen Lehrern hätten: "Zunächst einmal sehr herzliche Glückwünsche zum ausgezeichneten Examen. Darauf können Sie wirklich stolz sein. Es ist ein Jammer, dass so gute Leute keine Planstelle bekommen", antwortete beispielsweise ein Schulleiter, bei dem sich Streidl beworben hatte.

Das Kultusministerium weist darauf hin, dass sich die Einstellungsquote mit 40 Prozent im Vergleich zu den Vorjahren verbessert habe. Zudem seien die Chancen je nach Fächerkombination sehr unterschiedlich verteilt. So würden beispielsweise Absolventen mit den Fächern Mathematik und Physik, in denen ein großer Bedarf herrscht, zu 90 Prozent vom Staat übernommen. Junge Deutsch- und Geschichtslehrer haben dagegen kaum Chancen, auf eine Anstellung beim Staat. "Ich sehe das mit großer Sorge", erklärt Max Schmidt, der Vorsitzende des Bayerischen Philologenverbands.

© SZ vom 29.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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